Erster Adventssonntag in diesem Jahr sehr spät: Was sind die Auswirkungen?
Der erste Adventssonntag 2023 steht vor der Tür: am 3. Dezember. Das ist sehr spät – und bringt nicht nur für Kirchen und Gottesdienstbesucher Besonderheiten mit sich.

Advent bedeutet Ankunft. Die Adventszeit bereitet Christen auf die Ankunft von Jesus Christus vor, dessen Geburt Menschen auf der ganzen Welt an Weihnachten feiern. In diesem Jahr besteht eine besondere Konstellation: Der erste Adventssonntag ist am 3. Dezember und vierter Advent erst am 24. Dezember, Heiligabend fällt 2023 also auf einen Sonntag.
Der erste Advent am 3. Dezember – das ist der spätmöglichste Termin für den ersten Adventssonntag. Denn spätestens zum Heiligen Abend, also vor Weihnachten, müssen alle Adventssonntage logischerweise stattgefunden haben. Die Adventszeit ist durch diese Konstellation, die alle paar Jahre mal anfällt, besonders kurz. Besonders lang ist sie dann, wenn der erste Advent auf den 27. November fällt – so wie 2022.
Oft haben die Menschen nach dem vierten Advent noch Zeit für Besorgungen, in diesem Jahr nicht. "Wie stark lassen sich Menschen durch die Tatsache, dass die Adventszeit verkürzt ist, in ein Gefühl von Zeitdruck bringen?", fragt sich deshalb Christoph Baisch, evangelischer Dekan aus Heilbronn, im Gespräch mit der Stimme.
Vierter Advent und Heiligabend am selben Tag: Gottesdienste mit unterschiedlichem Schwerpunkt
Die besondere Konstellation 2023 spielt für ihn theologisch insofern eine Rolle, "dass die Adventszeit ihren eigenen Grundklang hat und der Weihnachtsabend seinen eigenen Grundklang hat". Doch vierter Advent und Heiligabend fallen nun auf den selben Tag. "Es ist ein bisschen schade, weil der Grundton vom vierten Advent nicht auf dem gesamten Sonntag liegt." Spätestens ab den Nachmittag steht der Heiligabend im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Für Gläubige stellen sich ganz praktische Fragen: Besucht man zwei Gottesdienste am selben Tag, einmal morgens zum vierten Advent, einmal später zum Heiligabend? "Manche werden sich überlegen, ob sie das eine oder das andere machen", sagt Dekan Baisch. Am 24. Dezember findet morgens in der Kilianskirche ein zentraler Gottesdienst statt, zu Heiligabend dann auch in den einzelnen evangelischen Gemeinden Heilbronns.
Geistliche sind heuer nochmal mehr gefordert als ohnehin schon in den Weihnachtstagen. "Für alle Pfarrersleute bedeutet so ein gewichtiges Fest eine Hochsaison an Belastung", sagt Baisch. Da es verschiedene Gottesdienstformen gebe, gerne mit Musik- und Kinderprogramm, sei es aber auch sehr reizvoll. Die katholische Kirche in Heilbronn löst die Situation mit dem Sonntag mit doppelter Bedeutung laut Dekan Roland Rossnagel so, dass der vierte Advent bereits am Samstagabend gefeiert wird, am Sonntagmorgen gebe es keine Gottesdienste, erst wieder ab Mittag zur Feier des Heiligen Abends.
Tipp für die stressige Adventszeit: Sich bei Geschenken und den Vorbereitungen nicht unter Druck setzen lassen
"Den ruhigen, besinnlichen Grundton der Adventszeit zu pflegen und dem Gefühl eines Zeitdrucks widerstehen: Das ist dieses Mal vielleicht eine größere Aufgabe als bei anderen Adventszeiten", sagt Baisch. Er empfiehlt, sich nicht unter Druck setzen lassen bei den Themen Geschenke und Weihnachtsvorbereitungen. Und: "Sich in möglichst großer Ruhe Zeit nehmen, um den Kerzenschein am Adventskranz auszukosten."
Den weltlichen Trubel in der Adventszeit stellt Baisch nicht per se infrage. Rund um das Thema Geschenke brauche es eben einen gewissen Betrieb. Der dann ja auch sein Gutes zur Folge hat, wenn man sich "einander eine Freude macht". Auch Weihnachtsmärkte als Begegnungsorte mit besonderer Stimmung, "wo Menschen miteinander im Gespräch sind", seien im Grundsatz etwas Schönes. Vor allem dann, "wenn wir im Bewusstsein behalten, was der Anlass für das Ganze ist". Nämlich das Weihnachtsfest mit Christi Geburt, dessen Vorbereitungszeit am ersten Advent seinen Anfang nimmt.
Auf den zweiten Schwerpunkt des Hochfestes weist Roland Rossnagel hin: die Hoffnung auf eine Wiederkehr Christis, verbunden mit der Hoffnung, die Krisen der Welt mögen sich auflösen. "Da sind wir mittendrin im aktuellen Zeitgeschehen." Eine Zeit von Krieg und Geiselnahme, Leid und Schmerz. "Es geht um die Solidarität mit Menschen, die gerade Leid erfahren." Rossnagel erfährt in Gesprächen, wie es Menschen beschäftigt, dass die Erkenntnis wächst, dass alles mit allem zusammenhängt. "Unsere gesellschaftliche Situation ist komplex. Der Glaube nimmt uns die Komplexität nicht ab, aber macht uns Mut, uns der Komplexität zu stellen, auch wenn wir nicht sofort alles beantworten können."
Gespräche in besonderem Rahmen stehen für katholische Geistliche gerade vermehrt an. Mehr Menschen als im restlichen Jahr möchten laut Rossnagel vor Hochfesten wie Ostern oder Weihnachten die Beichte ablegen. "Sie bereiten sich damit innerlich auf das Geheimnis der Feste vor."



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