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"Qualität auf Talfahrt" – verheerendes Zeugnis für Bahnverkehr in der Region

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Die neue Qualitätsrangliste des Landes stellt wichtigen Bahnstrecken im Raum Heilbronn ein verheerendes Zeugnis aus. Die Betreiber verweisen auf die marode Infrastruktur und viele Baustellen.

Regionalzüge im Hauptbahnhof Heilbronn: In der Qualitätsliste des Landes schneidet die Frankenbahn schlecht ab.
Regionalzüge im Hauptbahnhof Heilbronn: In der Qualitätsliste des Landes schneidet die Frankenbahn schlecht ab.  Foto: Seidel, Ralf

Das jetzt veröffentlichte Ranking des Landesverkehrsministeriums zeigt den Zustand im zweiten Halbjahr 2023 und nimmt den regionalen Schienenverkehr in Baden-Württemberg unter die Lupe, unterteilt in 32 Netzabschnitte. Dabei geht es um Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Zufriedenheit der Fahrgäste. 

Qualitätsrangliste des Landes: Fiasko für regionale Bahnlinien

„Die Qualität im Schienenpersonennahverkehr ist bedauerlicherweise weiterhin auf Talfahrt", zog Verkehrsminister Winfried Hermann diese Woche ein ernüchtertes Fazit. Auf vielen Verbindungen sind die Werte gegenüber dem vorangegangenen Halbjahr noch einmal schlechter geworden. "Ein indiskutables Baustellenmanagement der DB InfraGo, ein überaltertes und marodes Schienennetz, zu wenig Personal sowie Züge, die regelmäßig nicht oder mit weniger Sitzplätzen als geplant und vom Land bestellt verkehren – all das macht den Fahrgästen massiv zu schaffen", zählt Hermann auf, was aus seiner Sicht die Gründe für die Misere sind. 

Besonders schlecht fällt das Zeugnis für Verbindungen auf der sogenannten Frankenbahn aus. Das von der landeseigenen SWEG betriebene Netz Neckartal, zu dem die Verbindung von Tübingen über Stuttgart nach Heilbronn und Osterburken zählt, landet unter 32 Netzen auf dem vorletzten Platz.

Im Halbjahr zuvor war es sogar Schlusslicht im Ranking. Nur zwei von drei SWEG-Zügen in diesem Netz schaffen es, mit weniger als vier Minuten Verspätung ins Ziel zu kommen. Ähnlich schlecht schneidet der Betreiber Go-Ahead mit seinem Netz Franken/Enz auf Rang 29 ab, darunter der Regionalexpress von Stuttgart über Heilbronn nach Würzburg. 

Schlechtes Zeugnis für Bahnverkehr: Unternehmen fehlen Mitarbeiter

Das Ergebnis sei "sehr unbefriedigend", kommentierte eine SWEG-Sprecherin auf Stimme-Anfrage. Baustellen, Schäden an der Infrastruktur "sowie die hohe Trassenauslastung, die kleinste Verzögerungen bestraft", sind laut SWEG die Hauptgründe. Gerade rund um die Landeshauptstadt, wo im Zuge von Stuttgart 21 digitale Signaltechnik eingebaut wird, häuften sich die Baustellen. Hinzu komme, dass Mitarbeiter fehlten. Dem begegne die SWEG mit einer  "umfangreichen Personalkampagne". 

Ähnlich fällt die Reaktion von Go-Ahead aus, neben der SWEG zweiter Bahnbetreiber auf der Frankenbahn. Alle Linien über den Stuttgarter Hauptbahnhof schnitten wegen der Bauarbeiten schlecht ab, heißt es in einer Stellungnahme. Für die Frankenbahn gebe es  "seit Jahrzehnten keine klare Perspektive", kritisiert das Unternehmen. "Die Infrastruktur der Strecke ist überaltert und sehr störanfällig. Zu einer wirklichen Modernisierung und einem Ausbau auf ein zeitgemäßes Niveau kann sich der Eigentümer Bundesrepublik bisher leider nicht durchringen."

Die Deutsche Bahn betont, für eine leistungsstarke Infrastruktur seien Baustellen und Investitionen unerlässlich.  "Das Schienennetz ist zu alt, zu voll und zu störanfällig", so eine Bahnsprecherin auf Anfrage. "Deshalb müssen wir aktuell auch kurzfristig Baustellen einrichten." 

Frankenbahn-Gipfel ohne konkrete Ergebnisse

Im Mai 2023 hatten sich Vertreter aus Bund, Land und Region zum sogenannten Frankenbahn-Gipfel getroffen. Eine Studie zeigt auf, wie  die Strecke schrittweise besser werden könnte. Landrat Norbert Heuser, regionaler Koordinator des Megathemas, bezeichnete den Gipfel jüngst als "wichtige Grundlage", konkret passiert ist seither jedoch wenig. Bahnexperte Gerhard Schnaitmann bilanzierte jüngst gegenüber der Stimme sogar: „Wieder ein Jahr, in dem sich rein nichts für die Frankenbahn getan hat.“

Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) in der Region sieht durch das Ranking "schlimmste Befürchtungen" bestätigt. „Es ist offensichtlich, dass die Region und der regionale Bahnverkehr immer mehr unter der Baustelle Stuttgart 21 und vor allem unter den unterlassenen Investitionen in die regionale Infrastruktur wegen Stuttgart 21 leiden", sagt VCD-Vorstand Hans-Martin Sauter.

Besser schnitten in der Rangliste die von der Albtal-Verkehrsgesellschaft betriebenen Stadtbahnnetze ab. Das Netz mit der S4 von Öhringen über Heilbronn und Eppingen nach Karlsruhe landet auf Platz 7, die Heilbronner Stadtbahn Nord auf Rang 10. Den Mittelfeld-Platz 16 gibt es für die Deutsche Bahn für den Abschnitt, zu dem die Westfrankenbahn von Heilbronn über Öhringen nach Schwäbisch Hall gehört. 

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