Achtung Senioren: Kontenpfändung ist neue Abzockmasche
Das Heilbronner Amtsgericht verurteilt einen Täter, der Hintermännern mit Handynummer und Scheinbriefkästen half. Zwei Jahre Haft sind seine Strafe. Von einer hohen Dunkelziffer der Fälle geht die Staatsanwältin aus.

Es ist eine neue Masche, um bei betagten Menschen Geld zu ergaunern. Statt mit dem Enkeltrick oder einer angeblichen Warnung der Polizei vor einem Einbruch gehen die Täter nun mit einem weiteren Schockauslöser auf Senioren zu.
Vor dem Amtsgericht war gestern ein 34-jähriger Mann aus dem Landkreis Heilbronn angeklagt, der Komplizen in der Türkei beim Bandenbetrug half. Er besorgte den Hintermännern nicht nur eine auf ihn registrierte Mobilfunknummer. Er war auch der Macher, der das abgezockte Geld vor Ort abholen und an die Hintermänner überweisen sollte.
Verunsicherte Senioren sollten Vergleichssumme in bar zahlen, um Pfändung zu verhindern
Der Ansatz: Aus Datenlisten rufen die Drahtzieher Senioren an und geben sich als Mitarbeiter ihrer Bank aus. Sie erzählen in düsteren Farben, dass eine Kontenpfändung bevorstehen würden - und um dies zu verhindern, sollte man die Handynummer einer Rechtsanwaltskanzlei in Berlin anrufen. Hinter der Nummer verbergen sich weitere Täter der Bande, die den verunsicherten Senioren raten, durch eine Vergleichssumme in bar die drohende Pfändung abwenden zu können.
Polizei tauschte Bargeld gegen Papierschnipsel aus
Das Geld sollte an Adressen im Raum Heilbronn per Einschreiben geschickt werden - wo der Angeklagte laut Anklage Scheinbriefkästen unter einem abgesprochenen Namen aufbaute, die Briefe mit dem Bargeld abholte und das Geld an die Chefs überwies. In einem Fall soll er den Namen seines Vaters eingesetzt haben.
Eine 80-Jährige aus Köln schickte so 1090 Euro auf die Reise ins Unterland. Ein 78-Jähriger aus Lübeck hatte 1490 Euro im Kuvert losgeschickt - doch da kamen die Ermittler dem Betrug durch Hinweise noch rechtzeitig auf die Spur, tauschten das Geld gegen Papierschnipsel aus und warteten, bis der Angeklagte den Briefumschlag aus dem Schein-Briefkasten fischte. Pech für ihn: Seine übergebene Handynummer tauchte in vielen angezeigten Verdachtsfällen als zentrale Nummer der Kontaktaufnahme zu den Senioren auf. Für die Polizei war es leicht, ihn zu identifizieren und seine Bewegungen zu überwachen.
Viele Vorstrafen, schlechte Prognose
Über seine Anwältin Tanja Haberzettl-Prach räumte der 34-Jährige die Taten ein. Drogensucht gab seine Anwältin als Motiv an. Dass er da irgendwie "reingerutscht" sei, beim zweiten Fall gar nicht gewusst habe, worum es bei der Briefsendung genau gehe, sagte der Angeklagte am Ende aus. Das nahm Richter Thomas Abt ihm nicht ab. Das Schöffengericht verurteilte ihn wegen bandenmäßigen Betrugs zu zwei Jahren Haft. Zudem wird ein Wertersatz von 1090 Euro angeordnet.
Neun Einträge standen bereits im Vorstrafenregister des Mannes - eine günstige Prognose konnte der Richter da nicht mehr sehen.
Eine große Menge an Fällen nach diesem Tatmuster hat die zuständige Staatsanwältin auf dem Tisch. Viele Versuche blieben jedoch im Versuchsstadium stecken. Die Dunkelziffer sei aber groß - weil Opfer sich schämten oder den Betrug gar nicht bemerkten, sagte sie.

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