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Die allermeisten tragen Maske in der Stadtbahn

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Wie es mit der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr steht? Im Kampf gegen Corona muss in den Zügen eine Maske getragen werden. Unterwegs mit vier Kontrolleuren in der Stadtbahn zeigt sich: Die meisten Fahrgäste halten sich daran.

An diesem Samstag sind alle verhüllt in der Stadtbahn, auch mit Tuch.
An diesem Samstag sind alle verhüllt in der Stadtbahn, auch mit Tuch.  Foto: Seidel, Ralf

Die Moral ist hoch, sagt ein Sprecher des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV). Diese Rückmeldung bekommt er von den Kollegen, die in der Stadtbahn bei Fahrausweiskontrollen primär von Heilbronn bis Öhringen im Einsatz sind. "90 bis 95 Prozent der Gäste tragen Mund-Nasenschutz."

Das Kontrolleurs-Team ist auf der Linie S 4 unterwegs

Samstagmittag im Heilbronner Stadtverkehr: Die Kontrolleure Leni Bender, Nicola Schmidt, Lucy Tan und Christof Naumann (alle Namen von der Redaktion geändert) steigen in die Linie S4 am Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof. "Guten Tag, einmal die Fahrscheine bitte", ruft Nicola Schmidt. Zur Sicherheit bleiben sie möglichst zusammen. "Max und Maxi" wird sich das Studententeam während der Fahrt nennen. "Aus Personenschutzgründen", sagt Leni Bender. "Manche Leute wollen uns ausfindig machen", auch im Internet gebe es Hass-Seiten.

Trotz der drückenden Schwüle zeigt ein Blick in die Bahn: Hier trägt jeder etwas im Gesicht, auch wenn es ein Tuch ist oder ein Schutz, der nur unter der Nase befestigt ist. Mit der Maskenpflicht ist die Aggression nicht gestiegen. "Im Gegenteil. Die Leute sind eher freundlicher als sonst und bemüht, einen Ersatz zu finden, den Schal oder das hochgezogene T-Shirt." Tatsächlich hält sich ein Mädchen die Jeansjacke über die Nase, steht schon an der Tür, bereit, schnellstmöglichst auszusteigen.

"Das Beste war, als einer sich mal ein Handtuch vors Gesicht gehalten hat. Ein anderer hat sich die kaputte Maske in den Bart gewebt," erzählt Leni Bender. "Sie müssen das hochziehen", zeigt sie auf den tiefergelegten Schutz eines jungen Mannes. Anstandslos kommt er der Bitte nach.

Kontrolleure verhängen kein Bußgeld

Das heutige Team besteht aus Studenten. Sie schätzen den Nebenjob.
Das heutige Team besteht aus Studenten. Sie schätzen den Nebenjob.  Foto: Seidel, Ralf

Bußgeld dürfen die Kontrolleure nicht verhängen. Dafür ist das Ordnungsamt Heilbronn zuständig. Maximal 30 Euro könne das kosten, sagt der Heilbronner Polizeisprecher Gerald Olma auf Nachfrage. Im Stadtkreis gebe es bislang diesbezüglich null Anzeigen. Gezielte Kontrollen im ÖPNV führe die Polizei nicht durch. Fahrscheinkontrolleurin Leni Bender: "Wir mussten noch nie das Ordnungsamt oder die Polizei rufen, weil sich jemand geweigert hätte, Mundschutz zu tragen."

Dass die Maskenpflicht "weitestgehend eingehalten wird", beobachtet auch Alexander Puddrick. Mit Benaja, (6), Elise (4) und Rosalyn(2) ist er auf dem Weg zur Eisdiele. Er hat keine Chance, den Mundschutz zu vergessen: "Die Kinder erinnern mich dran." Soziale Kontrolle kommt auch von außen. Ursula Roth (77) scheut sich nicht, ihre Mitbürger an die Bedeckung zu erinnern. "Ich hab" schon noch Angst wegen Corona." Zum Einkaufen geht sie nur, wenn es sein muss.

"Max und Maxi, aussteigen!", ruft Nicola Schmidt. Ein Mann mit Dreiecks-Tuch über der Nase hat kein Ticket. Eine Station ist er gefahren, 60 Euro bitte. Ruhig lässt sich Christof Naumann die EC-Karte geben, notiert die Daten. "Wegen einer Haltestelle so ein Ärger", schimpft der Mann. Er ist stinksauer. Unmerklich schiebt sich Leni Bender vor ihre Kollegin Lucy Tan. Sicherheit geht vor. Das Team bleibt freundlich und bestimmt.

Die Studenten helfen auch, wenn Not am Mann ist

"Einmal die Fahrscheine bitte": Das Team steigt immer zu viert ein, manchmal sogar zu sechst. Allein zu kontrollieren, wäre zu gefährlich. Aus Sicherheitsgründen sprechen sie sich noch nicht einmal mit ihren richtigen Namen an.
Fotos: Ralf Seidel
"Einmal die Fahrscheine bitte": Das Team steigt immer zu viert ein, manchmal sogar zu sechst. Allein zu kontrollieren, wäre zu gefährlich. Aus Sicherheitsgründen sprechen sie sich noch nicht einmal mit ihren richtigen Namen an. Fotos: Ralf Seidel  Foto: Seidel, Ralf

Noch immer tragen alle Maske, weil der Einsteigebereich der Stadtbahn etwa am Rathaus als "Bahnsteig" zählt. Gegenüber sitzt ein schwerer, vielleicht 40-Jähriger auf der Bank, der Oberkörper schwankt, sein Kopf kippt nach vorne, die Augen sind halb geschlossen. Passanten gehen achtlos vorbei. Die Studenten sprechen ihn an, rufen einen Krankenwagen. Junge Männer kommen hinzu, versuchen ihn auf die Bank zu betten, damit er nicht vornüber kippt. Plötzlich taucht ein Bekannter des Mannes auf, stützt ihn und geht mit ihm davon. Nicola Schmidt bestellt den Krankenwagen ab, weiter geht"s.

Der Job ist nichts für Zartbesaitete. Die Masken sind das geringste Problem. "Mir ist meine ja auch mal im Dienst kaputt gegangen", erzählt Leni Bender. Ein Fahrgast habe unkompliziert ausgeholfen. Das macht sie auch, wenn jemand seine vergessen habe. An diesem Samstag in Heilbronn ist das nicht nötig.

 
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