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Beilstein
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Faszination Bottwartalbahn

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Im Jahr 1969 läutete das Totenglöckchen für die Bottwartalbahn. Mit einer Ausstellung und einem Rückblick feiert der historische Verein Bottwartal die 125 Jahre alte Schmalspurbahn. Viele Bürger wünschen sich die Verbindung zurück. Ist eine Reaktivierung machbar?

Von Patricia Okrafka
Bürgermeister Patrick Holl (von links), Gemeinderat Dietmar Rupp, Wolfram Berner (Bürgeraktion Bottwartalbahn), Gemeinderat Oliver Kämpf und Hans-Joachim Knupfer (Bürgeraktion Bottwartalbahn).
Bürgermeister Patrick Holl (von links), Gemeinderat Dietmar Rupp, Wolfram Berner (Bürgeraktion Bottwartalbahn), Gemeinderat Oliver Kämpf und Hans-Joachim Knupfer (Bürgeraktion Bottwartalbahn).

Das Pfeifen einer Dampflok ertönt in der Beilsteiner Stadthalle. 200 Interessierte lauschen der Bottwartalbahn, die sich langsam nähert, dann ganz laut wird und sich schließlich wieder entfernt.

Es sind Originalaufnahmen, die der historische Verein Bottwartal einspielt. Er feiert mit einer Ausstellung und einem Rückblick die 125 Jahre alte Idee dieser Bahn, die immer noch viele Menschen fasziniert, obwohl sie seit 50 Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Das Bähnchen ist damals von Marbach nach Heilbronn gefahren. Ein Halt auf der Schmalspurstrecke war Beilstein, der Bahnhof lag nur ein paar Hundert Meter von der Stadthalle entfernt. „Wir sitzen hier an der Stelle, an der die Bahn durchgefahren ist“, sagt Wolfram Berner aus Marbach. Er ist bei der Bürgeraktion Bottwartalbahn aktiv und blickt am Freitagabend auf die Geschichte des Zuges zurück.

Bürgermeister Patrick Holl: Eine Reaktivierung klingt realistisch

Ingrid Schiller und Michael Wolfruhm erinnern sich noch an die Bottwartalbahn.
Ingrid Schiller und Michael Wolfruhm erinnern sich noch an die Bottwartalbahn.

Viele wünschen sich, dass die Bahn reaktiviert wird. So auch Ingrid Schiller, die vor 30 Jahren dort eingezogen ist, wo früher der Lokschuppen stand. „Die Straßen sind voll und mit dem Bus dauert es, weil er durch viele Ortschaften fährt. Mit der Bahn wäre es bequemer und vermutlich schneller.“ Dass die Pläne nicht vom Tisch sind, bestätigt Bürgermeister Patrick Holl. 

„Auch wenn die Bahn aktuell nicht fährt, ist sie Thema.“ Das spüre er bei Gesprächen. Mobilität sei in aller Munde und auch wenn man öffentliche Verkehrsmittel wie Busse nutzt, stehe man im Stau. Ein gutes Verhältnis zwischen Freizeit und Mobilität würde für ihn Lebensqualität bedeuten. Wenn über Flugtaxis diskutiert werde, „klingt eine Reaktivierung realistisch und bodenständig“. In einer Machbarkeitsstudie werde deshalb untersucht, was bei der Bottwartalbahn möglich ist. „Ende des Jahres soll es erste Ergebnisse geben“, sagt Holl.

Modelle von Bahnen: Hinten die Bottwartalbahn von 1955.
Modelle von Bahnen: Hinten die Bottwartalbahn von 1955.

Auch die Gemeinderäte Oliver Kämpf und Dietmar Rupp sind gekommen. Die erste Erinnerung an die Bahn ist für Rupp eine schlechte: Als 10-Jähriger wollte er mit der Bahn fahren. Das Ticket habe 50 Pfennig gekostet, doch er hatte kein Geld bei sich. Als er nach Hause rannte und zurückkam, sei die Bahn schon weg gewesen.

Heute sind viele Teile der Strecke zugewachsen oder überbaut. „Bedauernswert ist, dass gerade in Beilstein am wenigsten von der alten Bahn übrig geblieben ist – nichts vom Bahnhof, nichts vom Lokschuppen, nichts vom Maschinenhaus. Ein Rest des Lagerhauses ist noch da“, sagt Dietmar Rupp. Auch er hofft auf die Reaktivierung: „Wir freuen uns auf die erste Bahn, die wieder hier fährt“, sagt er.

Wieso die Bahn aufgegeben wurde? „Nach dem Krieg war sie altmodisch“, sagt Kämpf. Berner weiß, dass man zu jener Zeit vor allem auf Lkw setzte. Dabei war hier im Bottwartal „einst Europas modernstes Lokalbahnsystem“, erklärt er. 1912 fuhren mehr als 700.000 Fahrgäste mit der Bahn. Sie sei wirklich zur Erschließung der Region gedacht, erklärt Berner. Heute sind viele Teile der Strecke zugewachsen oder überbaut. Vom Beilsteiner Bahnhof und dem Maschinenhaus ist nichts mehr übrig. „Die Bahnhofstraße ist noch geblieben“, sagt Berner.

Viele protestierten gegen die Stilllegung

Als die Bahn 1969 stillgelegt wurde, protestierten viele Bürger. Auf der Denkschrift war zu lesen: Omnibusse sind kein Ersatz für den Schienenverkehr. „Das stimmt“, sagt eine Frau leise im Publikum. Doch das kommunale Gremium hatte entschieden und begründet, dass ein Beibehalt eine millionenschwere Fehlentscheidung gewesen wäre. In der Marbacher Zeitung erschien damals sogar eine Todesanzeige für die Bottwartalbahn.

 


 


 

Geschichte

Die Bottwartalbahn ging 1894 in Betrieb. Zunächst nur auf dem Abschnitt zwischen Marbach und Beilstein. Später kamen Strecken nach Ilsfeld und Heilbronn hinzu. Grün lackierte Waggons und eine rote Lok waren das Markenzeichen der Bottwartalbahn. Mit 34 Kilometern war sie die längste Schmalspurbahn (750 Milimeter Spurweite) in Zentralwürttemberg. 704 000 Fahrgäste waren 1912 damit unterwegs. Vor 50 Jahren wurde sie stillgelegt. Heute wird in den Landkreisen Heilbronn und Ludwigsburg in einer Machbarkeitsstudie untersucht, ob die Bahn reaktiviert werden kann. 

Öffnungszeiten der Ausstellung

Die Ausstellung des historischen Vereins Bottwartal in der Stadthalle Beilstein ist am Sonntag von 11 bis 16 Uhr geöffnet.

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