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Die Corona-Lücken mit Wissen und Nähe füllen

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Ein Projekt Lernhilfe im Mehrgenerationenhaus hilft rund 60 Schülern aus über 30 Nationen, nicht abgehängt zu werden. Lernlücken, Konzentrationsschwächen oder Versagensängste werden nach Lockdownns sichtbar. Eine größere Spende bringt jetzt einen neuen Schub.

von Carsten Friese
Lernhilfe mit Corona-Schutzwand im Quartierszentrum Nordstadt: Lernbegleiterin Ela Jörük (links) unterstützt Emir (10) im Fach Deutsch.
Fotos: Mario Berger
Lernhilfe mit Corona-Schutzwand im Quartierszentrum Nordstadt: Lernbegleiterin Ela Jörük (links) unterstützt Emir (10) im Fach Deutsch. Fotos: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Die schulischen Folgen der Corona-Krise spüren sie immer wieder. Gerade die Lockdowns haben Schüler ohne große Hilfe im Elternhaus ins Hintertreffen gebracht. "Man spürt die Lernlücken, Konzentrationsschwächen und auch Versagensängste, nicht mehr mitzukommen", sagt Ute Neuschwander, eine Managerin des Quartierszentrums Nordstadt im Mehrgenerationenhaus.

Ältere Schüler, Studenten oder Senioren aus dem Haus im Einsatz

Das von der Diakonie getragene Haus bietet seit über zehn Jahren eine Lernhilfe für Schüler der Nordstadt an. Durch Corona gab es eine Delle, rund 60 Schüler werden hier aktuell von Lernhelfern - älteren Schülern, Studenten, aber auch Senioren im Haus - beim Lernen unterstützt. Zweimal die Woche je 1,5 Stunden gehören zum Programm, das über Spenden finanziert wird.

Während das staatliche Förderprogramm "Rückenwind" noch nicht so richtig angelaufen ist (siehe Kasten), hat die Lernhilfe im Mehrgenerationenhaus einen wichtigen Schub erhalten. 9000 Euro hat die Sozialstiftung der Kreissparkasse über Stiftungsgeschäftsführer Dr. Thomas Braun diese Woche übergeben. Geld, das ausreicht, um 15 Schüler ein Jahr lang zu fördern. Braun ist voll des Lobes für das Projekt. "Hier kann man die Wirkung vor Ort spüren und sehen." Das Projekt sei wichtig, damit die Kinder "in der Gesellschaft mitkommen".

Heute ist der zehnjährige Emir gerade mit Lernhelferin Ela Jörük dabei, eine Erörterung für das Fach Deutsch zu besprechen. "Es bringt mir was", sagt Emir über die Lernhilfe. Wenn er eine Arbeit schreibe, "dann klappt es besser".

Bis zu 60 000 Euro sind im Jahr für das Projekt nötig

Diakonie-Chef Karl Friedrich Bretz freut sich über die neue Spende, eine der größten für die Lernhilfe bisher. Bei rund 100 Schülern, die es vor Corona schon einmal waren, benötige man bis zu 60 000 Euro für die 30 bis 50 Lernhelfer im Jahr. Aktuell zieht die Nachfrage wieder stärker an. Kinder aus über 30 Nationen werden unterrichtet, auch Deutsche. "Kinder und Eltern sind froh, dass sie zur Nachhilfe kommen können", sagt Bärbel Hetzinger, die Leiterin der Wartbergschule. Viele könnten sich eine Lernhilfe finanziell sonst nicht leisten. Es gehe auch um eine soziale und emotionale Verunsicherung durch Isolation, um Übergewicht durch Corona.

Freude über die Spende: Ute Neuschwander vom Mehrgenerationenhaus nimmt den Scheck vom Geschäftsführer der KSK-Stiftungen, Thomas Braun, entgegen.
Freude über die Spende: Ute Neuschwander vom Mehrgenerationenhaus nimmt den Scheck vom Geschäftsführer der KSK-Stiftungen, Thomas Braun, entgegen.  Foto: Berger, Mario

"Der Kontakt hat gefehlt. Kinder brauchen Kinder, um groß zu werden", sagt die Schulleiterin. Von ihrer Schule nehmen rund 30 von 300 Schülern die Lernhilfe in Anspruch - zehn Prozent. Es sei eine tolle Sache, wenn sie am Ende den Bildungsabschluss schafften. Der tunesische Junge Haroun ist ein Musterbeispiel. Er war in der Gruppe, schaffte durch die Lernhilfe erst Mittlere Reife, dann ein Einser-Abitur und studiert jetzt. Umgekehrt müsse man auch Schüler wieder fördern, die sich zum Beispiel durch Corona auf einen Streaming-Konsum bis in die Nacht fixierten und nun tagsüber oft müde seien. "Da haben es die Eltern schleifen lassen", berichtet Andrea Barth, eine Projektgründerin der ersten Stunde.

Für die Heilbronner Schulamtsleiterin Karin Schüttler ist eine emotionale Förderung von Schülern nach den Kontakteinschränkungen durch Corona ebenso wichtig wie das Aufholen von versäumtem Lernstoff. Hierzu habe der Gemeinderat aus einem Hilfspaket 110 000 Euro zur Verfügung gestellt. Aus den Mitteln könnten Heilbronner Schulen und Kitas pro Klasse oder Gruppe 250 Euro für gemeinschaftsbildende Maßnahmen beantragen. Auch vom Angebot, Lerngutscheine auszustellen, machten die Schulen rege Gebrauch.

Großprojekt stockt

Ein groß angekündigtes Bund-Länder-Förderprogramm "Rückenwind" für Schüler mit Lernrückständen als Folge der Pandemie kommt aktuell nicht richtig voran. Wie berichtet, ist die Suche nach Personal schwierig. Zudem hakt es bei der Freigabe der Projekte durch das Land. Es sollen Schüler profitieren, deren Bildungserfolg gefährdet ist.

 
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