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Am Gesundbrunnen soll Skandalarzt beschäftigt sein

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Heilbronn - Er wird in den Niederlanden als Dr. Frankenstein bezeichnet, jetzt soll er nach Angaben des niederländischen Fernsehsenders "NOS" im Klinikum Gesundbrunnen praktizieren. Ein Reporter will den Mann auf einem aktuellen Foto erkannt haben.

Heilbronn - Er wird in den Niederlanden als Dr. Frankenstein bezeichnet. Ein Neurologe mit dem Namen Ernst J. S. soll nach Angaben des niederländischen Fernsehsenders „NOS“ im Heilbronner Klinikum Gesundbrunnen praktizieren. Und das obwohl sich der heute 73-Jährige vor dem Strafgericht in Almelo verantworten muss.

Dem Bericht zufolge soll Ernst J. S. vor Jahren im niederländischen Enschede falsche Medikamente verschrieben, Rezeptblöcke von Kollegen gestohlen, unnötige Operationen am offenen Schädel durchgeführt und unter anderem einem Patienten unnötig 12,5 Kubikzentimeter Hirngewebe entnommen haben.

Reporter will denn Mann auf Foto erkannt haben

SLK-Geschäftsführer Dr. Thomas Jendges bestätigte der Heilbronner Stimme am späten Freitag lediglich, dass tatsächlich ein Arzt am Gesundbrunnen arbeitet, dessen Name in Teilen mit dem Namen des Holländers übereinstimmt.

Ein Reporter des niederländischen Senders will auf einem aktuellen Foto, das unserer Redaktion vorliegt, den Mann wiedererkannt haben. Das Foto hing an der Personalbeschreibung in der Klinik für Neurologie aus. Zudem will der Reporter, der bereits lange Zeit am Thema recherchiert, die Stimme des Mannes am Telefon wiedererkannt haben.

Das Personal der Neurologie wusste offenbar bereits über Medienrecherchen Bescheid. So reagierte diensthabendes Personal auf eine Anfrage am Freitagabend entsprechend wortkarg. Auf die Frage, ob man mit Herrn Dr. J. S. sprechen könne, folgte die Antwort: „Bitte gehen Sie. Sie haben Hausverbot.“

Falsche Erkrankungen diagnostiziert

Recherchen des niederländischen Senders „NOS“ zufolge soll der Arzt von 1996 bis 2003 im Krankenhaus „Medisch Spectrum Twente“ praktiziert und dabei über 100 Falschdiagnosen getroffen haben. Er soll den Kranken vorgetäuscht haben, sie hätten Parkinson, Alzheimer oder Multiple Sklerose. Eine Frau hatte sich offenbar nach der Diagnose das Leben genommen.

An seinen Diagnosen habe damals niemand gezweifelt, hieß es in den Medienberichten. Ernst J. S. habe im Krankenhaus eine große Autorität gehabt. Seine Vergehen deckte eine am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung des holländischen Krankenhauses auf. Demnach waren nach seinen Diagnosen dreizehn Patienten unnötig am Gehirn operiert worden.

Ermittlungen wegen neun Todesfällen

Meist soll es um die Entnahme von Gewebeproben gegangen sein. Sieben Patienten seien danach gestorben, heißt es in der Untersuchung. Bislang sei aber noch unklar, ob die Operationen tatsächlich die Ursache waren. Wegen insgesamt neun Todesfällen und über 100 weiteren Beschwerden muss sich der heute 73-Jährige nun vor dem Gericht in Almelo verantworten.

2003 hatte der Neurologe laut „Kölner Express“ das Krankenhaus wegen seiner Medikamentensucht verlassen müssen. Danach wechselte er offenbar ins Sauerland, wo er ebenfalls Fehldiagnosen getroffen haben soll. 2009 entließen ihn dem Bericht zufolge auch die Sauerländer.

Der holländische Sender "NOS" veröffentlichte auf seiner Webseite inzwischen auch ein Video, das das Telefongespräch zwischen Reporter und J. S. dokumentiert. Nach Angaben der holländischen Journalisten hat der 73-Jährige in den Niederlanden bereits ein Berufsverbot. Ob dies dann auch in Deutschland gilt, ist momentan noch unklar.

Wir berichten auf stimme.de im Laufe des Wochenendes weiter. aho/jükü

 

Hier geht es zum Bericht des niederländischen Senders "NOS" zu dem Fall.

 

 

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