Eltern zeigen Kindergarten-Erzieher an
Der Fall eines 30-jährigen Erziehers in einem kirchlichen Kindergarten in Heilbronn, der wegen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften vor dem Amtsgericht angeklagt ist, zieht weitere Kreise.

In seiner Wohnung wurden im Mai 2016 auf seinem Rechner 10.000 Bilder und 900 Videos gefunden. Mittlerweile liegen zwei Anzeigen von Eltern gegen den 30-Jährigen vor, bestätigt Polizeisprecher Rainer Köller.
Konkreteres sagt er "aus ermittlungstaktischen Gründen" nicht. "Soweit es möglich war", so Köller, hätten die Ermittler überprüft, ob auf den Bildern Kinder aus dem Kindergarten zu finden waren, in dem der 30-Jährige arbeitete. Dies war aber wohl nicht der Fall. "Sonst würde die Anklage auf sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen lauten", berichtet Köller. Dieses Delikt sei strafrechtlich höher bewertet als Kinderporno-Besitz.
Erklärung des Kirchenpflegers
Kirchenpfleger Rolf Krieg erklärt auf der Internetseite des evangelischen Kirchenbezirks: "Uns sind bisher keine Anhaltspunkte dafür bekannt, dass der Beschuldigte sich an Kindern der Kindertagesstätte strafbar gemacht hat."
Der Sprecher des Heilbronner Amtsgerichts, Alexander Lobmüller sagt, man könne nicht ausschließen, dass auf den Bildern, die auf dem Rechner gefunden wurden, "Kinder aus dem Betreuungsumfeld des Beschuldigten sind". Soll heißen: außerhalb des Kindergartens. Der 30-Jährige hat zum Beispiel auch private Geburtstagsfeste gegen Honorar organisiert.
Bekanntgabe der Ermittlungen
Unterdessen gerät der Arbeitgeber des Erziehers, die evangelische Gesamtkirchengemeinde Heilbronn, in die Kritik. Nach Stimme-Informationen soll die Kirche früher als bisher bekannt über die Ermittlungen gegen den 30-Jährigen von der Polizei in Kenntnis gesetzt worden sein. Bisher steht der November 2017 als Termin in den Akten. Doch ein Ermittlungsbeamter soll schon im September 2017 die Kirchenverwaltung per Telefon informiert haben.
Am 8. Januar 2018 hat der Arbeitgeber den 30-Jährigen freigestellt. Am 17. Januar 2018 folgte dann ein Aufhebungsvertrag und ein Betretungsverbot für den Kindergarten. Beide Dokumente soll der Erzieher unterschrieben haben. Der 30-Jährige hat im Januar seinem Team mitgeteilt, dass er krankgeschrieben sei. Den wahren Grund für sein Fernbleiben hat er offenbar verschwiegen.
Hat die Kirchenleitung zu spät auf die Vorwürfe reagiert? Oliver Hoesch, Sprecher der Landeskirche, konnte nicht sagen, dass die Heilbronner Kirche schon im September informiert wurde. Die Kirchenvertreter hätten seit der ersten Information der Polizei aber versucht, "belastbare Infos" über den Fall von den Ermittlern zu bekommen.
Doch erst mit der Anklageschrift Anfang des Jahres seien die Hinweise so konkret gewesen, dass die Kirchenleitung den 30-Jährigen am 8. Januar suspendierte. Die Kirchenverwaltung habe "danach geschaut", dass der Erzieher nicht mehr allein mit den Kindern im Kindergarten war. Auf die Frage, wann das angeordnet wurde, antwortet Hoesch: "Kann ich nicht sagen."
Krisenteam eingesetzt
Am vergangenen Freitag wurden die Kindergarteneltern bei einer Versammlung von der Kirche über den Fall informiert. Die Kirche hat ein Krisenteam unter Leitung von Pfarrer Steven Häusinger eingesetzt und ein Infotelefon geschaltet.
Die Emmauskirchengemeinde hat den 30-Jährigen bis zum Ende des Gerichtsverfahrens von seinen Ehrenämtern entbunden.