Große Bäderparks spielen in eigener Liga
Die Ausbaupläne der Sinsheimer Badewelt werden von Bäderbetreibern der Region aufmerksam verfolgt. Sinsheims mächtiger Mitbewerber entsteht aber eher weiter im Süden - dort, wo ohnehin ein Millionenpublikum hinpilgert.

Aufmerksam verfolgen Betreiber von Freizeitbädern in der Region, wie es mit den Erweiterungsplänen der Sinsheimer Badewelt vorangeht. Dort sieht man die Konkurrenz weniger vor der eigenen Haustür als im Europapark Rust, der im November seine 180 Millionen Euro teure Wasserwelt Rulantica eröffnet. Für Tourismusexperten spielen Bäderparks mit angeschlossenen Hotels, wie sie auch in Sinsheim geplant sind, in einer eigenen Liga.
Wund wollte Sinsheim an die Weltspitze bringen
Keine Kompromisse: Josef Wund, der 2017 tödlich verunglückte Bäderkönig, wollte Sinsheim zum Flaggschiff seines Imperiums machen, zu einer der größten Anlagen ihrer Art weltweit. Von der damals kolportierten Investition in Höhe von einer halben Milliarde Euro ist nicht mehr die Rede.
Das Erbe des umtriebigen Unternehmens aus Friedrichshafen zu sortieren, erweist sich als kompliziert. Doch jetzt kommt wieder Bewegung in die Sache. "Der Ausbau bleibt das Ziel", bestätigt Peter Baumeister gegenüber unserer Zeitung. Dem früheren Südwestbank-Vorstandssprecher kommt eine zentrale Rolle zu. Er ist einer der Geschäftsführer der JW TV - Vermögensverwaltung GmbH, die operative Aufgaben der Wund-Stiftung übernimmt. In das Eigentum der Stiftung ist nach Wunds Tod neben anderen Anlagen auch die Badewelt Sinsheim übergegangen.
Erbe des Bäderkönigs soll demnächst geregelt sein

Noch gelte es Formalitäten zu klären, sagte Baumeister dieser Tage. Oberste Priorität habe aber ein Spaßbad-Anbau mit Rutschen, der Sinsheim Familien als Zielgruppe erschließen soll. Der Frontalangriff auf andere Freizeitbäder der Region, allen voran das Neckarsulmer Aquatoll? "Das befruchtet sich doch eher", sieht Baumeister die Konkurrenz ganz woanders.
Der Europapark Rust, schon jetzt mit 5,6 Millionen Besuchern jährlich die Top-Attraktion in Baden-Württemberg, sticht in See. Im November eröffnet dort Rulantica, eine Badewelt mit skandinavischen Motiven. In einem Interview stapelte Europapark-Inhaber Jürgen Mack tief, sprach von 600 00 bis 700 000 Besuchern pro Jahr in der Wasserwelt. Diese ist laut Pressestelle des Vergnügungsparks auf bis zu 5000 Besucher täglich ausgelegt, könnte also in die Liga der Publikums-Millionäre vorstoßen, in die auch Sinsheim will. Die Badewelt begrüßt rund 800.000 Gäste pro Jahr. Mit 1,8 Millionen Besuchern unerreicht ist die Therme Erding, ebenfalls ein Wund-Bad, das anders als Sinsheim von einem Sohn des Bäderkönigs weitergeführt wird.
Wenige Bäder haben mehr als eine Milllion Besucher

Auch Tropical Island bei Berlin spielt in der Millionen-Liga. Ob Rust, Erding oder Tropical Island: Sie setzen weniger auf Gelegenheitsbesucher als auf Kurzurlauber, bieten Übernachtungsmöglichkeiten. Gleich zwei Hotels wollte Josef Wund in Sinsheim bauen. Was aus diesen Plänen wird, ist offen. Eine "Inszenierungsinflation" beobachtet der Heilbronner Tourismusprofessor Ralf Bochert: "Die Märkte erfordern große, spektakuläre Einheiten."
Einen Trend zu sogenannten "Freizeitclustern" mit einer Vielzahl von Unterhaltungsangeboten an einem Ort beobachtet auch Bocherts Kollege Torsten Widmann von der Dualen Hochschule in Ravensburg. Parks wie Rust diversifizierten ihr Angebot und schafften Anreize für einen längeren Aufenthalt. "Davon kann dann eine ganze Region profitieren."
Eine Konkurrenz zu kleineren Bädern in der Umgebung sieht er nicht. Um in die großen Badeparks zu kommen, nähmen Besucher Anfahrtswege von zwei Stunden und mehr in Kauf. Sinsheim mit seiner Lage zwischen den Ballungszentren Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg und Mannheim sei prädestiniert. Das sah schon Josef Wund so, der Sinsheim mit das größte Potenzial aller seiner Bäder attestierte.