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Heilbronner Werkzeugbauer TQM stellt Insolvenzantrag

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Das Unternehmen hat wegen anhaltender Verluste Insolvenzantrag gestellt. 150 Mitarbeiter stehen nun vor einer ungewissen Zukunft. Die chinesische Mutterfirma war nicht mehr bereit, die Finanzlöcher in Heilbronn zu stopfen. Nun startet die Suche nach einem Investor.

TQM ist ein Spezialist für komplexe Werkzeuge, die in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Das Unternehmen, das einst zum Läpple-Konzern gehörte und nun eine chinesische Mutter hat, ist zahlungsunfähig.
Foto: Archiv
TQM ist ein Spezialist für komplexe Werkzeuge, die in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Das Unternehmen, das einst zum Läpple-Konzern gehörte und nun eine chinesische Mutter hat, ist zahlungsunfähig. Foto: Archiv  Foto: nicht angegeben

Bittere Weihnachtsüberraschung für rund 150 Beschäftigte und ihre Familien. Der Heilbronner Werkzeugbauer Tianjin Motor Dies (TQM) hat beim Amtsgericht Heilbronn Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das Unternehmen nennt rückläufige Umsätze und anhaltende Verluste als Ursachen für die Zahlungsunfähigkeit. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Stuttgarter Rechtsanwalt Dietmar Haffa von der Kanzlei Schultze & Braun. Haffa kündigte an, den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten und Sanierungsoptionen für TQM zu prüfen.

Bewegte Geschichte

Mit dem Insolvenzantrag erreicht die bewegte Geschichte des Heilbronner Werkzeugbauers einen neuen Tiefpunkt. Im Jahr 2010 verkaufte der damals in der Krise steckende Heilbronner Autozulieferer Läpple seinen Werkzeugbau an den portugiesischen Unternehmer Mario da Silva. Doch auch unter neuer Führung und dem neuen Namen Gesellschaft für innovative Werkzeugsysteme (GIW) gelang dem Unternehmen nicht die Wende. GIW musste Insolvenz anmelden und wurde Anfang 2013 vom chinesischen Autozulieferer Tianjin Motor Dies (TQM) übernommen.

Guter Start nach Übernahme durch die Chinesen

Der Start von TQM Europa, wie das Heilbronner Unternehmen seither heißt, war durchaus verheißungsvoll. Mit 220 der ehemals 320 GIW-Mitarbeiter startete der Werkzeugbauer mit einer deutschen Geschäftsführung und entwickelte sich gut. Auftragsvolumen und Umsatz nahmen kontinuierlich zu, was auch auf die Zusammenarbeit mit der chinesischen Mutter zurückzuführen war. Schon 2014 erreichte der Werkzeugbauer wieder die Gewinnzone, die Perspektive war gut.

Doch in den zurückliegenden Jahren musste die chinesische Mutter den Heilbronnern immer wieder finanziell unter die Arme greifen. Philipp Zänker von der Unterländer IG Metall spricht von hohen Investitionen, die am TQM-Sitz auf dem Läpple-Gelände notwendig gewesen seien. Den 150 TQM-Mitarbeitern bescheinigt er, einen "super Job" zu machen. Vom Insolvenzantrag zeigt sich Zänker zum jetzigen Zeitpunkt kurz vor Weihnachten überrascht, auch wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zuletzt offensichtlich nicht gut gewesen sei.

Anhaltende Verluste infolge von Umsatzrückgängen

Ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters Dietmar Haffa teilt mit, dass die Überkapazitäten in der Werkzeugbaubranche und die allgemeine Krise der Autobranche letztlich zu anhaltenden Verlusten bei TQM geführt hätten, die die chinesische Mutter nun nicht mehr ausgleichen will. "Da wurde jeden Monat Geld verbrannt", sagt der Sprecher. Der Umsatz des Werkzeugbauers lag den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren bei durchschnittlich 20 Millionen Euro.

Die 150 TQM-Mitarbeiter, die bereits im Rahmen eines Ergänzungstarifvertrages auf Geld verzichten, stehen nun vor einer ungewissen Zukunft. Zwar sind die Löhne und Gehälter über das Insolvenzgeld bis einschließlich Februar 2021 abgesichert. Doch wie es danach weitergeht, ist völlig unklar. Nachdem Haffa sich einen Überblick über die wirtschaftliche Lage bei TQM verschafft hat, will er "mit einem gezielten Investorenprozess neue Geldgeber" für den Werkzeugbauer finden.

Gewerkschafter hofft auf Investor

Auch Gewerkschafter Zänker hofft, dass es mit einem neuen Eigentümer in Heilbronn weitergehen kann und die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze behalten können. "Aufträge sind da", sagt er. Sollte die Suche nach einem Investor dennoch scheitern, kündigt er "harte Verhandlungen" mit dem Ziel an, einen Sozialplan und eine Transfergesellschaft für die 150 Beschäftigten auf die Beine zu stellen.

Das Unternehmen

TQM Europe ist seit 2013 eine Tochtergesellschaft des börsennotierten chinesischen Automobilzulieferers Tianjin Motor Dies. In Heilbronn entwickeln und fertigen die 150 Mitarbeiter Präzisionsgroßwerkzeuge mit einem Eigengewicht von bis zu 50 Tonnen für die Produktion von Karosseriebauteilen aus Blech. Das Unternehmen ist in Produktionshallen auf dem Läpple-Gelände im Heilbronner Industriegebiet angesiedelt - bis zum Verkauf 2010 war der Werkzeugbau ein wichtiger Bestandteil der Läpple-Gruppe. Die Chinesen wollten sich mit der Übernahme des Unternehmens ein Standbein in Europa schaffen. Durch eine intensive Zusammenarbeit mit chinesischen TQM-Werken sollten Synergien für beide Seiten entstehen. Doch die Krise der Autobranche, Überkapazitäten im weltweiten Werkzeugbau und die Corona-Krise durchkreuzten die Pläne.

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