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Fernverkehrsanschluss für Heilbronn? Die Bahn mauert

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Die Bahn erläutert die ungebremste ICE-Durchfahrt im nächsten Jahr nicht weiter und will auch nicht darüber diskutieren. Deshalb lohnt es sich, wenn Politik und Wirtschaft im Raum Heilbronn dranbleiben. Eine Analyse.

Von Christian Gleichauf
Der Buga-ICE bei der Einfahrt in den Heilbronner Hauptbahnhof. Anfang Oktober werden die letzten Fernzüge für neun Jahre in Heilbronn anhalten. 

Foto: Andreas Veigel
Der Buga-ICE bei der Einfahrt in den Heilbronner Hauptbahnhof. Anfang Oktober werden die letzten Fernzüge für neun Jahre in Heilbronn anhalten. Foto: Andreas Veigel  Foto: Veigel, Andreas

Heilbronn und die Bahn - ob diese zwei wieder zusammenfinden? Die große Liebe ist vor Jahrzehnten erloschen. Seitdem mit Abellio und Go Ahead zwei Bahn-Konkurrenten den Zuschlag für die Frankenbahn bekommen haben, ist das Verhältnis zusätzlich abgekühlt. Aus der Goodwill-Aktion, zur Bundesgartenschau den ICE in der Stadt halten zu lassen, wurde ein PR-Fiasko. Da verwundert es nicht, dass es weiteres Entgegenkommen vorerst nicht gibt und ein ICE auf dem Weg von Stuttgart nach Berlin nächstes Jahr in Heilbronn nicht halten soll.

VCD: Eine dicke Lücke am Morgen würde geschlossen

Für den eher zufällig möglichen Fernverkehrs-Anschluss im kommenden Sommer spricht nicht nur das Prestige. Der umweltorientierte Verkehrsclub VCD verweist auf den ganz praktischen Grund, dass mit dem ICE-Halt auf dem Weg nach Berlin eine Lücke im Angebot geschlossen würde, weil der Regionalzug aus Heilbronn morgens den ICE-Sprinter mit Abfahrt um 8 Uhr in Würzburg nicht erreicht. "Ein Halt in Heilbronn würde für Fahrgäste aus der Region sehr viele Vorteile mit einer unschlagbaren Fahrzeit von weniger als fünfeinhalb Stunden nach Berlin oder Hamburg bringen", erklärt VCD-Regionalchef Hans-Martin Sauter.

Wäre ein kurzer Halt in Heilbronn nicht möglich?

Einig ist sich der VCD mit dem Heilbronner OB Harry Mergel, dass ein kurzer Halt in Heilbronn die Fahrzeit nur unwesentlich verlängern würde, da der ICE auf der Frankenbahn kaum schneller als ein Regionalexpress fahren könne. Ist das wirklich so? Fahrpläne sind komplizierte Gebilde. Wer an einem Schräubchen dreht, kann ungewollte Kettenreaktionen auslösen.

Deshalb ist an dieser Stelle die Bahn gefragt. Als Antwort kommt der bereits bekannte Fahrplan - und sonst nichts. Das macht nur deutlich: Die Bahn-Manager möchten den Zug nicht in Heilbronn halten lassen, sie möchten nicht darüber reden, und sie möchten anderen möglichst wenig Futter geben, um weiter nachzuhaken.

Der Tanker soll sich bewegen

Davon sollten sich Heilbronns OB, der Landrat und alle anderen politisch und wirtschaftlich gut vernetzten Vertreter der Region nicht entmutigen lassen. Übrigens: Wer will, dass sich ein Tanker bewegt, sollte nicht dem Matrosen zuwinken. Daher ist OB Harry Mergel mit seinem Brief an Bahn-Vorstand Ronald Pofalla, den heimlichen Kommandanten des Tankers, einen ersten Schritt auf dem richtigen Weg gegangen.

Doch das wird nicht reichen, weil Pofalla nicht ohne weiteres noch einmal eine politische Entscheidung treffen wird, nachdem seine letzte - der Buga-ICE - nach hinten losging. Es braucht Verbündete in der Region, in Stuttgart, in Berlin. Die Abgeordneten sind gefragt. Die IHK Heilbronn-Franken wartet nur darauf, dass es einen Runden Tisch in Heilbronn oder einen Termin bei der Bahn gibt. Dabei kann es übrigens nicht nur um den zufällig umgeleiteten ICE im nächsten Jahr gehen. Fast zehn Jahre soll es dauern, bis wieder regelmäßig ein Intercity in Heilbronn hält. Das ist der eigentliche Skandal.

IHK: Für die Region nicht akzeptabel

"Für eine Wirtschaftsregion wie Heilbronn ist es nicht akzeptabel, dass man anderthalb Stunden braucht, um Anschluss ans Fernverkehrsnetz zu bekommen", sagt Peter Schweiker, als Geschäftsführer bei der IHK unter anderem für Infrastruktur zuständig. Er kritisiert, dass keine verlässlichen Aussagen von der Bahn zu bekommen sind und unklar ist, welchen Stellenwert der Bahnhof in Heilbronn in den Planungen überhaupt spielt. "Im Zukunftsatlas von Prognos sind wir unter den Top 5 der dynamischsten Regionen bundesweit, da ist es nicht vertretbar, dass sich bei der Bahn nichts bewegt", so Schweiker.

Schon bei der Buchung wird klar, dass man in der Provinz ankommen wird

Im Nahverkehr sind mit Abellio und Go Ahead bald andere dafür verantwortlich, dass der Schienenverkehr als attraktive Alternative zum Auto wahrgenommen wird. Trotzdem ist der Wert einer zumindest theoretisch bestehenden Fernzugverbindung nach Heilbronn nicht zu unterschätzen. Sonst ist jedem Besucher schon bei der Reisebuchung klar, dass er nun endgültig in der Provinz ankommen wird. Gerade für ein Klientel, das nachhaltig unterwegs sein will, ein K.O.-Kriterium. So ein Imagekiller für die Wachstumsregion Heilbronn träfe im Übrigen mit gleicher Wucht die Bahn.


Auskunftswillige Bahn-Pressesprecher werden offenbar zurückgepfiffen

Die Bahn-Pressestelle in Stuttgart ist derzeit offenbar nicht mehr an konstruktiver Zusammenarbeit interessiert. Das Interessanteste in den Antworten ist, was alles nicht gesagt oder geschrieben wird. So sicherte ein Sprecher vergangene Woche zu, die Möglichkeiten und Zwänge der Verbindung Stuttgart-Berlin zu erläutern - nach Rückkehr des zuständigen Mitarbeiters. Schließlich gehe es darum, Zusammenhänge zu verstehen. Plötzlich wechselt wieder der Ansprechpartner, der Gesprächstermin platzt und statt dessen kommt eine Mail ohne jegliche Erklärung. Zwischen den Zeilen die klare Botschaft: Wir wollen nichts sagen.

Seit Wochen werden Anfragen unserer Redaktion entweder gar nicht mehr beantwortet oder nur mit Aussagen, deren Informationsgehalt gegen Null tendieren. Es kommen nicht einmal jene Infos an, die in Ergänzung zu Themen wie dem wackelnden Buga-ICE das Wirken der Bahn in einem besseren Licht erscheinen lassen. So gibt es nun an fünf Sonntagen Sonderzüge von DB Regio von Freiburg in die Buga-Stadt Heilbronn und zurück - mit einer respektablen Fahrzeit von zweieinhalb Stunden.

 

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