Bundesliga im Heilbronner Backstüble - aber mit Abstand
Im Backstüble in Heilbronn läuft der Bundesliga-Klassiker zwischen Dortmund und Bayern. Unser Redakteur hat sich unter die Fußballfans gemischt, die mit großem Abstand voneinander das Spiel verfolgen. Eine Voranmeldung war notwendig.

Allmählich weht wieder ein Hauch von Normalität durch die Region. Vorsichtig tasten sich die Bewohner der Käthchenstadt zurück in die Zeit vor dem Pandemie-bedingten Lockdown. Und was könnte besser zur neuen Freizügigkeit passen, als ein gepflegter Fußballabend in der Kneipe um die Ecke? Der Praxistest zeigt aber die Stolpersteine, die auf dem Weg zum Normalzustand lauern.
Fußballfans mit Abstand
Große Abstände klaffen zwischen den Fußballfans im Backstüble, richtig Stimmung kommt nicht auf. Und dennoch: Wer heute dabei sein darf, hatte Glück, denn man musste sich anmelden. "Es fehlen die Kumpels zum diskutieren, es fehlen Emotionen, es fehlt einfach die Reibung", sagt Stammgast Stefan Feltz. Nicht, dass die Kellnerinnen erpicht auf die Reibung wären, die entsteht, wenn sie sich durch die sonst vollgestopfte Gaststätte schlängeln. "Aber es ist schade, dass wir so vielen Stammgästen absagen mussten", findet Pamela. Trotzdem: "Die Kompromisse nehme ich in Kauf, solange wir den Leuten eine Freude machen können".
Fußballabend in der Kneipe war begehrt
Der Spielbeginn wird an manchen Tischen gar nicht wahrgenommen. Es wird noch gegessen, durch Handys gescrollt, alte Bekannte begrüßt. Und so geht die erste Chance von Dortmunds Wunderkind Erling Haaland völlig unter. Zu erwarten war das nicht unbedingt. Der Fußballabend in der Kneipe war begehrt. "Das Telefon hat von morgens bis abends geklingelt", sagt die Wirtin. "Ich musste leider eine Menge Stammgäste vertrösten." Obwohl er dem vorentscheidende Meisterschaftsduell zwischen dem Tabellenführer aus München und dem ärgsten Verfolger aus Dortmund hohe fußballerische Qualität attestiert, findet Stefan Feltz die Partie "stinklangweilig". Es fehlen einfach die Fans – hier wie dort.
Normalerweise mit über 100 Menschen voll
Üblicherweise kämen im Backstüble hundert, hundertfünfzig Menschen zusammen, klagt der Bayern-Fan. Zustimmung kommt aus dem gegnerischen Lager. BVB-Fan Marius Müller vermisst das Knistern: "Da muss das Stadion brennen!". Stattdessen hört man Schreie im weiten Rund, jeder Ballkontakt klingt, als würde jemand ein Mikrofon mit dem Finger antippen. Müller: "Von mir aus hätten die die Saison abbrechen und die Schale nach München schicken können."
Immerhin Jürgen Schmidt genießt den Bundesliga-Klassiker. "So ein Duell wollte ich mir nicht entgehen lassen", sagt der Ex-Spieler vom VfR Heilbronn. Eigentlich wäre er für mehr Spannung in der Liga, "aber ich habe mit Hansi Flick zusammen gespielt, dem gönne ich es. Ich sehe das Spiel als Schritt Richtung Normalität."
Und spätestens, nachdem die Bayern gewonnen haben, fühlt sich die Welt tatsächlich wieder ein Stück normaler an.

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