Sommerzeit endet: Fragen und Antworten zur Zeitumstellung
Noch bis zum frühen Sonntagmorgen gilt die Sommerzeit. Dann werden die Uhren wieder um eine Stunde zurückgestellt – ein Ritual, das es in Deutschland seit nunmehr 40 Jahren gibt. Dabei wollte die EU doch eigentlich diese zwei Mal jährliche Korrektur der Uhrzeit stoppen. Was ist daraus geworden?

Wird die Uhr vor- oder zurückgestellt?
Am Sonntagmorgen um drei Uhr werden die Uhren um eine Stunde auf zwei Uhr zurückgestellt. Nach der offiziellen Sommerzeitverordnung unterscheidet man die doppelt vorhandene Stunde von 2 bis 3 Uhr als Stunde 2A und 2B. Besonders betroffen sind davon Nachtzüge. Die bleiben für eine Stunde an den Bahnhöfen stehen, weil sie sonst beim nächsten Halt eine Stunde zu früh wären. Die meisten Zeitmesser wie zum Beispiel von Mobiltelefonen oder Computern werden automatisch umgestellt.
Welche Zeit haben wir dann?
Im gängigen Sprachgebrauch wird oft von der Winterzeit gesprochen. Das ist aber ungenau. Von der Sommerzeit kehren wir zur Normalzeit zurück. Erst am Sonntag, den 28. März 2021, um zwei Uhr herrscht zumindest auf unseren Uhren wieder Sommer(zeit).
Die EU wollte diese Dreherei doch beenden. Was ist daraus geworden?
Das stimmt. 2018 hatte der damalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach einer EU-weiten Bürgerbefragung angekündigt, die Umstellung 2021 abzuschaffen. Das Europäische Parlament unterstützte im März 2019 den Vorschlag mit breiter Mehrheit. Im nächsten Schritt hätten sich die Mitgliedstaaten der EU einigen müssen, wer welche Uhrzeit dauerhaft einführen möchte.
Warum ist das so kompliziert?
Zum einen soll verhindert werden, dass jeder macht, was er will und im Binnenmarkt zig verschiedene Zeitzonen gelten. Zum anderen machen sich die Verantwortlichen in den Ländern (in Deutschland ist das Bundeswirtschaftsministerium federführend) Gedanken über die Konsequenzen, die vielen Bürgern nicht passen dürfen.
Welche sind das zum Beispiel?
Bliebe es bei der Sommerzeit auch im Winterhalbjahr würde es in vielen Orten erst im Laufe des Vormittags hell. In Berlin ginge die Sonne beispielsweise erst um kurz vor 10 Uhr auf. Würden wir die dauerhafte Normalzeit einführen, gäbe es im Sommer den gegenteiligen Effekt: In der Bundeshauptstadt würde es bereits um 3.44 Uhr hell, aber abends deutlich früher dunkel. Da erscheint vielen die derzeitige Anpassung der Uhrzeiten immer mehr als die beste Variante.
Haben sich einige Länder schon festgelegt?
Nein. Die meisten Regierungen haben noch keine offizielle Position beschlossen, auch Deutschland nicht. Die Bundesregierung teilte vor wenigen Tagen mit, ihr gehe es vor allem darum, "Zeitinseln" zu verhindern. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Bundesregierung im Laufe ihrer EU-Ratspräsidentschaft das Thema noch einmal aufgreifen will. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission von den Mitgliedstaaten beauftragt wurde, alle Folgen einer dauerhaften Sommer- oder Normalzeit in einer Studie zusammenzustellen. Das ist bisher nicht geschehen.
Stimmt es denn, dass viele Menschen in den Wochen nach der Uhrenumstellung leiden?
Die DAK-Krankenkasse beziffert den Anteil derer, die körperliche oder psychische Probleme haben, nach einer repräsentativen Umfrage auf 29 Prozent. Deshalb, so die Befürworter einer Abschaffung der Uhrenumstellung, sei es richtig, diese zu beenden. Nach einer letzten Eingewöhnungsphase bliebe die Zeit dauerhaft gleich und die Symptome würden nicht wieder auftauchen. Das ist eine der zentralen Fragen, die die Brüsseler Kommission untersuchen soll.
Wie ist man eigentlich auf die Idee gekommen, im Sommer eine andere Uhrzeit einzuführen?
In Europa bekam diese Idee vor allem während der Energiekrise in den 1970er Jahren starken Zulauf. 1980 wurde sie tatsächlich eingeführt. Damals gingen die Experten davon aus, dass man viel Energie sparen könne, wenn man die langen und hellen Sommerabende noch als Bestandteil des Tages nutzen würde. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass dieser Effekt niemals in nennenswertem Umfang eingetreten ist.
Kommentar: Wie viel Uhr ist es?
Zugegeben, die Menschheit hat gerade wichtigere Themen als die Frage, warum wir immer noch zwei Mal im Jahr die Uhrzeit umstellen. Aber wenn die letzten Sonntage im März und im Oktober und damit die Momente nahen, in denen wir auf die sommer- oder die winterliche Normalzeit umstellen, kocht der Ärger wieder hoch: Was soll das? Was bringt das?
Es gibt nur wenige politische Themen, um die mit derartiger Inbrunst gestritten wird. Die EU- Kommission wollte das Thema ein für allemal abräumen, fühlte sich sogar durch eine Bürgerbefragung ermutigt, die gar keine Befragung, sondern ein Forum zur freien Meinungsäußerung blieb. Das Ergebnis zeigte, wie trügerisch Illusionen sein können. Allein der Begriff „lange Sommerabende“ legt nahe, dies werde auch im Winter so sein. Ein Irrtum. Der Sommer wird nicht länger. Und so scheint der Weg, die Uhrenumstellung abzuschaffen, bereits zu Ende, noch bevor er richtig begonnen hat. Was wir heute haben, ist nicht schlecht. Und in jedem Fall besser als alles andere.
Das ist alles noch nicht offiziell. Im Arbeitsprogramm der EU-Kommission Ursula von der Leyen taucht die Abschaffung der Uhrenumstellung weiter auf. Die Bundesregierung hat vor dem Beginn der Ratspräsidentschaft signalisiert, eine andere Zeitregelung habe keine Priorität. Das sind die üblichen Worte, wenn man in der Politik ausdrücken möchte, dass ein Thema als unwichtig gilt. Man wird das Gefühl nicht los, dass nur irgendjemand auf den Tisch klopfen und dazu aufrufen müsste, das Thema zu beerdigen. Demjenigen wäre zweifellos viel Zustimmung garantiert.
Stimme.de