Ampelfrust statt Grüner Welle in Heilbronns Innenstadt
Ohne Ampeln lässt sich innerstädtischer Verkehr nicht regeln. In einer Großstadt wie Heilbronn schon gar nicht. Doch einige Signalanlagen sorgen in der Käthchenstadt bei Fußgängern und Autofahrern immer wieder für Kopfschütteln.

Dazu zählt die Anlage an der Ecke des K3, an der die Paulinenstraße auf die Weinsberger Straße trifft. Hier stehen auf einer Fläche von 20 auf 20 Metern zwölf Ampeln. Ähnlich ist die Situation am Sülmertor, wo die Stadtbahn unter der Bahnlinie hindurch ins Industriegebiet fährt. "In der Innenstadt treffen mehrere Bundes- und Landesstraßen aufeinander, außerdem verkehren zwei Stadtbahnlinien. Die Verkehre müssen an den Knotenpunkten entsprechend abgesichert werden", erklärt Pressesprecherin Suse Bucher-Pinell die Lage.
Tatsächlich stellte der Bau der neuen Stadtbahnstrecken nach Öhringen und Mosbach, die in den Jahren 2005 und 2013/14 eingeweiht wurden, die Stadt vor verkehrstechnisch große Herausforderungen.
In Pforzheim stehen weniger Anlagen
Die Strecken vom Hauptbahnhof über die Harmonie bis nach Öhringen, sowie die Nordlinie über Theaterplatz und Technisches Schulzentrum in Richtung Mosbach mussten neu geschaffen werden, nachdem die alten Straßenbahnlinien 1955 stillgelegt und rückgebaut wurden. Das erklärt zumindest zum Teil die hohe Dichte an Ampeln in Heilbronn.
Zum Vergleich: Die meisten Verkehrssignalanlagen pro Einwohner und Verkehrsnetz stehen nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2018 mit 818 in Stuttgart. Damit kommt in der Schwabenmetropole auf alle 1,86 Kilometer eine Ampel. In Köln steht alle 2,83 Kilometer eine Anlage. Rechnet man das 540 Kilometer lange Straßennetz in Heilbronn auf die Zahl der Ampeln hoch, ergibt sich bei 168 Ampelanlagen im Stadtgebiet eine Dichte von 3,21 Kilometern. Die Stadt Leipzig kommt mit ihren 600.000 Einwohnern auf eine Ampeldichte von 4,18 pro Kilometer. Blickt man auf Pforzheim, so stehen dort bei einer mit 126.000 Einwohner nahezu gleichen Einwohnerzahl wie in Heilbronn (126.500) nur 120 Ampelanlagen.
Schwachstellen von Ampeln
Warum Ampeln bei der Verkehrsregelung so beliebt sind, macht Markus Friedrich klar: "Sie bieten die höchste Leistungsfähigkeit bei der Koordinierung der Verkehrsströme auf kleiner Fläche", so der Stuttgarter Verkehrsexperte. Das liege daran, dass durch Ampeln Fahrzeuge schnell eine Kreuzung passieren könnten und man Extraspuren für Linksabbieger schaffen kann. "Wenn das Verkehrsaufkommen hoch ist, sind Ampeln die beste Lösung", betont der Professor am Institut für Straßen- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart.

Schwachstellen von Ampeln zeigen sich, wenn nur wenig Verkehr herrscht. "Dann kommt es zu zusätzlichen Haltevorgängen", macht Markus Friedrich klar. Lenkungssysteme wie Grüne Wellen schaffen in vielen Fällen Abhilfe. "Bei einer Auslastung von etwa 90 Prozent können verkehrsabhängige Steuerungen die Zahl der Halte durch Anpassung der Grünzeiten reduzieren", stellt Friedrich klar. Bei einer Überlastung der Straßen ist das nicht mehr möglich.
Autofahrer beklagen die Koordination der Ampel-Anlagen
Als Ärgernis in Heilbronn beklagen viele Autofahrer aber gerade die Koordination der Anlagen, in der Innenstadt seit der Einführung von Tempo 40. Wer von der Nordstadt über die Innenstadt nach Sontheim fährt, steht gefühlt an jeder zweiten Ampel. "Auf zentralen ÖPNV-Achsen sind Grüne Wellen nicht jederzeit möglich", erklärt der stellvertretende Leiter des Amts für Straßenwesen Jens Boysen.
Er verweist auf das im Gemeinderat im vergangenen November beschlossene Mobilitätskonzept 2030, das "umweltverbundorientierte Ampelsteuerungen" vorsieht – mit Vorfahrt für den ÖPNV. Eine größere Auswirkung der 2020 mit Blick auf die Luftreinhaltung eingeführten Tempo-40-Regelung in der Innenstadt auf den Verkehrsfluss weist Boysen zurück. "Durch den kurzen Abstand zwischen den Kreuzungen ändert sich die Fahrzeit maximal um eine Sekunde", sagt Boysen.
Dass bei der Beschleunigung auf Tempo 40 im Vergleich zu 50 km/h tatsächlich weniger CO2 und Stickoxide ausgestoßen werden, bestätigt Markus Friedrich. "Bei konstanter Geschwindigkeit von 40 oder 50 ist der Unterschied bei den Emissionen dagegen gering", so der Fachmann. Er empfiehlt deshalb, bei der Geschwindigkeitsumstellung die Grüne Welle anzupassen. "Sonst gibt es zusätzliche Halte", betont der Verkehrsexperte. Das habe die Stadt bereits im vergangenen Jahr getan, stellt Pressesprecherin Suse Bucher-Pinell fest.