E-Scooter-Verleih in Heilbronn: Fast nirgends verlangen Anbieter so hohe Preise
Solo für Tier: Der deutsche Anbieter ist der einzig verbliebene auf dem Heilbronner Markt für Leih-Elektroroller. Das Unternehmen zeigt sich mit dem Geschäft zufrieden, aber Nutzer müssen mehr zahlen als in anderen Städten.

Zeitweise waren es vier, jetzt ist es nur noch einer: Seit September hat das Unternehmen Tier mit Sitz in Berlin den Heilbronner Markt für Leih-Elektroroller für sich allein. Vorausgegangen war die Entscheidung der Stadt, die Zügel anzuziehen – auch, weil sich Beschwerden über wild abgestellte Scooter häuften. Heilbronn regelt seither in einem Vertrag Rechte und Pflichten der Anbieter.
Nur Tier war bereit, die Konditionen zu akzeptieren. Lime, einer der großen Anbieter, winkte ab und zog sich aus Heilbronn zurück. Insbesondere der Punkt, dass die Stadt die Flottengröße einschränken kann, schien Lime nicht akzeptabel.
E-Scooter-Verleih in Heilbronn: Unternehmen zieht positive Bilanz
Tier zieht nun eine positive Bilanz des Engagements. „Mit der Nutzung unseres multimodalen Angebots an E-Scootern und Pedelecs in Heilbronn sind wir sehr zufrieden", sagt Oguzhan Tasli, Regionalmanager Südwestdeutschland. "Die Zahlen zeigen, dass wir mittlerweile ein fester Bestandteil im Mobilitätsmix der Menschen in Heilbronn sind." Binnen drei Jahren in Heilbronn zählt Tier 630.000 Fahrten. 50.000 Nutzer hätten demnach mehr als eine Million Kilometer zurückgelegt. Neben 434 Scootern bietet das Unternehmen in Heilbronn auch 172 Elektrofahrräder an, deren Zahl ab April auf 300 steigen soll.
Preise in Heilbronn sind mit am höchsten bundesweit
Das System beruht auf dem sogenannten Free-Floating-Prinzip: Nutzer suchen per Handy-App ein freies Gerät, schalten es frei und stellen es ab, wo sie wollen - vorausgesetzt, sie halten sich an die Regeln, stellen das Gerät nicht irgendwo quer auf den Gehweg und befinden sich in keiner der zahlreichen Parkverbotzonen. Diese umfassen etwa Parks, Fußgängerzone oder Friedhöfe. Die Stadtteile Biberach, Frankenbach und Kirchhausen wurden in das Geschäftsgebiet aufgenommen. Auch in Neckarsulm ist Tier vertreten.
Günstig ist die Miet-Rollerei nicht. Neben einer Freischaltgebühr von 1,20 Euro sind in Heilbronn für jede Minute Nutzung 27 Cent fällig. Das ist mehr als in fast jeder anderen Stadt, in der Tier aktiv ist. In Stuttgart etwa liegt die Minutengebühr bei 25 Cent. Dort ist der Markt hart umkämpft. Dasselbe gilt aber auch für Saarbrücken oder Kaiserslautern, wo Tier jeweils Solo-Anbieter ist. Im Ludwigsburg wiederum zahlen die Nutzer mit 27 Cent so viel wie in Heilbronn. Eine Fahrt vom Wollhaus zum Hauptbahnhof kostet so um die 2,50 Euro.
Stadt fordert Gebühr für jeden Scooter: Experte kritisiert Strategie
Bestandteil des Vertrags mit der Stadt ist, dass Tier für jeden Scooter 12,50 Euro pro Jahr für die Nutzung des öffentlichen Raums an die Kommune zahlen muss. Diese Strategie hatte Experte Semih Severengiz im Gespräch mit der Stimme als "völlig falschen Ansatz" kritisiert. "Die Anbieter müssen wirtschaftlich arbeiten können", sagte der Wissenschaftler, der für die Hochschule Bochum und die Deutsche Energie-Agentur eine Studie über "Potenziale von E-Scootern für eine nachhaltigere, urbane Mobilität" mitverfasst hat.
Die Stadt berichtet auf Nachfrage, es gebe weiter Meldungen wegen "unsachgemäß abgestellter Fahrzeuge", beobachtet aber auch, "dass die Zahl der abseits des Weges abgestellten Scooter und Fälle von Vandalismus stark gesunken sind". Wenn es in sensiblen Bereichen wie vor Schulen Beschwerden gebe, würden die Parkverbotszonen erweitert.