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15.000 Euro im Gebüsch gesucht

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Weil er bewaffnet mit einer Pistole einen Baumarkt im Gewerbegebiet Weinsberg-Ellhofen überfallen und Tausende Euro erbeutet haben soll, muss sich ein Angeklagter seit Freitag vor dem Heilbronner Landgericht verantworten. Der erste Prozesstag begann mit der Suche nach der Beute.

Von Carsten Friese
Groß war das Polizeiaufgebot nach dem Überfall in Weinsberg. Auch ein Spezialkommando war angerückt, um den Täter zu suchen. Foto: Archiv/Blaulichtreport Heilbronn
Groß war das Polizeiaufgebot nach dem Überfall in Weinsberg. Auch ein Spezialkommando war angerückt, um den Täter zu suchen. Foto: Archiv/Blaulichtreport Heilbronn

Paukenschlag zum Prozessauftakt: Ein wegen räuberischer Erpressung angeklagter Mann hat am Freitag vor dem Heilbronner Landgericht nicht nur gestanden, im August 2016 im Gewerbegebiet Weinsberg/Ellhofen den Baywa-Markt mit einer Pistole im Anschlag überfallen und 15.655 Euro erbeutet zu haben. Erstmals berichtete der 40-jährige Drogenabhängige davon, dass er den Rucksack mit der Beute auf seiner Flucht in ein Gebüsch geworfen und danach angeblich nicht mehr nach dem Geld gesucht haben will.

"Ich hatte Schiss", sagte er auf ungläubige Nachfrage im Gericht. Er habe auf dem Fluchtweg die vielen Polizisten gesehen, sei als Passant von der Polizei intensiv kontrolliert und überprüft worden. Sogar Schuhabdrücke haben die Fahnder von dem einschlägig vorbestraften Mann vorsorglich gesichert; sie mussten ihn dann aber ziehen lassen, da keine Beweise für die Tat vorlagen.

"Ich dachte, die haben den Rucksack vielleicht und warten nur, dass ihn jemand sucht", sagte der Angeklagte jetzt vor Gericht. Zudem will er, als die Drogenwirkung nachließ, erkannt haben, was er da für eine Tat begangen hat. "Kurzschlussreaktion" nannte er es.

Sonderbar ist: Nie zuvor hat der Angeklagte ausgesagt, dass die Beute angeblich die ganze Zeit im Gebüsch gelegen haben soll. "Das ist sehr unplausibel", stufte Staatsanwalt Christoph Klein die Version als Räuberlatein ein. "Sie sind drogenabhängig, Sie brauchen Geld. 15.000 Euro liegen im Gebüsch. Da spricht alles dafür, dass Sie die auch holen."

Um sicher zu gehen, schickte das Gericht umgehend Polizeiermittler samt dem Angeklagten zur Vor-Ort-Visite nach Weinsberg, um in dem Gebüsch nachzusehen. Der Angeklagte zeigte die Stelle − ein Rucksack war dort nicht aufzufinden.

Am Morgen hatte der Angeklagte von vielen Gelegenheitsjobs berichtet, mit denen er sich durchs Leben hangelte. Mit Heroin und Kokain kam er früh in Kontakt, will zuletzt Mischungen aus beiden konsumiert haben. An die 100 Euro habe er dafür pro Tag gebraucht.

Strumpfmaske

Weil er 2013 in dem Markt gejobbt hatte, kannte er sich aus. Er versteckte sich am Vorabend der Tat in einem Regal mit Ware, ließ sich einschließen, öffnete ein Fenster und ging heim. Nach seinen Angaben setzte er sich bis zum Überfall am frühen Morgen sieben Drogenspritzen und ging dann mit Pistolenattrappe samt Schalldämpfer zur Kassiererin in den Tresorraum.

Die glaubte anfangs an einen Witz, als sie den Mann mit Strumpfmaske sah. Die Pistole nahm sie anfangs gar nicht wahr. Sie hielt dem Täter zunächst eine Rolle Centmünzen hin, händigte ihm nach eindringlichen Worten dann die verlangten Geldscheine aus. "Ich habe Angst gehabt", sagte die 61-Jährige als Zeugin. Bis heute ist sie in ärztlicher und psychologischer Behandlung.

Rund sechs Wochen nach der Tat nahm die Polizei den Angeklagten fest. Inzwischen war das Schuhprofil vom Tatort ausgewertet, weitere Ermittlungen passten zu dem 40-Jährigen. Seitdem sitzt er in U-Haft.

 


 

 

 

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