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Angeblich aus Panik zugestochen

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Heilbronn/Neckarsulm - Vor dem Heilbronner Landgericht muss sich seit Montag ein 19-Jähriger wegen Totschlags verantworten. Er soll im Oktober in Neckarsulm-Amorbach einen gleichaltrigen Bekannten erstochen haben. Der 19-Jährige gestand diese Tat.

Von Stefanie Sapara

Heilbronn/Neckarsulm - Wie ein schüchterner Teenager, fast kindlich, wirkt der 19-Jährige, als er in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wird. Doch seine Stimme ist tief und fest, als er anfängt zu erzählen. Im Raum sitzen auch die Nebenkläger, ein Paar mittleren Alters. Es sind die Eltern des jungen Mannes, den der 19-jährige Angeklagte im Oktober in Neckarsulm-Amorbach erstochen haben soll. Vor dem Heilbronner Landgericht muss sich der junge Mann deshalb seit gestern wegen Totschlags verantworten.

Drogen

Auf der Hauptschule in Amorbach hatten sich die beiden jungen Männer kennengelernt. Zusammen haben sie den Abschluss gemacht, berichtet der Angeklagte. "Und wir sind halt zusammen abgehangen, haben öfter Drogen genommen." Marihuana, Speed, Ecstasy. Und nach dem Abschluss? "Da hab ich nichts gemacht. Ich hatte so eine Null-Bock-Einstellung." Weiterhin trifft er sich mit seinen "Kifferfreunden". Im Sommer 2010 will er aufhören mit den Drogen, denn seine Freundin stellt ihn vor die Wahl: "Ich gehe, wenn du weitermachst. "Partys meidet er fortan, "ich wusste, da kriege ich nur Schläge". "Wieso das denn?", fragt der Oberstaatsanwalt. Die Antwort kommt prompt, klingt schlicht. "Das ist halt Amorbach." Da reiche ein schiefer Blick, etwas Alkohol und "man wird von fünf bis sechs Leuten komareif geschlagen".

Den Kontakt zu den Bekannten verliert der 19-Jährige aber nicht, der Umgangston ist rau, Beleidigungen und Drohungen sind offenbar an der Tagesordnung. Das Verhältnis zum späteren Opfer, einem Spätaussiedler, wird schlechter. Der fordert vom Angeklagten schließlich 500 Euro und eine goldene Uhr, die dessen Vater gehört. Warum? "Weiß ich nicht. Er sagte nur, er habe wegen mir Ärger bekommen", erzählt der 19-Jährige. Als er fragt, warum, sei die Antwort gewesen: "Is´ egal."

Vertröstet

Wieder und wieder sei der Bekannte vor seiner Tür aufgetaucht, habe ihn bedroht, berichtet der Angeklagte. Warum er nicht zur Polizei gegangen sei, fragt das Gericht. "Weil ich dann ein Verräter wäre." Am Tattag besucht ihn der junge Mann erneut. Die zwei unterhalten sich, er will schließlich die Tür vor der Nase des späteren Opfers schließen. Doch der Bekannte hindert ihn. "Er packte mich am Hals", schildert der Angeklagte. "Ich bekam Panik und hatte Angst." Er zieht sofort das Haushaltsmesser, das er "nur als Drohmittel" in der Hosentasche trug, und sticht zu. Einmal. Sieben Zentimeter tief. Das Opfer rennt davon, bricht aber nach 50 Metern zusammen. "Erst als ich das Blut sah, habe ich gemerkt, dass er wirklich verletzt war", sagt der Angeklagte. Er alarmiert den Notarzt, doch der Niedergestochene stirbt noch an Ort und Stelle.

Er habe ihn nicht töten wollen, betont der 19-Jährige immer wieder. Es sei Panik gewesen. Im polizeilichen Vernehmungsprotokoll sei davon aber keine Rede, hält ihm der Verteidiger der Nebenkläger vor. "Da stand ich unter Schock", erwidert der Angeklagte nur.

Das Gericht hat 26 Zeugen geladen, der Prozess wird fortgesetzt.


 


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