Dürre bremst Ernte aus: Weizen notreif vom Acker geholt
Getreide-Annahmestellen berichten von unterdurchschnittlichen Erträgen. Weizen litt unter sparsamer Düngung. Raps überzeugt mit hohen Ölgehalten. Die wichtigsten Fakten zur Ernte im Überblick.

Raps top, Getreide durchschnittlich und Mais im traurigen Zustand: So lässt sich grob die diesjährige Erntebilanz im Südwesten zusammenfassen. Ausbleibende Regenfälle haben für nur mäßige Erträge gesorgt. Dennoch liefern die Bauern in Summe die gleiche Tonnage ab wie im Vorjahr.
Angefangen hatte das Erntegeschehen um den 20. Juni herum, und zwar mit der Wintergerste. Deren Qualität bezeichnet der Getreideexperte der Agroa mit Hauptsitz Eppingen, Dieter Schleihauf, als "in Ordnung". Das Naturalgewicht liegt bei 65 Kilogramm pro Hektoliter und damit drei Kilogramm über dem Vorjahr.
Wie die Wintergerste ausfällt
Bei der BAG Hohenlohe verzeichnet bei der Wintergerste man mit 70 Dezitonnen einen etwas geringeren Hektarertrag als im mehrjährigen Mittel, das bei 80 Dezitonnen liegt, teilt Geschäftsführer Sven Schneider mit. Mit 7 bis 8,5 Tonnen pro Hektar ist die Baywa in Ilsfeld zufrieden, wie deren Betriebsleiter Reiner Faber einschätzt.
Raps überzeugt. Hier zeigt sich in dieser Saison bei der Agroa und Baywa mit Ölgehalten um die 44 Prozent und bei der BAG mit 47 Prozent eine herausragende Qualität. Auch der Hektarertrag liegt mit vier Tonnen leicht über dem mehrjährigen Mittelwert. Bei der Baywa in Ilsfeld kam man sogar auf einen Hektarertrag von 4,5 Tonnen verweisen.
Braugerste: Bauern zufrieden mit der Qualität

Braugerste legte im Einzugsbereich der Agroa zu Erntebeginn mit leicht überdurchschnittlichen Hektarerträgen zu, fiel dann aber ab, so dass die Annahmestellen nach Abschluss der Kampagne einen leicht unterdurchschnittlichen Ertrag melden. Bei der BAG Hohenlohe liegt der jetzt bei 6,5 Tonnen, Ilsfeld und Eppingen melden 6 Tonnen.
Die Qualität der Braugerste ist in allen angefragten Annahmestellen gut. Der Vollgerstenanteil liegt ist überall höher als 90 Prozent, in Ilsfeld sogar bei 93 Prozent. Das bedeutet, dass nur sieben Prozent der Körner zu klein sind, um zu Malz weiterverarbeitet zu werden. Der Vollgerstenanteil bezeichnet die Quote an Körnern, die mindestens 2,5 Millimeter groß sind.
Warum beim Weizen der Proteingehalt niedriger ausfällt
Der Weizen ist in diesem Jahr in Punkto Ertrag und Proteingehalt unterdurchschnittlich, wobei je nach Standort und Düngung eine weite Streuung herauskommen kann, wie Schleihauf erläutert. Zudem sei der Weizen in der Hitze und Trockenheit notgereift.
Der Getreideexperte berichtet von zahlreichen Schmachtkörnern. Aufgrund der Düngemittelpreise, die im Vergleich zur Vorsaison vier Mal so teuer geworden sind, hätten wohl viele Landwirte zurückhaltender gedüngt. Faber vermutet, dass die für Qualitätsweizen wichtige Spätdüngung hier und da ausgeblieben ist. Die Folge zeigt sich auch in dem um etwa ein Prozent niedrigeren Eiweißgehalt. Dieser ist aber wichtig, damit das Weizenmehl bestimmte Backeigenschaften hat. Für Backweizen ist ein Proteingehalt von mindestens 12 Prozent nötig. Für Aufmischweizen werden 13 und für Eliteweizen 14 Prozent vorausgesetzt.
Ob Regen dem Mais noch hilft?

Der Eiweißgehalt ist einer der Parameter, die im Ganzkorn-Messgerät in der Annahmestelle ermittelt wird. Fällt der Wert unter 12, kommen nur noch andere Verwendungen in Betracht. "Teile der Ernte müssen dieses Jahr leider im Futtertrog landen", so fasst Schneider das Dilemma zusammen.
Bei der Baywa in Ilsfeld und bei der BAG Hohenlohe registriert man bis zu sieben Tonnen Ertrag pro Hektar, sonst sind es in beiden Genossenschaften mehr als acht Tonnen. Die Bauern, die die Agroa beliefern, haben auf jedem Hektar durchschnittlich 7,5 Tonnen Weizen geerntet.
Mais ist in diesem Jahr fast allerorten ein Sorgenkind. Die ausbleibenden Niederschläge führen dazu, dass sich die Kolben bisher nicht ausreichend entwickeln konnten. "Der Mais wird gerade getoastet", konstatiert Schleihauf von der Agroa. Die Kulturart brauche jetzt dringend Regen. Anderenfalls müsse der Mais bereits in den kommenden Tage und Wochen unreif gehäckselt werden und anschließend als Silage oder als Input für Biogasanlagen herhalten. "Mit Regen wäre vielleicht noch etwas zu retten", schätzt Faber von der Baywa in Ilsfeld ein. Kaum noch Hoffnung auf eine Füllung der Kolben hat dagegen BAG-Mann Schneider. "Es sieht schrecklich aus."
Betriebe leiden unter Liquiditätsengpässen

Auch wenn die Hektarerträge vieler Getreidesorten und Ölsaaten unter dem Durchschnitt liegen, wurden die Lagerhäuser so gut gefüllt, wie im Vorjahr. Bei der BAG Hohenlohe ist der Vorjahres-Füllstand erreicht worden, bei der Agroa 94 Prozent. Warum das so ist, dafür hat der Geschäftsführer der BAG Hohenlohe, Sven Schneider, eine Erklärung. Die Betriebe würden weniger Getreide bei sich auf dem Hof bunkern. Stattdessen würden die Bauern so viel wie möglich auf den Markt werfen, um ihre zunehmenden Liquiditätsprobleme zu lindern. "Die Erzeugerpreise steigen nicht in dem selben Maße, wie die Kosten. Das geht auf die Dauer an die Substanz der Betriebe."
An der Warenterminbörse ist der Preis für Weizen derzeit sogar fallend. Lag der Wert am 20. Mai noch auf dem historischen Höchststand von 420 Euro die Tonne, wird der Weizen nun für 320 Euro gehandelt.