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Das neue Schuljahr beginnt: glückliche Kinder, besorgte Lehrer

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An diesem Montag beginnt wieder der Unterricht in Baden-Württemberg. So beschreiben Akteure die aktuelle Lage und ihre Gefühle.

Grundschüler aus Zaberfeld freuen sich auf das neue Schuljahr. Foto: Simon Gajer
Grundschüler aus Zaberfeld freuen sich auf das neue Schuljahr. Foto: Simon Gajer

Mit dem Ausschlafen ist es erst einmal für Tausende Kinder und Jugendliche in der Region vorbei: An diesem Montag beginnt das neue Schuljahr. Und damit steht wieder vormittags Mathe, Deutsch und Englisch im Vordergrund.

Für viele Kinder beginnt mit der bevorstehenden Einschulung sogar ein neuer Lebensabschnitt: Die Kita ist vorbei, bald schon können die Erstklässler erste Wörter schreiben und mit Zahlen rechnen. Lehrer blicken allerdings teilweise mit gemischten Gefühlen aufs Schuljahr. Corona rückt dabei eher in den Hintergrund, stattdessen belastet ein bekanntes Thema die Kollegien.

Grundschülerinnen freuen sich auf den Unterricht

Die vier Zweitklässlerinnen aus Zaberfeld sind begeistert mit dem neuen Schuljahr: Sie treffen dann wieder Freunde, auch auf Lehrer freuen sie sich, zählen Minel und Leonie auf. Nele wartet schon sehr auf den Sportunterricht, wenn wieder tolle Spiele kommen - wie etwa der Brückenwächter. "Ganz arg auf die Lehrer" ist Amalia gespannt. Worüber sie auch glücklich ist: Als Zweitklässlerin bekommt man endlich Noten.

Die Zaberfelder Grundschülerinnen haben die Betreuung an den letzten Ferientagen unter anderem dafür genutzt, einen Blick aufs neue Klassenzimmer zu erhaschen. Wie das wohl aussieht? Auf jeden Fall größer sei es, weiß Minel mittlerweile. "Es ist alles leer", erzählt sie vor dem ersten Schultag. Aber immerhin ist schon das Klassenmaskottchen Rocky eingezogen: ein Hase mit Sonnenbrille.

Mailin und Nela gehen bald in die vierte und zweite Klasse der Grundschule Klingenberg. Die Schwestern freuen sich ganz besonders auf ihre neuen Klassenlehrerinnen, ihre Schulfreunde und ihre Lieblingsfächer – die neunjährige Mailin macht gern Mathe und will sich in diesem Jahr in Sport mehr anstrengen. Ihre Schwester Nela (7) ist in Deutsch groß. Ihre Einschulung vor einem Jahr sei „gut“ gewesen, erzählt sie, inzwischen habe sie viele Freunde gefunden. Beide Mädchen sind optimistisch: Nach den Schuljahren mit Corona wird das kommende besser.

Das sind Sorgen von Lehrern

Die Kinder blicken gespannt auf den ersten Schultag. Dann lüftet sich für viele endlich das Geheimnis, wer Klassenlehrer wird und ob der Lieblingslehrer aus dem Vorjahr in diesem Schuljahr der Klasse erhalten bleibt. Viele Lehrer selbst sind aber unzufrieden.

Die unzureichende Personalsituation treibt die Lehrerverbände um. "Die schlechte Lehrerversorgung kommt nun auch bei den Gymnasien an", sagt Marco Haaf, der als Sprecher die Schulleiter von Gymnasien in der Region vertritt. Hatte es in den Vorjahren zuletzt noch viele neue Pädagogen für diese Schulart gegeben, so seien nun ebenfalls hier die Absolventenzahlen "krass zurückgegangen", sagt Marco Haaf, der das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neckarsulm leitet. Dass Lehrer, die in Teilzeit arbeiten, aufstocken, hält er für unwahrscheinlich. "Das ist schwierig", so Marco Haafs Erfahrung während Corona.

Ein GEW-Vertreter geht mit Bauchschmerzen ins neue Schuljahr

Diese Einschätzung teilt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Bereitschaft von Lehrern nehme ab, von Teilzeit aufzustocken, sagt Harald Schröder, GEW-Sprecher im Kreis Heilbronn. Die Personalstärke in den Lehrerzimmern sieht er kritisch. "Mit ganz viel Bauchschmerzen blicke ich aufs Schuljahr", sagt Harald Schröder. Grundschulen, Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ): Für viele Schularten sei die Lehrerversorgung "ganz schlecht". Die Lage ist seiner Ansicht nach "wesentlich angespannter als im Vorjahr". Harald Schröder ergänzt, dass bei offiziellen Überblicken der Lehrerversorgung stets Kollegen mitgezählt würden, die keine ausgebildeten Lehrer seien - aber Flüchtlinge in Vorbereitungsklassen unterrichten oder in SBBZ zum Einsatz kämen. Er ist sicher: Ein "nicht geringer Anteil" des Unterrichts werde von Mitarbeitern gewährleistet, die keine Lehramtsprüfung hinter sich hätten.

Die schlechte Lehrerversorgung ist schon länger bekannt. Mehrere Gründe hätten die Situation verschärft, sagt Harald Schröder. Die Absolventenzahlen bei den Studenten hätten sich nicht wie erhofft entwickelt. Flüchtlinge durch den Ukraine-Krieg besuchten den Unterricht. Und mehr Kinder kämen zur Welt. Das alles führe dazu, dass die Belastung von Lehrern zugenommen habe. In manchen Gegenden nehme sogar die Beratung für Kollegen zu, die den Dienst quittieren wollen.

Weniger heizen, häufig lüften: Was bedeutet das für den Unterricht?

Corona lässt unterdessen noch manche Fragen offen. Wie entwickeln sich die Zahlen, kommt die Maskenpflicht zurück - und gibt es dann wieder Konflikte?, fragt Harald Schröder. Ihn treibt zudem anderes um: Wenn wegen des Ukraine-Kriegs weniger geheizt, zugleich aber wegen Corona wieder häufig gelüftet wird, dann würden die Arbeits- und Lernbedingungen schwieriger. Der eigentliche Lehrerauftrag trete in den Hintergrund, und Lehrer hätten den Eindruck, sie müssten wieder nur auf Kinder aufpassen, sagt Harald Schröder.

Die politische Diskussion ist Mathea egal: Sie wird diese Woche als Erstklässlerin in die Grundschule Zaberfeld gehen können. Endlich Einschulung. "Im Kindergarten war es langweilig", erzählt sie. "Ich freue mich auf alles." Erste Buchstaben zu lernen. Und neue Freunde zu treffen. Denn nach Zaberfeld kommen auch Kinder aus dem Teilort Michelbach, erzählt sie.

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