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Heilbronn
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Ausgerechnet vorm Landratsamt stehen sie dicht an dicht

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Surreale Bilder in der Region: Vor Behörden bilden sich Menschenschlangen, Spielplätze sind gesperrt.

Alle mit Termin: die Schlange der Wartenden vor dem Landratsamt.
Alle mit Termin: die Schlange der Wartenden vor dem Landratsamt.  Foto: Hoffmann, Adrian

Es sind sonderbare Szenen, die heutzutage im öffentlichen Raum zu beobachten sind. Am Mittwochmorgen stehen rund 50 Menschen in einer Schlange vor dem Heilbronner Landratsamt, dicht an dicht. Am Eingang stehen zwei Security-Mitarbeiter. Isabella Kontetzky aus einem der Büros, in dem Kfz-Kennzeichen erstellt werden, wandte sich bereits mehrmals an die Menge mit der Bitte, Abstand zu halten.

"Ich habe keine Angst vor dem Virus", sagt sie. "Eher vor den Menschen. Sie werden aggressiver." Wenig später, als auch die Security-Mitarbeiter um ein angemessenes Warten in Zweier-Reihen bitten, löst sich die Schlange etwas auf und der Abstand zwischen den Landratsamts-Besuchern wird größer. Messebau-Unternehmer Andreas Kannheiser aus Untereisesheim hat wie all die anderen einen Termin der Zulassungsstelle - nur diejenigen kommen rein - und wundert sich. "Ich habe den Eindruck, dass die Behörden überfordert sind ", sagt er. Es sei aber auch so, "dass die Leute es nicht kapieren wollen". Während die Mitarbeiter im Amt zu Recht durch Plexiglasscheiben geschützt würden, stünden Dutzende Wartende vor der Türe dicht an dicht ohne notwendigen Sicherheitsabstand. "Wofür macht man da Termine?"

Er habe Verständnis für die Maßnahmen in der Coronakrise, sagt Kannheiser. "Ich bin heute hier, weil ich unseren kompletten Fuhrpark abgemeldet habe, um die laufenden Kosten zu reduzieren", so der Geschäftsführer. Für die Mitarbeiter sei gesorgt, Kurzarbeit beantragt. "Wir hatten volle Auftragsbücher für das gesamte Jahr, jetzt stehen bis zum Sommer keine Messen mehr an." Es habe sie als kleinen mittelständischen Betrieb aus dem Nichts voll erwischt.

In Neckarsulm sind wie vielerorts Spielflächen gesperrt. 
Fotos: Hoffmann
In Neckarsulm sind wie vielerorts Spielflächen gesperrt. Fotos: Hoffmann  Foto: Hoffmann, Adrian

Auch Peter Simon aus Kirchhausen musste zur Zulassungsstelle, ging mit Mundschutz und Handschuhen. Viele hätten sich an diesen Anblick gewöhnt, "manche schauen aber schon noch". Er sei Asthmatiker und deshalb besonders vorsichtig, sagt er.

Surreal auch die Leere auf Spielplätzen. Absperrbänder flattern im Wind. "Es ist schon schade", sagt ein Junge, der im Stadtpark Neckarsulm mit seinem Vater an einem Spielplatz vorbeiradelt. "Ist ein bisschen übertrieben", findet der Vater. Andererseits gehe es auch darum, andere zu schützen. Mit ihren Großeltern hätten die Kinder ja auch keinen Kontakt, die Großeltern würden das verstehen.

Einige Menschen machen die Beobachtung, dass der Spielplatz "verlagert" wird. So berichtet eine Frau aus einer Wohnanlage im Heilbronner Zentrum mit 50 Parteien, dass seit der Schließung von Kindergärten und Schulen "Familien mit ihren Kindern in Horden auf unserer privaten Spielplatzanlage im Hof treffen". Der Spielplatz sei bislang kaum genutzt worden. "Erst seit Schulen und Kita zu sind, nutzen ihn die Mieter." Es sei teilweise die Hölle los. "Die Kids buddeln fröhlich miteinander im Sand, die Mütter halten Kaffeeklatsch auf den Bänken", schildert die Frau. "Es ist unglaublich."

 
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