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Corona-Spitzenreiter in der Region sind keine Hotspots

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Wie viele aktive Corona-Fälle es in ihrem Heimatort gerade gibt, ist für viele Menschen in der Region eine wichtige Information. Damit die Angaben bewertet werden können, muss man sie in Relation zur Einwohnerzahl setzen. Und es gibt noch mehr Wissenswertes über die Corona-Zahlen in der Region.

Für manche gehört der Blick auf die Corona-Karte des Landkreises Heilbronn sicher bereits zur täglichen Routine. Hier werden die aktiven Corona-Infektionen für jede Stadt und jede Gemeinde abgebildet. Wer da für seinen Heimatort eine einstellige Zahl vorfindet oder gar eine Null wie in Siegelsbach, sollte sich aber nicht in falscher Sicherheit wiegen, betont das Landratsamt. Niedrige Zahlen bedeuteten nicht, dass auch das Infektionsrisiko gering sei. Die Fallzahlen hängen stark davon ab, wie viel getestet wird. Muss sich der Neckarsulmer oder der Eppinger also Sorgen machen, weil seine Heimatstadt zu den Spitzenreitern im Landkreis gehört?

Generell gilt, dass die Zahlen in Relation zur Einwohnerzahl bewertet werden müssen, sagt Sönke Brenner, Pressesprecher der Stadt Eppingen. Wenn man bedenke, dass Eppingen 22.000 Einwohner habe, relativiere sich die Zahl von 46 (Stand 16. November) aktiven Corona-Fällen in der Stadt.

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Keine Allgemeinverfügungen geplant

Trotzdem habe man im Rathaus die Zahlen natürlich im Auge, setze konsequent die Verordnungen um und überwache ihre Einhaltung, fasst Brenner zusammen. In der Vergangenheit habe die Stadt zwar bereits lokale Maßnahmen ergriffen, beispielsweise Allgemeinverfügungen im März und April erlassen, die über die Landesverordnungen hinausgingen. Das ist derzeit nicht vorgesehen, berichtet der Sprecher. Die Stadt sei aber stets in engem Kontakt mit dem Kreisgesundheitsamt und dem Gemeindetag Baden-Württemberg.

Ähnlich ist die Lage in Neckarsulm. Die Stadt hat mit 78 aktiven Fällen derzeit die höchsten Zahlen im Landkreis. Es sind aber keine nachweisbaren Hotspots bekannt, teilt Stadtsprecher Andreas Bracht mit. Aktuell zeichne sich zudem ein Abflachen der Infektionskurve ab. Diesen Effekt, der sich auf den bisher 14 Tage andauernden Teil-Lockdown zurückführen lässt, erwartet auch das Gesundheitsamt, teilt Landratsamt-Sprecher Manfred Körner mit. Dies werde sich voraussichtlich noch diese Woche in sinkenden Fallzahlen widerspiegeln.

Infektionsgeschehen ist diffus

In der 26.000-Einwohner-Stadt Neckarsulm ist das Infektionsgeschehen laut Bracht diffus. Das gelte für den gesamten Landkreis Heilbronn, so Körner. Selbstverständlich gebe es auch gehäuftes Auftreten überall dort, wo viele Menschen zusammenkommen, beispielsweise am Arbeitsplatz, in Schulen oder Gemeinschaftsunterkünften und Heimen. "Klassische Hotspots sind gegenwärtig aber nicht das Problem, sondern das zahlreiche diffuse Auftreten", so der Pressesprecher.

Auffällig ist, dass vor allem in den größeren Städten die Infektionszahlen höher sind. "Das kann daran liegen, dass hier mehr Menschen auf engerem Raum leben und es mehr Einrichtungen gibt, in denen Menschen zusammentreffen", erläutert Körner.


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Die Corona-Krise in Zahlen


Nicht die einzige Unterkunft für Corona-Infizierte

Auch in der Stadt Brackenheim waren die Infektionszahlen zuletzt hoch. Derzeit liegen sie bei 30. Der Grund für einen zeitweisen Anstieg über 50 hing aber nicht hauptsächlich mit einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zusammen, wie zuletzt mitgeteilt wurde. Als in einer von zwei Unterkünften in Brackenheim an Covid-19 erkrankte Geflüchtete untergebracht waren, gab es auch zahlreiche Fälle in der übrigen Bevölkerung. Außerdem sei die Unterkunft in der Wendelstraße in Brackenheim nicht die einzige im Landkreis, in der mit Corona infizierte Flüchtlinge untergebracht werden, so die korrigierte Auskunft des Gesundheitsamtes.

Nach Brackenheim werden ausschließlich alleinstehende infizierte Männer aus dem Landkreis Heilbronn gebracht. Solche Fälle gibt es derzeit aber nicht, informiert Körner. Für andere Personengruppen stehen eine Unterkunft in Gemmingen und eine in Bad Friedrichshall zur Verfügung.

Auch Bad Friedrichshall ist in der Corona-Statistik des Landkreises meist vorne mit dabei. Einmal in der Woche beschäftigt sich der Verwaltungsstab der Stadt mit den aktuellen Zahlen, berichtet Bürgermeister Timo Frey. Bei derzeit 34 aktiven Fällen sieht er aber keinen Bedarf, lokale Maßnahmen zu ergreifen. Die geltenden Verordnungen werden von der Stadt streng kontrolliert. Zuletzt gab es eine Schwerpunktkontrolle, bei der alle Quarantänepflichtigen an einem Tag abtelefoniert wurden. "Es wurden alle erreicht", berichtet Frey zufrieden.

Sieben oder zehn Tage?

Wer die Internetseite des Landratsamtes Heilbronn verfolgt, hat festgestellt, dass sich die Darstellung der Corona-Karte verändert hat. Nicht mehr explizit hingewiesen wird darauf, dass die aktiven Infektionen für die vergangenen zehn Tage angegeben werden. Auch wenn viele andere Statistiken sieben Tage zu Grunde legen, hält das Landratsamt aber daran fest. Der Grund: Bei einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion beträgt die Quarantänezeit zehn Tag, erläutert Sprecher Manfred Körner. Das heißt: In dieser Zeit sind die Infizierten ansteckend. Sieben Tage werden laut Körner beispielsweise bei der Sieben-Tage-Inzidenz angegeben, um Wochentagsschwankungen zu berücksichtigen.

Das Landratsamt hat die Zahlen pro Kommune aus Datenschutzgründen nicht von Anfang an veröffentlicht. In kleineren Orten seien die Erkrankten zu leicht zu identifizieren, lautete das Argument. Es gibt auch Rechtsprechungen die das bestätigen. Allerdings gibt es auch andere Urteile, die einen Auskunftsanspruch bejahen, weshalb das Landratsamt sich letztlich für die Veröffentlichung entschieden hat.


Kommentar: Wichtige Zahlen

Detaillierte Corona-Zahlen zu veröffentlichen ist wichtig. Aber man muss sie einordnen.

In der Stadt oder Gemeinde mit den höchsten aktiven Corona-Fällen des Landkreises zu wohnen, kann im ersten Moment erschrecken. Im besten Fall schärft das Wissen darum jedoch die Sinne, macht vorsichtiger und lässt einen noch mehr auf sich und seine Mitmenschen achten als bisher. Im schlechtesten Fall macht es ängstlich und verunsichert. Deshalb ist es wichtig, die Zahlen richtig einzuordnen und sie in Relation zur Einwohnerzahl zu bewerten. Ob die Fälle nun für sieben oder zehn Tage angegeben sind, ist da nicht ausschlaggebend. Viel wichtiger ist, dass jeder, der möchte, sich informieren kann, wie die Lage in seinem Heimatort ist. Deshalb ist es nach wie vor richtig, dass das Landratsamt Heilbronn die Zahlen, heruntergerechnet auf jede Kommune, veröffentlicht. Auch wenn es für Betroffene in kleinen Orten mit geringen Fallzahlen sicher unangenehm sein kann, wenn sie dadurch zu identifizieren sind.

Allerdings dürfen die Zahlen nicht zu falschen Schlüssen führen. Wer in einer Kommune mit wenig Corona-Fällen lebt, muss sich genauso an die Beschränkungen halten wie in anderen Orten. Denn die Zahlen lassen keinen Rückschluss auf das Ansteckungsrisiko zu.

Die aktuelle Entwicklung der Infektionszahlen im Landkreis gibt erstmals wieder Anlass zur Hoffnung. Der bisher zweiwöchige Teil-Lockdown spiegelt sich langsam in sinkenden Zahlen wider. Die Experten erwarten, dass sich der Effekt noch diese Woche zeigen wird. Sicher animiert das noch lange nicht zu Freudensprüngen, vor allem weil Lockerungen bisher in weiter Ferne scheinen. Es zeigt aber, dass die Einschränkungen und der Verzicht auf soziale Kontakte ihren Zweck erfüllen. Auch das kann Statistik.

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