Den Mord an seiner Mutter kann A. nicht erklären
Das Heilbronner Landgericht verhandelt einen Fall, in dem der Sohn 21 Messerstiche setzte. War eine schwere psychische Krankheit Auslöser der Bluttat? Der Beschuldigte sagt, er sei nicht psychisch krank.

Ein Familiendrama mit tödlichem Ausgang am Ostersonntag in Heilbronn wird seit gestern vor dem Heilbronner Landgericht aufgearbeitet. Zentrale Frage ist: War der 26-jährige Sohn der erstochenen Frau zur Tatzeit so psychisch krank, dass er für den Mord nicht verurteilt werden kann? Ein dauerhaftes Unterbringen des Mannes in einer Psychiatrie wird geprüft.
Ohne Vorwarnung zugestochen
Es sind unglaubliche Fakten, die der Staatsanwalt vorträgt. Zehn Mal in den Bauch und zehn Mal in den Rücken der Mutter (50) soll A. am 21. April gestochen haben. Ohne Vorwarnung - nachdem die Mutter ihm auf sein Klingeln die Haustür geöffnet hatte. Ein Stich in den Hals durchtrennte zentrale Blutgefäße - an einem Schock durch starken Blutverlust starb die Mutter. Als der ältere Bruder die Schreie hörte und aus dem ersten Stock herunterkam, soll der Beschuldigte auch auf ihn mehrfach eingestochen haben. Der Bruder überlebte dank einer Not-OP. A. lief nach der Tat ins Polizeipräsidium und stellte sich.
Warum diese Attacke? Monoton, leise, mit langen Pausen zwischen den Antworten spricht der 26-Jährige. Er gibt die Taten zu. Sein Bruder habe ihn aus dem Haus haben wollen, sagt er. Und warum die Mutter, die immer eine schützende Hand über ihn hielt? "Weil ich dachte, dass sie mitmacht", dringen Worte aus ihm. Sein Bruder und seine Schwester sitzen als Nebenkläger im Gericht. Für sie ist es ganz schwer, die Szenen auszuhalten. An einer Stelle beschimpft die Schwester den Beschuldigten und rennt aus dem Saal.
Von einer psychischen Krankheit will der Angeklagte nichts wissen. "Ich bin nicht psychisch krank", sagt er mehrfach. Er wolle seine Strafe im Gefängnis absitzen.
Keine Freunde, nie eine Freundin, und Hunderte Bewerbungen blieben erfolglos
Der Mann ist ein Einzelgänger, wird aus seinem Lebenslauf deutlich. Keine Freunde, noch nie eine Freundin, in der Schule fühlte er sich von Lehrern gemobbt. Er schaffte das Fachabitur, in einer Lehre als Konstruktionsmechaniker erhielt er in der Probezeit die Kündigung. Hunderte Bewerbungen verpufften.
Danach lebte er zu Hause auf Kosten der Mutter. Arbeitslosengeld? Beantragte er nicht, ging ab und zu schwimmen, zu Treffpunkten junger Menschen und auf den Wartberg, half ab und zu beim Abwasch und Staubsaugen.
Die Tat hat in der Nachbarschaft Entsetzen ausgelöst. Ein Anwohner hatte gegenüber der Heilbronner Stimme im April berichtet, er habe etwa fünf Minuten lang Schreie gehört. Vor dem mutmaßlichen Täter habe man "Angst" gehabt, hieß es damals. Der junge Mann habe nicht gegrüßt und sei unfreundlich gewesen. Es habe zudem öfter Streit in der Familie gegeben.
Er habe bei den vielen Stichen nicht mehr überlegt, sagt der Beschuldigte
Als Richter Roland Kleinschroth fragt, welche Gefühle A. bei den Stichen hatte, sagt der 26-Jährige, ihm sei es beim ersten Stich gegen die Mutter "schlecht" gegangen. Warum er dann weiter machte? "Ich habe nicht mehr überlegt."
Wegen Mordes und Mordversuchs ist er angeklagt. Bis Mitte Januar hat das Gericht neun Prozesstage angesetzt.
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