Diözese Rottenburg-Stuttgart arbeitet Missbrauchsfälle auf
Der Missbrauch durch Priester und andere kirchliche Mitarbeiter lässt Gläubigen schon lange keine Ruhe. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart, zu der auch die Dekanate Heilbronn und Hohenlohe gehören, ist um Aufklärung bemüht.
Für den Zeitraum von 1947 bis 2021 sind in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, zu der auch die katholischen Dekanate Heilbronn/Neckarsulm und Hohenlohe gehören, bisher 168 Beschuldigte (Kleriker und Laien) belegt. 143 Anträge von Betroffenen auf Anerkennung des Leids wurden seit Beginn eines speziellen Antragsverfahrens im Jahr 2011 gestellt. Insgesamt wurden 760.500 Euro an Anerkennungsleistungen ausbezahlt. Dies teilte Diözesan-Mediendirektor Thomas Brandl der Heilbronner Stimme mit.
Darüber hinaus übernehme die Diözese die Kosten für eine Therapie. Die Anerkennungszahlungen und Therapiekosten würden im katholischen Württemberg grundsätzlich nicht aus Kirchensteuergeldern finanziert, sondern aus dem Vermögen der Ortskirche.
Heute läuft alles zentral
Seit 2021 müssen Anträge auf Anerkennungsleistungen zentral zu der von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) eingerichteten Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) weitergeleitet werden und werden dort bearbeitet. Darunter sind nach Stimme-Informationen mittlerweile fast 70 Wiederholungs- und Erstanträge allein aus der Diözese Rottenburg Stuttgart. Die UKA hat bislang über 25 Anträge entschieden; davon sind 23 Folgeanträge und zwei erstmalige Anträge. Die Gesamtsumme, die als Anerkennungsleistung in diesen 25 Fällen festgelegt worden ist, beträgt 270.000 Euro.
Zum Hintergrund
In der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat Bischof Gebhard Fürst schon im Oktober 2002, also vor 20 Jahren, als erster Bischof in Deutschland eine eigenständig arbeitende Kommission sexueller Missbrauch (KsM) eingerichtet. Sie ist interdisziplinär und mehrheitlich mit ehrenamtlichen Personen besetzt, die nicht im Dienstverhältnis zur Diözese stehen oder standen. Die Kommission nimmt seither Hinweise zu Missbrauchsfällen entgegen, geht diesen nach und spricht dem Bischof gegenüber eine Empfehlung aus, wie mit Betroffenen und Beschuldigten umgegangen werden soll.
Mit Einverständnis der Betroffenen stelle sie auch Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Leiterin der KsM ist Monika Stolz, die frühere Arbeits- und Sozialministerin Baden-Württembergs und Kinderschutzbeauftragte des Landes. Aktuell hat sich zum Jahreswechsel eine neue Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Beschäftigte in der Diözese konstituiert. Kurz vor Weihnachten sind die sieben Mitglieder zu ihrer ersten Sitzung zusammengekommen. Dem Gremium gehören zwei Frauen und fünf Männer an (siehe Namensliste unter www.drs.de).
Seit dem Jahr 2000 ist das Thema Missbrauch in der Priesterausbildung der Diözese verankert. Im Jahr 2012 wurde darüber hinaus die Stabsstelle Prävention, Kinder- und Jugendschutz installiert.