Streit um Luftfilter an Schulen in der Region Heilbronn hält an
In Güglingen geht der Streit um den Bürgerentscheid in die nächste Runde. Eppingen investiert dagegen großflächig in Anlagen.
Ab dem 3. April fallen auch in Baden-Württemberg die meisten Corona-Auflagen. Die Übergangsfrist ist dann vorbei, und damit unter anderem auch die Maskenpflicht in Kindertagesstätten und Schulen. Gleichzeitig bewegen sich die Infektionszahlen nach wie vor in schwindelerregender Höhe. Ein Dilemma auch für die Erziehungs- und Bildungseinrichtungen. An einer Ausstattung der Klassenzimmer mit Raumluftfiltern und -anlagen, die die Luft von Viren befreien, scheiden sich aber nach wie vor die Geister.
Gemeinderat lehnt Bürgerbegehren erneut ab
Im Herzen des Zabergäus streiten besorgte Eltern, Gemeinderat und die Güglinger Stadtverwaltung seit Monaten über Sinn und Unsinn von Raumluftfilteranlagen in Schulen und Kindertagesstätten. Am Dienstagabend hat der Gemeinderat den zweiten Antrag einer Elterninitiative auf einen Bürgerentscheid abgelehnt. Deren Initiatoren machen sich für eine flächendeckende Ausstattung mit Filtern und Anlagen stark. Der erste Antrag im Gemeinderat war im vergangenen November wegen Formfehlern gescheitert. Auch diesmal sprach sich die Mehrheit des Gemeinderats dagegen aus.
Mehrheit im Rat gegen Raumluftfilter in Schulen
"Für einzelne Klassenzimmer könnten Luftfilter durchaus sinnvoll sein", lautet seit Mitte vergangenen Jahres das Credo des Güglinger Bürgermeister Ulrich Heckmann. Etwa, wenn die Räume nicht angemessen gelüftet werden könnten. Raumluftfilter in der Breite hatte der Verwaltungschef mehrfach als "reine Staffage" bezeichnet. Die entscheidende Größe zur Bekämpfung der Pandemie sei die Impfquote, so Heckmann. Auch die größte Fraktion im Ratsrund ist gegen eine Anschaffung von Raumluftfiltern in den pädagogischen Einrichtungen in der knapp 6500 Einwohner großen Stadt.
Mehrheit der Kommunen investiert nicht in Filter
Laut einer Umfrage unserer Zeitung Ende vergangenen Jahres verzichten die meisten Städte und Gemeinden im Landkreis Heilbronn auf mobile Raumluftfilter oder stationäre Raumluftanlagen. Von 55 angefragten Kommunen im Raum Heilbronn und in angrenzenden Landkreisen haben lediglich 21 angegeben, bereits in Raumluftfilter oder -anlagen investiert zu haben. Dabei böten sie aus wissenschaftlicher Sicht einen zusätzlichen Schutz, ist Professorin Jennifer Niessner, Aeorosolforscherin an der Hochschule Heilbronn, sicher.
Eppingen setzt auf Raumluftanlagen
Eppingen setzt auf die große Lösung. Knapp 2,2 Millionen Euro investiert die Große Kreisstadt in stationäre Raumluftanlagen. "Die Mittel hat der Gemeinderat bereits im September freigegeben", sagt Thomas Frey, Leiter des Hochbauamts in der Kraichgaustadt. Dabei sei die Förderkulisse zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht klar gewesen. Mittlerweile kam der Bescheid vom Bund, der 80 Prozent der Kosten im Rahmen seines Förderprogramms übernimmt.
Für Klassenzimmer mit Kindern unter zwölf Jahren
Ausgestattet werden in Eppingen insgesamt elf Schulen. Darunter die Grundschulen ebenso wie in weiterführenden Schulen die Klassenzimmer für Schüler der fünfen und sechsten Klassen sowie die Fachräume, die von den Unterstufen der weiterführenden Schulen genutzt werden. "Das sind in der Summe ungefähr 100 stationäre Raumluftanlagen, sagt Thomas Frey.
Bund und Land fördern Filter und Anlagen
Tatsächlich fördert das Land Baden-Württemberg lediglich Raumluftfilter für Schulen und Kitas. "Dabei gibt es zwei Förderkriterien", sagt Benedikt Reinhard, Sprecher des Landeskultusministeriums. Zuschüsse gibt es für Räume mit Kindern unter zwölf Jahren, wenn die Zimmer schlecht belüftet werden können. Außerdem gibt es einen Fördertopf für Klassenzimmer mit Kindern unter zwölf Jahren auch bei guter Belüftung. Das Land übernimmt bis zu 50 Prozent der Kosten. "Wobei die Förderung auf maximal 5000 Euro pro Luftfiltergerät gedeckelt ist", sagt Reinhard. Das Land fördert darüber hinaus sogenannte CO2-Ampeln, die anspringen, wenn der CO2-Gehalt im Raum zu groß wird.
Eingriff in die Gebäudesubstanz
Außen vor bleibt das Landeskultusministerium dagegen bei der Förderung stationären Raumluftanlagen. An einer solchen Investition beteiligt sich lediglich der Bund im Rahmen der Schulbauförderung und -sanierung. Immerhin handelt es sich bei der Installation von Raumluftfiltern um einen baulichen Eingriff in die Gebäudesubstanz.
"Komfort geht anders"
Dass sich der Eppinger Gemeinderat für diese Variante entschieden hat, begründet der Leiter des Hochbauamts so: "Mit den Raumluftanlagen haben wir ständig frische, virenfreie Luft in den Räumen." Das sorge nicht nur für zusätzliche Sicherheit, sondern fördere auch die Konzentration. Raumluftfilter ersetzten regelmäßiges Lüften. Die Fenster zu öffnen, um Frischluft ins die Klassenräume hereinzulassen sei im Sommer zwar kein Problem, im Winter dagegen schon. "Komfort geht anders", sagt Frey.
Wie es in Güglingen weitergehen wird, ist derzeit offen. Bürgermeister Heckmann hat der Entscheidung des Gemeinderats formal widersprochen. Womöglich hat die Kommunalaufsicht das letzte Wort, ob in Güglingen ein Bürgerentscheid stattfindet oder nicht.
Fördermittel
Bund und Land haben unterschiedliche Förderprogramme für die Anschaffung von Raumluftfiltern aufgelegt. Von den 70 Millionen Euro, die das Land bereit stellt, sind bis Januar knapp 52 Millionen Euro abgerufen worden. Der Bund stellt 26 Millionen Euro bereit. Bis Januar waren 16,5 Millionen Euro abgerufen. Zuschüsse für Raumluftanlagen sind beim Bund im Schulbau- und Sanierungsprogramm angesiedelt.
Kommentare öffnen


Stimme.de
Kommentare