Beherbergungsverbot bringt Hotels in Heilbronn und Hohenlohe in Not
In Deutschland gibt es immer mehr Corona-Risikogebiete. Für Reisende von dort sind Hotelbetten tabu. Zu welchen schwierigen Situationen diese Regel in Hotels führen kann, zeigen wir an verschiedenen Beispielen aus der Region.
Corona ohne Ende. Nun könnte hier und da auch noch der Herbsturlaub platzen. Für Reisende, die aus einem Risikogebiet stammen oder sich dort 48 Stunden aufgehalten haben, sind Hotelübernachtungen in anderen Städten tabu, es sei denn, sie können einen aktuellen negativen Coronatest vorweisen. Hotels im Heilbronner Land und in Hohenlohe reagieren unterschiedlich.
Langenburger Hotel mit eigenen Tests

Das Mawell-Resort in Langenburg versucht aus der Not eine Tugend zu machen. Dort werden bei Gästen PCR-Tests durchgeführt. Nach 40 Minuten liegt das Ergebnis des Schnelltests vor. "Der Aufwand ist enorm, aber wir wollen ein zusätzliches Stück Sicherheit geben und die Resonanz bei den Gästen ist absolut positiv", sagt Mawell-Marketingleiterin Julia Schneider. Auch für das Wellness-Hotel sei die Situation schwierig. "Den Umständen entsprechend, sind wir aber sehr zufrieden", sagt Schneider.
Scharfe Kritik aus Eppingen
Nicht in Frage kommen eigene Tests für Uwe Krepp vom Hotel Villa Waldeck in Eppingen. "Das ist mir zu riskant. Das überlasse ich Medizinern." Die Herkunft seiner Gäste kontrolliere er "selbstverständlich" täglich, "der Gesetzgeber verlangt es ja von uns". Bei derzeit ständig wechselnden Risikogebieten bedeute dies einen enormen Aufwand.
Zuletzt musste Krepp einer 40-köpfigen Busgruppe aus Remscheid absagen. "Die waren natürlich nicht begeistert. Storno kannst du in solchen Fällen nicht verlangen, sonst sind die zu Recht stinkig." So wie ein junger Mann aus NRW, den er nachts um 22.30 Uhr habe abweisen müssen, nachdem er schon an anderen Adressen vergeblich angeklopft habe. "Soll ich jetzt im Auto schlafen?, fragte der. Das war tragisch." "Den Schaden haben am Ende wir."
Um die Kosten für sein 100-Betten-Haus zu decken, müsste Krepp im Monat eigentlich einen Umsatz von 77.000 Euro erzielen. Doch bei derzeit acht, neun Gäste pro Tag schreibe er rote Zahlen. Die staatliche Hilfe sei ein Tropfen auf den heißen Stein. "Nur weil wir ein Familienbetrieb sind, gibt es uns noch, seit 112 Jahren." Dramatisch werde es nun zusätzlich, weil auch der Restaurantbesuch nach einer relativ guten Sommer-Freiluft-Saison mit dem Herbst eingebrochen sei.
Verständnis im Heilbronner Parkhotel

"In Einzelfällen", so Saskia Grau von der Rezeption des neuen Heilbronner Parkhotels, "haben wir negative Tests verlangen müssen, aber ich gehe davon aus, dass es schnell mehr werden". Täglich rufen die Hotelbetriebswirtin oder ihre Kollegen über die Homepage des Robert- Koch-Instituts die aktuelle Lage ab.
Dort gebe es auch ein Info-System, über das sich die aktuellen Risikogebiete per Postleitzahl schnell ermitteln ließen: von Berlin über Orte im Landkreis Esslingen bis München. Natürlich sei "alles mit Aufwand verbunden, aber wir wissen ja, warum wir das machen: um die Pandemie in Grenzen zu halten. Da müssen wir nicht diskutieren. Es ist wie es ist."
Vertrauen und Achtsamkeit im Insel-Hotel
"Ich hatte neulich einen Geschäftsmann aus München, der hat an der Rezeption ohne zu zögern seinen Test gezückt", berichtet Stephanie Landerer von Heilbronner Insel-Hotel. Sie geht davon aus, dass Geschäftsreisende, die in die Stadt kommen, "entsprechend vorbereitet sind. Privatleute haben wir derzeit sowie kaum". Natürlich achte man an der Rezeption auf den Herkunftsort, kontrolliere mit dem Ausweis die Heimatadresse. Ob der Kunde in den letzten 48 Stunden aber in einem Risikogebiet war? "So direkt fragen wir das nicht", sagt Landerer, das wäre fast schon übergriffig.
Hier vertraut die Insel-Chefin auf die Eigenverantwortung. "Die besten Hygieneregeln nutzen nichts, wenn die Leute nicht mitmachen." Aber gerade in der aktuellen Krisenzeit beobachte sie, "dass man aufmerksamer und wertschätzend miteinander umgeht, mitdenkt und sich Zeit füreinander nimmt".
Dehoga schlägt Alarm
Für den Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ist die Situation ein herber Rückschlag, nachdem sich die gebeutelte Branche ein wenig berappelt hatte. "Wir bekommen eine sehr schwer zu überblickende Lage für Betriebe mit Beherbergungsverbot, Kontrollpflicht und Kontaktnachverfolgung", kritisiert Dehoga-Sprecher Daniel Ohl. Es sei ein Unding, dass die Betriebe für die Einhaltung der Regeln verantwortlich gemacht werden. "Das Verlagern von Prüf- und Kontrollpflichten auf Wirt oder Hotelier und zwar ohne Rücksicht auf die praktische Umsetzbarkeit, geht uns gegen den Strich", betont Ohl.
Kommentar: Hotelverbot
Bald sind Herbstferien. Sylt, Südtirol, Schwarzwald. So in etwa lauten in unseren Breiten die klassischen Ziele für den geplanten Kurzurlaub. Dieses Jahr ist alles anders. Das haben schon die Sommerferien gezeigt. Zunächst schien gar nichts zu gehen. Doch Lockerungen machten den Weg in viele Urlaubsländer frei, aber auch in Biergärten überall im Land. Jetzt folgt die Quittung.
Fast überall schnellen die Infektionszahlen nach oben. Berlin, Frankfurt, Esslingen am Neckar. Die Hotspots kommen näher, auch in Heilbronn nähert sich die Infektionskurve immer wieder der Inzidenzschwelle. Ist diese überschritten, darf man seinen Wohnort, also sein Risikogebiet, zwar noch verlassen, nicht aber im Hotel oder auf dem Campingplatz übernachten, zumindest nicht ohne aktuellen Test.
Das mag für Geschäftsleute und Urlauber unbequem sein. Für das Gastgewerbe aber ist das ruinös. Profitierten Beherbergsbetriebe – zumindest in deutschen Tourismusregionen wie Bodensee, Schwarzwald oder Ostsee – während der Sommerferien noch von der Wiederentdeckung der Heimat, droht nun der Kollaps. Besonders schlimm für die Branche: Neben den Betten bricht jetzt das im Sommer boomende zweite Standbein ein, die Gastronomie. In Lokalen drohen nach der schärferen Registierungspflicht Sperrstunden.
Hoteliers und Wirte reagieren unterschiedlich. Sie sind damit ein Seismograf für die Stimmung im Lande. Manche versuchen mit den Regeln zu leben und das Beste draus zu machen. Anderen platzt so langsam der Kragen. Verständlich, wenn es an die Existenz geht. Bei den meisten Bürgern ist dies aber nicht der Fall. Da steht bestenfalls der Kurzurlaub auf der Kippe oder der Kneipenbesuch. Vielleicht hilft es, nicht nur auf Einschränkungen zu starren, sondern sich auf deren Intention zu besinnen: Es geht um die Bekämpfung einer Pandemie. Und die ist die eigentliche Katastrophe.


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