Hawaii: In dem Viertel mit einst schlechtem Ruf liegt großes Potenzial
Architekturstudentin Nina Haug hat einen Plan für die Weiterentwicklung des Heilbronner Hawaii entworfen. Für das frühere Arbeiterviertel, in dem heute ein starker Zusammenhalt herrscht, hat sie viele Ideen.

"Die Bundesgartenschau - ein großes Event und Ausnahmezustand auf Zeit", so beschreibt die Masterabsolventin Nina Haug, was Heilbronn in diesem Jahr bewegt und prägt. Am Karlsruher Institut für Architektur setzte sie sich in ihrer Abschlussarbeit damit auseinander, ob und wie die Stadt langfristig aus den Entwicklungsimpulsen der Buga Nutzen ziehen kann. In ihrem städtebaulichen Entwurf geht sie besonders auf das bunte Stadtviertel Hawaii ein, wo auch das Kaffeehaus Hagen steht. Das war am Donnerstagabend also ein perfekter Veranstaltungsort für die Präsentation ihrer Arbeit.
Eine Bildungs- und Wissensstadt - durch Investitionen der Dieter-Schwarz-Stiftung etwa in Bildungscampus und Experimenta ist diese Bezeichnung für das heutige Heilbronn gerechtfertigt. Jedoch fordert Nina Haug eindringlich, unbedingt schon jetzt neue Projekte anzusetzen, um nach der Bundesgartenschau eine Depression zu vermeiden.
Heilbronx - so wurde das Viertel in der Nordstadt abwertend bezeichnet
Aus ihrer Schulzeit am Robert-Mayer-Gymnasium kennt Nina Haug noch sehr gut die abwertende Bezeichnung, die für das Viertel in der Nordstadt früher gängig war: "Heilbronx". Ähnlich erinnert sich Kaffeehaus-Chef Hanspeter Hagen an die Reaktionen beim Umzug der Kaffeerösterei 1994 in die Christophstraße. Fragen wie "Bist du denn verrückt?" bekam er in dieser Zeit nicht selten zu hören. Umstimmen konnte ihn aber nichts, er hatte die Absicht, gegen das negative Image des Viertels anzukämpfen.
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Die Bezeichnung "Hawaii" knüpft an den exotischen Kulturenmix der einstigen Arbeitersiedlung an. Sie mit dem Inselparadies in Zusammenhang zu bringen, erzeugt wegen der weniger malerischen Wohnkomplexe jedoch eine bittere Ironie. Allerdings betont die junge Architektin das Identitätsgefühl und den Zusammenhalt unter den Bewohnern. Dadurch bestehe hier enormes Entwicklungspotenzial.
Das Hawaii-Viertel hätte Potenzial, die Stadt zeige aber kein großes Interesse
Im Vergleich etwa zum Neubaugebiet Nonnenbuckel biete das Hawaii-Viertel durch seine Nähe zu Innenstadt, Hochschule, S-Bahn und zum Neckar nämlich eine ganze Reihe von Vorteilen. Momentan jedoch besteht das Viertel aus vielen unschönen Grünflächen, einem kaum nutzbaren Christophplatz und einigen Wohngebäuden, die sich in schlechtem Zustand befinden.
Die Stadt Heilbronn habe kein großes Interesse an diesem Viertel, sagt Nina Haug. Trotzdem bleibt Haug bei ihre These von großem Entwicklungspotenzial. Sie macht konkrete Vorschläge: ein zentraler Marktplatz, ein kulturelles Zentrum, ein Jugendhaus, ein Studentenwohnheim, neuartige Grünräume als private Gärten und öffentliche Flächen, Mobilitätsstationen mit Cityshuttle, Carsharing und Elektrorädern, ein neuer Spielplatz und eine Markthalle. Das alles findet sich in ihrem aufwendig gestalteten Modell.
Was die Stadtverwaltung aus der Arbeit macht, ist offen
Insbesondere die sozialpolitische Haltung loben einige Gäste in Nina Haugs Arbeit. Auf die Nachfrage, wie der Entwurf denn umzusetzen sei, erklärt die angehende Architektin, dass es sich bei ihrer Arbeit um einen studentischen Vorschlag und keine universelle Musterlösung handle. So seien zum Beispiel Eigentumsfragen erst einmal gar nicht berücksichtigt.
Die Stadtverwaltung habe ihre Arbeit erhalten. Was sie nun daraus macht, liege in deren Verantwortung. Allerdings appelliert Haug an Heilbronn, dringend aktiv zu werden, um ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Aufblühen des Viertels nach der Bundesgartenschau zu garantieren.
Soziale Projekte
In ihrem städtebaulichen Entwurf konzentriert sich Nina Haug besonders auf die Aspekte Privatheit, soziale Projekte und neue Treffpunkte, um ein Miteinander der vielfältigen Kulturen und Religionen zu stärken. Bei der Umsetzung spielen sowohl die Stadt als aber auch private Akteure eine Rolle.