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DHL: Postboten sitzen bald rechts im Fahrzeug

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Rund um Neuenstadt setzt DHL Fahrzeuge ein, bei denen das Lenkrad auf der anderen Seite ist. Das steckt dahinter.

von Julian Ruf
Stefan Oehrle vor seinem Rechtslenker-Transporter. Erst vergangenes Jahr begann die Deutsche Post damit, solche Fahrzeuge in ihren Niederlassungen einzusetzen.
Foto: Julian Ruf
Stefan Oehrle vor seinem Rechtslenker-Transporter. Erst vergangenes Jahr begann die Deutsche Post damit, solche Fahrzeuge in ihren Niederlassungen einzusetzen. Foto: Julian Ruf  Foto: Ruf, Julian

Morgens um halb acht in der Industriestraße im Neckarsulmer Teilort Dahenfeld: DHL-Bote Stefan Oehrle (51) belädt seinen gelben, elektrisch angetriebenen Transporter mit den Paketen für seine Tagestour. Soweit ist dies nichts Ungewöhnliches, doch Oehrle fährt einen Wagen, der ein sogenannter Rechtslenker ist. Das bedeutet, dass sich das Lenkrad und damit auch die Fahrertür auf der rechten Seite befinden, ungeachtet der in Deutschland vorherrschenden Linkslenker. Damit ist Oehrle einer von ungefähr 1100 DHL-Fahrern, die dieses Konzept bundesweit nutzen. Unterwegs ist er rund um die Gemeinde Neuenstadt.

Es geht um Sicherheit

"Manchmal wundern sich die Leute, oder sie schauen zweimal hin", berichtet Oehrle. "Ich sage dann immer, dass sie schon richtig gesehen haben." Oehrle ist bereits seit über 30 Jahren bei der Deutschen Post tätig. Er stellt hauptsächlich in Oedheim Pakete zu, wo er selbst lebt. Man kenne sich dort und das Verhältnis zu den Kunden sei eher nachbarschaftlicher Natur, ergänzt er. Durchschnittlich stellt er am Tag 130 Pakete zu. Häufig kommen noch hunderte Briefsendungen hinzu. An manchen Tagen muss er auch zur Niederlassung zurückkehren und zusätzliche Pakete laden, um im Anschluss erneut auf Tour zu fahren. Allein in der Niederlassung in Dahenfeld hat Oehrle 33 Kolleginnen und Kollegen.

"Einer der Hauptgründe, warum ein Rechtslenker für uns Fahrer von Vorteil ist, ist die Sicherheit", erklärt er. "Wir können bei Zustellungen so immer direkt am Gehweg aussteigen und müssen nicht in den Gegenverkehr und ums Auto laufen. Das spare auch enorm viel Zeit." Rund 250-mal am Tag muss Oehrle aus seinem Auto aussteigen.

Die Transporter können mehr

"Mir fällt das Lenken auf der rechten Seite sogar leichter. Wieder zurück zum Linkslenken möchte ich nicht", resümiert Oehrle. "So kann ich die ganze Zeit den Bordstein sehen, auch wenn ich den Verkehr in England nicht unbedingt gutheißen möchte." Nur seine Frau habe Bedenken gehabt, dass er dann mit dem Privatwagen, natürlich ein Linkslenker, einen Fehler machen könnte. "Das ist aber kein Problem", gibt er Entwarnung. "Das läuft alles wie automatisiert ab."

Ein Seitenwechsel des Lenkrads ist nicht die einzige technische Neuerung, die Oehrle bei seiner täglichen Arbeit unterstützt. Die Tür zum Laderaum seines Transporters, selbstverständlich auch auf der rechten Seite, lässt sich per Knopfdruck automatisch öffnen und schließen. Hierfür hat Oehrle eine kleine Fernbedienung in der Hosentasche und kann so die Tür auch dann schließen, wenn er weit von seinem Fahrzeug entfernt ist. Über eine im Transporter verbaute Kamera kann er außerdem den Gegenverkehr und alles, was hinter dem Fahrzeug passiert, jederzeit im Auge behalten.

Einen schöneren Beruf kann Oehrle sich nicht vorstellen. "Die Interaktion mit den Kunden schätze ich sehr", sagt er. Auf die Frage, was in 30 Jahren Paketzustellung seine kurioseste Lieferung gewesen sei, antwortet er spontan: "Ein großes Paket voller Maden habe ich einmal transportiert. Die Tierchen haben sich aus einem Loch im Karton im gesamten Laderaum verteilt."

Keine komplette Umstellung der Flotte

"Nicht alle Fahrzeuge von DHL werden künftig auf Rechtslenker umgestellt", erklärt der Unternehmenssprecher Marc Mombauer gegenüber der Heilbronner Stimme. "Von 188.500 Fahrzeugen sind aber immerhin schon 29.000 elektrisch unterwegs." Firmenintern hört der Rechtslenker auf den Namen "StreetScooter Gigabox". Nach der Vorstellung des Prototyps im Sommer 2020 habe man sich entschlossen, dem Wagen einen begehbaren Laderaum zu spendieren. Darauf folgte dann eine seitliche Schiebetür, die aus Sicherheitsgründen rechts angebracht wurde. Nach dieser Entscheidung war für das Unternehmen klar, dass ein Rechtslenker in diesem Fall sinnvoller als ein Linkslenker sein könnte.

Die DHL Paket GmbH wurde ursprünglich 1969 in San Francisco gegründet. "DHL" steht für die Anfangsbuchstaben der Nachnamen der drei Firmengründer. In den 1990er-Jahren expandierte der amerikanische Paketdienst nach Europa. 2001 erfolgte die Übernahme durch die Deutsche Post. DHL beschäftigt heute weltweit an die 600.000 Menschen und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von mehr als 80 Milliarden Euro.

 

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