Heilbronn, wie es singt und lacht
Das Chorfestival "Magie der Stimmen" und der verkaufsoffene Sonntag locken Tausende in die Heilbronner Innenstadt. Die Händler machen gute Umsätze. An solchen Tagen zeigt sich die City von ihrer besten Seite.
Die "Magie der Stimmen" zieht tatsächlich magisch an. Tausende strömen von Sonntagmittag an in die Heilbronner Innenstadt, wo beim verkaufsoffenen Sonntag 29 Chöre aus der Region auf vier Bühnen auftreten. Das frühlingshafte Wetter trägt sein Scherflein zum Erfolg der Veranstaltung von Heilbronn-Marketing-Gesellschaft (HMG) und Chorverband Heilbronn bei.
Die HMG schätzt die Besucherzahl auf 30.000. Doch um die magnetische Wirkung des Events besser zu erklären, seien ein paar Wortfetzen zitiert, aufgeschnappt auf dem Kiliansplatz. Als gerade der neu gegründete Bundesgartenschau-Chor auf der Bühne seine Premiere hat, treffen sich zufällig zwei Pärchen beim Vorübergehen, sagt eine Frau zu den Bekannten: "Jetzt treffen wir uns halt mal hier und nicht im Besen." In dem Satz steckt schon ein Teil des Erfolgsgeheimnisses der "Magie der Stimmen": Heilbronns Innenstadt wird zu einem Ort, den man gerne in netter Atmosphäre aufsucht, um zu entspannen, sich unterhalten zu lassen, Leute zu treffen - einfach so.
Singen ist wieder "in", dank Castingshows im TV
Für einige Besucher ist der verkaufsoffene Sonntag nur Beiwerk. "Zur ,Magie der Stimmen" kommen wir jedes Jahr", erklärt das Ehepaar Ellen und Werner Hofmann. Der 82-Jährige war selbst Chorsänger. Das Paar mag vor allem Gospels. Ihnen gefällt bei dem Festival die Vielfalt. "Heilbronn ist großartig", sagt Werner Hofmann. Seine Frau ergänzt: "Wir vermissen hier nichts." Einkaufen werden sie aber nicht. Thomas Stapf nennt das Ereignis sogar "genial". Er leitet den Chor Cantus Juvenis in Bad Wimpfen und findet in Heilbronn gut, "dass man auch mal hört, was die anderen machen". Die "Magie der Stimmen" würde voll im Trend liegen. Singen sei wieder "in", sagt Thomas Stapf. "Das liegt auch an den Castingshows im TV, ich bin ja auch Musiklehrer und bemerke das." Singen sei eben auch ein tolles Gemeinschaftserlebnis. "Man ist sofort in einer anderen Welt."
Das Chorsingen hat längst sein früher altbackenes Image abgelegt. "Es gibt viele junge, neue Chöre", erklärt Gerald Kranich, Präsident des Chorverbandes. Das Festival sei eine gute Plattform für die Sänger, sich zu repräsentieren. Die Bandbreite ist enorm: Auf der Marktplatzbühne unterhält die A-capella-Gruppe mundARTmonika mit einer Show voller Esprit. Das ist Entertainment. Am Wollhaus begeistern die Gospel Diamonds des Liedekranzes Untergruppenbach mit "Oh Happy Day". Das Lied zum Tag. Kein Durchkommen gibt es auf dem Kiliansplatz, als der Buga-Chor "Die Rose" anstimmt. Das passt hervorragend zur Buga-Atmosphäre in der ganzen Stadt.
Das Chorfestival ist Werbung für die Heilbronner Innenstadt
HMG-Geschäftsführer Steffen Schoch macht bei der "Magie der Stimmen" eine Aufbruchstimmung aus. "Wunderbar wie alles blüht. Heilbronn blüht auf, es bewegt sich was." Mit den Sängern würden viele fröhliche Menschen in die Stadt kommen. "Wir zeigen so, was Heilbronn zu bieten hat."
Die "Magie der Stimmen" sind für Thomas Gauß "Werbung für die Innenstadt". Der Vorsitzende der Händlervereinigung Stadtinitiative nennt das Chorfestival "ein Highlight mit viel Lokalkolorit". Das mache den Charme der Veranstaltung aus. Doch was bleibt davon als Umsatz in den Geschäften hängen? Gauß: "Bei uns im Intersport Saemann ist die Hütte voll." Das Feedback bei Händlerkollegen sei "überwiegend positiv bis sehr positiv."
Konkurrenz verliert Rechtsstreit mit Verdi
Es läuft zurzeit für Heilbronn und den Einzelhandelsstandort. Die Buga steht vor der Tür. Die "Magie der Stimmen" und der verkaufsoffene Sonntag ziehen Tausende an. Währenddessen lässt die Konkurrenz Federn. Die Gewerkschaft Verdi hat laut Medienberichten vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim einen Rechtsstreit mit dem Ludwigsburger Breuningerland gewonnen. Es ging um einen verkaufsoffenen Sonntag inklusive Oldtimer-Sternfahrt. Die Richter werteten die Sternfahrt als "reine Alibiveranstaltung", die nur ein Vorwand für den Sonntagsverkauf sei. Verdi verzichtete aber überraschend auf einen Eilantrag. Breuninger durfte am gestrigen Sonntag darum doch öffnen.

"Wo man singt, da lass dich nieder. Böse Menschen haben keine Lieder." Das sagt der Volksmund. Als ob Heilbronn diese Weise ein ums andere Mal bestätigen müsste, ist das Chorfestival "Magie der Stimmen" ein lebendiger Beweis für die Richtigkeit des Sprichwortes. Die Käthchenstadt zeigt, wie attraktiv die Innenstadt sein kann, wenn alles klappt und alle mitspielen. Man wünscht sich, dass diese anziehende Atmosphäre, die der Heilbronner Stadtkern bei solchen Großereignissen versprüht, auch im Alltag mehr zum Tragen kommen würde.
Ein frommer Wunsch muss das nicht bleiben, dank der Bundesgartenschau. Der Vergleich ist vielleicht ein bisschen hochgegriffen: Aber die Buga kann für Heilbronn sein, was Olympia 1992 für Barcelona war. Ein Quantensprung zu einer besseren Stadt mit noch mehr Lebensqualität. Bei der "Magie der Stimmen" und bei der Eröffnung der Sparkassenbühne auf dem Buga-Gelände mit tausenden Besuchern war schon viel von Aufbruchstimmung zu neuen Ufern zu spüren. Das lag nicht nur an der Optik der Kommune, die sich für das Jahrhundertereignis herausgeputzt hat. Es hat auch etwas mit den Menschen zu tun, die ihre Innenstadt mehr als bisher als Aufenthaltsort nutzen und mit ihrer fröhlichen Grundstimmung das Gesicht der City verändern. Ohne diese Menschen wird der erhoffte Quantensprung nicht gelingen. Sie sind es, die eine Stadt erst zu einem Wohlfühlort machen.
Ihre Meinung? helmut.buchholz@stimme.de