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Bad Rappenau
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Die Familie ist Johann Trabers Sicherheitsnetz

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Der Hochseilartist Johann Traber kämpft gegen den Krebs. In Bad Rappenau hat er eine dreiwöchige Kur absolviert. Jetzt steckt er wieder voller Tatendrang. Auf dem Hochseil den Bosperus zu überqueren, das wäre ein Traum.

 Foto: Veigel

Wenn er seinen Blick über den Kurparksee in Bad Rappenau schweifen lässt, weiß Johann Traber genau, wo er sein Seil spannen würde: zwischen dem roten Tor am Anfang und dem grünen Schild am Ende des Gewässers. Der Hochseilartist hat gerade eine dreiwöchige Reha in der Kraichgauklinik hinter sich. "Berufskrankheit", sagt er schulterzuckend.

Traber sieht überall Plätze, über die er noch nicht gelaufen ist. Viele können es nicht sein. Zum Heilbronner Kiliansmännle ist er mit dem Motorrad hochgefahren. Auf dem 1050. Talmarkt 2015 waren Johann und sein Bruder Falko die Attraktion.

Unfall des Juniors bleibt eine offene Wunde

Seit frühester Kindheit ist er unterwegs auf Jahrmärkten, in Erlebnisparks und auf Berggipfeln. Seine erste Gage bekommt er als jüngster Hochseilartist aller Zeiten: "Die hast du dir erarbeitet", sagt der Vater. Johann Traber hält zahlreiche Weltrekorde, unter anderem als schnellster Artist auf dem Hochseil. Seine berühmteste Rolle spielt er in "Moonraker", weshalb sein 70. Geburtstag im Mai auch unter dem Motto "0070" steht.

Sein schwerster Schlag ist der Unfall seines Sohnes Johann junior am 21. Mai 2006 in Hamburg, als ein Mast bricht und der junge, hoffnungsvolle Artist in die Tiefe stürzt. Der überlebt schwer verletzt. Kein Gespräch mit dem Vater, in dem dieser Schicksalsschlag nicht zur Sprache kommt.

Die Wunde ist noch nicht verheilt: "Das hätte nie passieren dürfen", sagt er. Und erzählt schnell von der Kapelle, die er aus Dankbarkeit am Radweg bei Breisach gebaut hat. Ist er zu Hause, sitzt er davor und unterhält sich mit jedem, der vorbeikommt. "Ich bin kommunikativ."

Daher macht es Johann Traber auch nichts aus, wenn er erkannt wird. "Absturz ins Leben. Glanz und Schicksal einer Artistenfamilie" heißt die Biografie, in der er den Unfall seines Sohnes verarbeitet und die Frage stellt, woraus der Mensch Kraft schöpft. Die Antwort ist klar: Die Familie ist das Sicherheitsnetz, "die Wurzel aller Freude". Auch jetzt, wo er gegen den Krebs kämpft, ist sie für ihn da.

Nach drei Wochen Reha freut er sich auf ein Wiedersehen mit seiner Frau Maria-Vera, seinen Kindern Katharina, Anna und Johann und den Enkeln Antonia und Mex. Schwiegersohn Sven habe schon ein Bier kaltgestellt und eine Playlist mit Liedern vorbereitet, die sie beim Herrenabend miteinander hören.

Über den Bosperus, das wäre ein Traum

Der über Deutschland hinaus bekannte Hochseilartist Johann Traber war zur Kur in Bad Rappenau.
Der über Deutschland hinaus bekannte Hochseilartist Johann Traber war zur Kur in Bad Rappenau.  Foto: Plapp-Schirmer, Ulrike

Nach seinem Aufenthalt in Bad Rappenau denkt Johann Traber auch wieder über neue Projekte nach.

Das Publikum hält den Atem an, wenn Hochseilartisten mit verbundenen Augen übers Seil laufen, wenn sie sich in 200 Metern über dem Abgrund überschlagen oder Handstand auf einer dünnen Stange machen. "Ich mag es, wenn das Publikum Angst um uns hat", sagt Johann Traber. "Umso schöner ist der Applaus."

"Respekt, Mut, Zuversicht und Vertrauen" sind die vier Säulen der Hochseilartisten. Körperliche und physische Kraft braucht es, um diesen Beruf auszuüben. Kurz vor seinem 70. Geburtstag reflektiert Johann Traber sein aufregendes Leben - und ist doch ein Mensch wie jeder andere. "Ich bin ein fauler Hund", gibt er zu: "Aus der Reha nehme ich mit, dass ich wieder mehr machen muss."

Seine Frau habe ihn schon zu einem Qigong-Kurs angemeldet. "Ich will noch ein bisschen bleiben", ist Johann Trabers größter Wunsch. Auf dem Seil über den Bosporus spazieren, ist ein unerfüllter Traum. Als die Idee aufblitzt, daraus vielleicht eine Hilfsaktion für die vom Erdbeben geschüttelte Türkei zu machen, sagt er sofort: "Ich muss mit meinem Bruder Falko reden."

Er habe geweint, erzählt Traber, als er die Bilder von Verschütteten im Fernsehen gesehen habe. Er, der die Welt ganz oft von oben gesehen hat: Auf dem Hochseil hat er Nerven wie Draht. Steht er mit beiden Beinen am Boden, werden im ab und zu die Knie weich.

 
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