Eptings NS-Vergangenheit soll aufgearbeitet werden
Der ehemalige THG-Direktor Karl Epting war überzeugter Nazi. Der heutige THG-Direktor ist "vom Ausmaß erschreckt" - und OB Mergel erklärt, die Biografie vom Stadtarchiv aufarbeiten zu lassen.
"Es stimmt, dass die Biografie von Karl Epting aufgearbeitet werden muss", erklärt Oberbürgermeister Harry Mergel auf Stimme-Anfrage. Dies sei bislang nicht in dem Umfang geschehen, wie es wünschenswert wäre. Insofern bleibe diese Aufgabe ein Forschungsdesiderat, also ein Lücke, die geschlossen werden muss.
Dies werde auch vom Stadtarchiv "schon seit langer Zeit" so gesehen. Die NS-Zeit werde bei der Stadt "sicherlich nicht bewusst totgeschwiegen", betont der OB. In seiner Amtszeit habe man die Erinnerungskultur sogar weiter intensiviert. "Die Stadt hat sich zudem zu ihrer Verantwortung und zu ihrer Schuld bekannt."
Der THG-Schulleiter Frank Martin Beck ist erschrocken
Dass einer seiner Vorgänger ein Nazi war, das sei dem heutigen Schulleiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG), Frank Martin Beck, sehr wohl bewusst gewesen. "Aber das Ausmaß war mir nicht bekannt. Und das hat mich dann schon sehr erschreckt."
"Die Schüler und Lehrer, die ihn kannten, bewegt das natürlich ganz besonders." Der THG-Direktor kündigt an, "das ganze Thema nun zu sichten", das heißt: die aktuellen Studien in Zusammenhang mit zeitgenössischen Quellen und Publikationen in Verbindung zu bringen, "abzuklopfen" und dann zu einer eigenen Bewertung "über eine wichtige Person" der Schule zu kommen. Schüler sollen dabei ausdrücklich eingebunden werden.
Mit Blick auf das 400-jährige Bestehen, das die als "Gymnasium illustre" gegründete Schule 2020 feiert, betont Beck, dass in der geplanten Festschrift das Bild über Epting "selbstverständlich zurechtgerückt wird". Er habe Conrad Lay angeboten, hierfür einen Artikel zu schreiben, der freilich nur ein Teil der historischen Gesamtdarstellung der Schulgeschichte sein werde. "Es gibt ja noch vieles andere, was unsere Schule ausmacht," betont Beck.
Solange die Personen lebten, gab es Scheu vor der Aufarbeitung
Auch dem Stadtarchiv, so erklärt die stellvertretende Leiterin Miriam Eberlein, sei bekannt, dass Epting ein Nazi war, so wie viele Personen, die in der jungen Bundesrepublik eine Rolle gespielt hätten. Wichtig für die Bewertung sei "die Frage der Kontinuität" von deren Wirken in der NS-Zeit über die 50er und 60er Jahre. Dies sei in Heilbronn wie in den meisten anderen Städten bisher fast nur für die "Spitzennazis" aufgearbeitet worden. Naturgemäß habe man sich davor mitunter gescheut, solange viele handelnde Personen noch lebten. "Nach deren Tod und mit etwas Abstand ist das natürlich leichter."
Tatsächlich gebe es noch viel aufzuarbeiten, sagt die Stadthistorikerin. Deshalb arbeite seit 2017 mit Unterstützung der Stadt die Doktorandin Daniela Johannes an einer Dissertation unter dem Titel "Nationalsozialismus in Heilbronn". Inwieweit der Lay-Aufsatz der Problematik gerecht werde, sei dahingestellt. Erstens erkenne sie wissenschaftliche Schwächen, zweitens würden Eptings Wirken und seine Aussagen nach dem Krieg nur gestreift. Kurzum: "Mit einem vorschnellen Urteil sollten wir vorsichtig sein."
Warum man dem THG keinen Vorwurf machen kann
Eberlein stellt klar: Dass Nazis wie Epting nach dem Krieg weitermachen konnten, sei "erschreckend und tragisch", aber leider auch typisch für die deutsche Nachkriegszeit, nicht nur für die Heilbronner. "Dem THG kann man sowieso keinen Vorwurf machen. Die bekamen ihren Direktor von oben verordnet." Die nun im Raum stehenden Fragen werde das Stadtarchiv zum Anlass nehmen, sich Epting "genauer anzuschauen, wir werden ihn gewiss nicht vom Haken lassen".