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Nach Flucht vor Polizei
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Spektakulärer Unfall in Heilbronn – „Wieso klaut einer so ein auffälliges Auto?"

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Mit einem gestohlen gemeldeten Mercedes SL 55 AMG verursacht ein bislang Unbekannter am Wochenende einen heftigen Unfall in Heilbronn. So hat der Autobesitzer die Situation erlebt.


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Der Mercedes SL 55 AMG von Andreas Bokma hat vor wenigen Tagen in der Region großes Aufsehen erregt. Der Wüstenroter meldet das Auto am Samstagmorgen als gestohlen, keine 24 Stunden später ist der Roadster Schrott. Der bislang unbekannte Fahrer verursacht bei seiner Flucht vor der Polizei in Heilbronn einen schweren Unfall mit hohem Sachschaden. Am Freitagabend habe der Roadster noch in seiner Auffahrt gestanden, erklärt Bokma.

Zeugen bemerken auffälligen Mercedes-Fahrer und alarmieren Polizei – spektakuläre Flucht und Unfall in Heilbronn

Einem Zeugen fällt das Auto am Sonntagmorgen gegen 2 Uhr in Obersulm-Willsbach auf. Der Mercedes-Fahrer habe immer wieder stark abgebremst. Beim Abbiegen sei es beinahe zum Zusammenstoß mit dem Auto des Zeugen gekommen. Er merkt sich das Nummernschild und ruft bei der Polizei an. So erklärt es ein Sprecher des Präsidiums Heilbronn. Die Beamten seien mit mehreren Streifen ausgerückt.


Autodiebstahl in Wüstenrot: Besitzer hatte 15.000 Euro in Mercedes gesteckt

Eine Woche nach dem gemeldeten Diebstahl stellen sich zunehmend Fragen. Der Roadster ist in Wüstenrot bekannt. Die Menschen dort erkennen das Auto allein am Sound. Bokma sagt, dass der Mercedes SL 55 AMG sein Traumauto gewesen sei. 15.000 Euro habe er in das Auto gesteckt. Gehegt und gepflegt habe er es. Frischer Lack. „Allein die Felgen haben 5000 Euro gekostet.“ Ein Cabrio mit festem Dach, erst 90.000 Kilometer gefahren, etwa 20 Jahre alt, durch den eingebauten Kompressor sei das Auto „eine brachiale Naturgewalt“. Vieles sei vom TÜV einzeln abgenommen worden. Ein Unikat.

Das Haus, in dem Bokma lebt, steht in einer ruhigen Wohngegend, abseits der Hauptstraße. Weder er noch sein Vater, dessen Schlafzimmer im Erdgeschoss direkt in Richtung der Einfahrt liege, hätten bemerkt, dass das Auto weggefahren worden sei. „Auch die Nachbarn haben nichts mitbekommen,“ sagt Bokma. Er sagt, seine Vermutung sei: Das Auto könnte mit einem Kran auf einen Transporter aufgeladen worden sein. Sollte es so gewesen sein, wieso bekommt das niemand mit? Nicht die einzige Unklarheit.

So sah der Mercedes mit offenem Dach vor dem Unfall aus (großes Foto). Nach dem Unfall in Heilbronn ist das Fahrzeug nur noch Schrott.
So sah der Mercedes mit offenem Dach vor dem Unfall aus (großes Foto). Nach dem Unfall in Heilbronn ist das Fahrzeug nur noch Schrott.  Foto: Bokma (großes Foto), Kümmerle (kleine Foto), Montage.Stimme.de

Das Auto wird Bokma zufolge in der Nacht auf Samstag gestohlen. „Wieso klaut einer so ein auffälliges Auto? Der hat doch eine Macke“, antwortet er. Feinde habe er keine, ihm sei in letzter Zeit niemand hinterhergefahren, Käuferanfragen habe es keine gegeben. Er sagt, dass er am Freitag noch Getränke gekauft habe. Die Kisten habe er im Kofferraum und auf dem Beifahrersitz des Zweisitzers abgestellt. „Der Dieb muss allein gewesen sein.“ Wie ist der zu Bokmas Haus gekommen? Der 61-jährige Wüstenroter zuckt mit den Schultern.

Kickboxer mit Kontakt ins Rotlichtmilieu: Autobesitzer mit ungewöhnlichem Lebensweg 

Der Lebensweg Bokmas ist eher ungewöhnlich. Automechaniker habe er gelernt, er sei Spediteur gewesen, Lackierer, Disponent, er habe auf dem ehemaligen Schrottplatz seines Vaters gearbeitet. Er sei Kickboxer gewesen, habe Kontakte ins Rotlichtmilieu gehabt, habe eine Diskothek in Heilbronn besessen und eine Zeit lang im luxuriös ausgebauten Lastwagen gelebt. 2021 nimmt sein Leben eine drastische Wende. Der einstige Sportler wird schwer krank, entkommt dem Tod um Haaresbreite, sagt er. Seither nimmt er sehr starke Medikamente, benötigt Sauerstoff.

Diesen Monat passiert etwas Ungewöhnliches. Bokmas Kfz-Versicherung, die den fälligen Beitrag monatlich von seinem Konto abbucht, habe im Oktober nicht abbuchen können, erklärt er. Die Folge: Der Betrag sei als Rückläufer zurückgebucht worden. Die Versicherung meldet sich bei Bokma und weist ihn auf die ausgebliebene Zahlung für den Oktober hin.

Ermittlungen

In der Nacht auf Sonntag versucht die Polizei in Ellhofen den Mercedes-Fahrer zu kontrollieren. Der beschleunigt und fährt auf die Streife zu, die weicht aus. Kurz vor Heilbronn rammt er einen Streifenwagen, danach fährt er auf einen weiteren entgegenkommenden Streifenwagen zu. In der Paul-Göbel-Straße kollidiert der Mercedes-Fahrer schließlich mit zwei parkenden Autos. Verletzt steigt der Fahrer aus und ist seither auf der Flucht. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn prüft eine mögliche Tötungsabsicht.

Unfall in Heilbronn: Gesamtschaden beträgt laut Polizei etwa 100.000 Euro

Nach Schätzungen der Polizei beträgt der Schaden etwa 100.000 Euro. Neben dem AMG-Mercedes und den drei am Unfallort beschädigten Autos, werden bei der Flucht auch mehrere Streifenwagen beschädigt. Zunächst fürchtet Bokma, dass seine Kfz-Versicherung möglicherweise nicht einspringen könnte, obwohl er den schuldig gebliebenen Betrag nachbezahlt habe. Die Versicherung habe ihm gegenüber bereits signalisiert, dass der Schutz gewährleistet sei, erzählt er.

Eine Sprecherin des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) erklärt auf Nachfrage, dass ein säumiger Zahler zunächst angemahnt werde. „Auf den Versicherungsschutz wirkt sich das nicht aus. Der bleibt bestehen.“ Wobei sich diese Frage möglicherweise ohnehin nicht stellt. Denn sollte nachgewiesen werden können, dass der Fahrer den Schaden fahrlässig verursacht habe, würde die Haftpflichtversicherung nicht einspringen, wie eine GDV-Sprecherin anfangs der Woche bereits erklärte.

Polizei besucht Wüstenroter kurz nach dem Unfall in Heilbronn

Wenige Stunden nach dem Unfall fährt eine Streife des Polizeipräsidiums Heilbronn bei Bokma vor und informiert ihn über den Unfall. Ein Beamter, so beschreibt es der Wüstenroter, soll ihm zugerufen haben, er solle es doch zugeben und die Wahrheit sagen. „Ich wusste nicht, auf was er hinauswill“, sagt er. Eine Streife sei bei Bokma gewesen, erklärt ein Polizeisprecher. Ob die Beamten sich auch so geäußert haben, könne er nicht bestätigen. Eine solche Ansprache entspreche nicht dem üblichen Vorgehen der Polizei.

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