Agri-Photovoltaik-Anlage in Heuchlinger Obstgut der LVWO in Betrieb genommen
Im Obstgut der LVWO in Heuchlingen schützen Solarpaneele Beeren vor Hagel, Starkregen und intensiver Sonneneinstrahlung. Durch die Anlage des Fraunhofer-Instituts wird die Fläche doppelt genutzt. Welche Vorzüge die Anlage in sich vereint und was der Wermutstropfen an der Sache ist.

Mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen gilt gemeinhin als Merkmal von Effizienz. Im Obstgut der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Heuchlingen ist die dritte Agri-Photovoltaik-Pilotanlage des Landes in Betrieb gegangen. Sie besticht durch mehrfache Vorzüge gegenüber dem Freilandanbau oder dem Anbau unter herkömmlichen Folientunneln.
Die Pilotanlage, die vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme projektiert wurde und von dort auch wissenschaftlich begleitet wird, vereint zwei Branchen auf ein und derselben Ackerscholle: Auf einer Fläche von 1700 Quadratmetern wird künftig Beerenobst angebaut.
Da das Feld mit Photovoltaikmodulen (PV) überdacht ist, dient es gleichzeitig der Stromproduktion. Die Anlage erzeugt eine Leistung von 125 Kilowattpeak und deckt laut dem LVWO-Abteilungsleiter Dr. Franz Ruess die Hälfte des Bedarfs der Heuchlinger Agrar-Forschungseinrichtung.
Wie die "positiven Nebeneffekte" aussehen
Positive Nebeneffekte sind der Schutz der empfindlichen Beerenkulturen vor intensiver Sonneneinstrahlung, Hagelschlag und Starkregen. Die Anlage mit einer lichten Durchfahrtshöhe von 2,80 Metern ist in der Lage, Regenwasser auf dem mit PV-Modulen gespickten Dach einzusammeln. Dieses können die Obstbauer zur Bewässerung nutzen. Überschüssiges Wasser wird in einen großen Teich, der auf dem Gelände des Obstguts neu angelegt wurde, gespeichert. In der halbgeschützten Anlage können die Versuchsanbauer zudem neue Kultivierungsmethoden, wie Container-Kultur oder Topfsysteme anwenden.
Der technische Clou: Überschüssiges Gießwasser wird gemeinsam mit überschüssigen Düngemittelgaben aufgefangen und in den Kreislauf zurückgeführt. Somit vermeiden die Anwender der neuen Technologie unerwünschte Einträge von Nitrat in Boden und Trinkwasser. Das Obstgut der LVWO ist zudem in der Lage, überschüssigen Solarstrom mittels eines Tiefkältekollektors zu speichern.
Wie der LVWO-Chef die neue Anlage bewertet
Zur Einweihung der Agri-PV-Pilotanlage waren Landwirtschaftsminister Peter Hauk und die Staatssekretärin im Finanzministerium Gisela Splett erschienen. Hauk betonte, Agri-PV-Anlagen böten den Betrieben auf der Einnahmeseite künftig "ein sicheres Standbein bei volatilen Erzeugerpreisen." Dies sei zum Beispiel bei Banken ein hartes Argument, wenn es um Finanzierungen geht. LVWO-Chef Dieter Blankenhorn sprach von einem "neuen Kapitel, mit dem Ziel, den Obstbau zukunftssicher zu gestalten". Alle Redner lobten die Stadt Bad Friedrichshall, die als Baurechtsbehörde das Projekt unbürokratisch begleitet habe. Bürgermeister Timo Frey sprach von einem Leuchtturmprojekt, das weit über die Region hinaus strahle.
Warum die Anlage so teuer ist
Während die Agri-PV-Anlage gärtnerisch, ökonomisch und ökologisch nur Vorteile zu bieten scheint, haben künftige Nutzer eine Kröte zu schlucken: Die Anschaffungskosten betragen im Vergleich zu modernen Folientunnelsystemen das Fünffache. So hat die Heuchlinger Anlage 350 000 Euro verschlungen. Die Kosten werden je zur Hälfte vom Landwirtschaftsministerium und vom Finanzministerium getragen. Fraunhofer-Projektleiter Oliver Hörnle geht davon aus, dass sich die Anschaffungskosten bei höheren Produktionszahlen künftig relativieren. "Hier stecken überall noch Prototypen drin."
Baubeginn der Heuchlinger Agri-PV-Anlage war im Juli vergangenen Jahres. Die LVWO möchte die Anlage für den Anbau von Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und Stachelbeeren nutzen.