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Heilbronn
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Fataler Faustschlag: Starb das Opfer an den Folgen?

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War der Faustschlag ins Gesicht nach einem Streit in einer Heilbronner Kneipe wirklich tödlich? Die Staatsanwaltschaft glaubt: Ja. Sie wirft einem 35-Jährigen Körperverletzung mit Todesfolge vor.

Von Helmut Buchholz
Kein leichter Fall fürs Landgericht: Das Opfer eines Schlags wurde nach seinem Tod eingeäschert − ohne Obduktion. Wo sollen die Gutachter nun ansetzen? Foto: Berger
Kein leichter Fall fürs Landgericht: Das Opfer eines Schlags wurde nach seinem Tod eingeäschert − ohne Obduktion. Wo sollen die Gutachter nun ansetzen? Foto: Berger

Der Angeklagte sitzt wie ein Häuflein Elend am Dienstagmorgen auf der Anklagebank des Heilbronner Landgerichts. Immer wieder kommen ihm die Tränen, wenn er an jenen frühen Januarmorgen 2016 zurückdenkt, als er mit einem Bekannten in einem Heilbronner Lokal in Streit geriet. Zunächst nur verbal.

Beiden Kontrahenten waren sehr alkoholisiert, die Provokationen in dem Streit sollen von dem Opfer ausgegangen sein, steht in der Anklageschrift. Vor der Gaststätte sei die Auseinandersetzung dann gegen 5.45 Uhr weiter eskaliert. Eine Frau habe noch versucht, sich zwischen die Männer zu stellen, bekam einen Schlag ab, fiel zu Boden. Woher das die Ermittler so gut wissen? Ganz einfach: Die Überwachungskamera einer in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Lokal gelegenen Tankstelle hat den fatalen Faustschlag aufgenommen.

Das Opfer fiel wie ein Baum

Der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth lässt die Videosequenz im Gerichtssaal vorspielen. Man sieht ziemlich deutlich, wie der 35-Jähriger mit Anlauf seinem Gegenüber einen Schlag ins Gesicht versetzt. Das Opfer fällt wie ein Baum nach hinten, schlägt mit dem Hinterkopf auf dem Boden, bleibt regungslos liegen. "Ohne sich zu kümmern", heißt es in der Anklageschrift, sei der 35-Jährige wenige Minuten später fortgegangen.

Das Opfer lag zuerst im Koma, wurde pflegebedürftig, kam in ein Heim, wo es im August 2016 starb. An den Folgen des Faustschlags? "Es wird uns schwer fallen, den Fall aufzuklären", sagt Richter Kleinschroth. Denn das Opfer ist eingeäschert worden, es wurde keine Obduktion veranlasst. So fällt es den Sachverständigen schwer, eine Kausalkette Schlag-Tod herzustellen.

"Es war eine spontane Tat"

Der Angeklagte bestreitet, dass sein Schlag am Ende den Tod verursacht hat. Verteidiger Volker Fabriz gibt für seinen Mandanten eine Erklärung ab: "Er steht zu dem Schlag, aber den Tod lässt er sich nicht zurechnen. Beide waren so alkoholisiert, dass sie kaum auf den Beinen stehen konnten." Der Schlag sei "unkontrolliert" gewesen. "Es war eine spontane Tat. Der Angeklagte war völlig erschüttert, brach psychisch zusammen, als er von dem Tod des anderen erfahren hat."

Worum es in dem Streit in der Gaststätte ging, weiß der 35-Jährige mehr. "Er hat mich beleidigt, meine Mutter auch." Früher habe er viel getrunken, Cannabis konsumiert. "Doch seit einem Monat nichts mehr." Das Opfer habe er gekannt. "Ich habe ihn respektiert wie meinen Bruder. Wir hatten eigentlich ein gutes Verhältnis." Auch der Tattag sei bis zu der Gewaltexplosion "ein gelungener Tag" gewesen. "Alles war cool."

Wie er sich seine Zukunft vorstellt, will der Richter wissen: Antwort: "Feste Arbeit, Führerschein, Familie gründen." Der Angeklagte hat vier Haftstrafen abgesessen und zwei Entzugstherapien gemacht.

Das Urteil soll im Juni fallen.

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