Unabhängig von der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht besteht auch jetzt weiterhin das Recht, den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen gemäß Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes zu verweigern. Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen.
Pflichtmusterung ab Jahrgang 2008: Schüler haben dazu unterschiedliche Meinungen
Die neue Regelung für die Jahrgänge ab 2008 ruft unterschiedliche Reaktionen in der Region hervor. Während manche die Pflichtmusterung „nervig“ finden, sehen andere darin einen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit.
Ben Gaugel aus Michelbach am Wald hat eine klare Meinung zur geplanten Pflichtmusterung ab dem Jahrgang 2008: „Ich finde es gut, dass man am Ende nicht dazu gezwungen wird, zur Bundeswehr zu gehen oder eben Zivildienst zu leisten“, sagt der Schüler am Hohenlohe-Gymnasium Öhringen.
Er ist Jahrgang 2009 und sagt: „Es ist trotzdem nervig, sich verpflichtend mustern lassen zu müssen und einen Fragebogen auszufüllen“. Er findet, der Wehrdienst sollte „ohnehin mehr auf Freiwilligkeit beruhen und weniger auf Zwang“. Er hat eine Idee: „Das Angebot des FSJ oder der Bundeswehr sollte mit staatlicher Förderung attraktiver gestaltet werden und nicht erzwungen“. Ein FSJ könnte er sich für sich persönlich auch gut vorstellen.
„Pflichtmusterung geht in Ordnung, solange man den Wehrdienst verweigern kann.“
Zwei Jahrgänge jünger ist Christian Canz aus Öhringen. Auch er besucht das Hohenlohe-Gymnasium und sagt: „Eine Pflichtmusterung wäre für mich zwar schon grenzwertig, ginge aber so lange in Ordnung, wie man den Wehrdienst verweigern kann.“
Der 14-Jährige sagt: „Alles andere wäre für mich ein Angriff auf die eigene Freiheit“. Er würde dann auf jeden Fall verweigern, da er es sich weder vorstellen könne, zur Waffe zu greifen, noch halte er irgendetwas von einem Wehrdienst oder einer Wehrpflicht, „da ich es nicht einsehe, mein Leben für den Staat, in dem ich geboren wurde, zu riskieren.“
Die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands müsse gewährleistet sein
Die Musterungspflicht hält Elias Walch für sinnvoll. Schließlich müsse angesichts der aktuellen politischen Entwicklung auch die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gewährleistet sein. Der 16-Jährige aus Widdern-Unterkessach könnte es sich vorstellen, im Falle einer Tauglichkeit zur Bundeswehr zu gehen: „Dort lernt man Gemeinschaftssinn, Teamwork und Verantwortung – das kann man in vielen Bereichen des Lebens gut gebrauchen“, berichtet der Zehntklässler des Jagsttal-Gymnasiums in Möckmühl.
„Ehrlich gesagt bin ich etwas froh, nicht selbst betroffen zu sein“, sagt Manuel Bleymeyer aus Leingarten. Der 18-jährige Schüler, Jahrgang 2007, ist aufgrund seines Alters der verpflichtenden Musterung knapp „entkommen“. Dass auch ihn die Wehrpflicht treffen könnte, war seit Ende August – nach den ersten Überlegungen der Bundesregierung – immer wieder Thema. „Ich hätte mich nicht geweigert hinzugehen, wenn ich gemusst hätte.“ Denn Bleymeyer erkennt: „Angesichts der aktuellen Lage in Europa und der Welt ergibt eine Vormusterung schon Sinn, falls die Bundeswehr Personal braucht.“

Manche junge Männer finden das neue Wehrdienstgesetz „cool“, andere nicht
Den beiden angehenden Abiturienten des Justinus-Kerner-Gymnasiums Weinsberg, Sandro Esslinger (17) und Max Kehnel (17), ist bei dem Gedanken an das neue Wehrdienstgesetz mit Musterung aller jungen Männer ab Jahrgang 2008 sowie einer eventuellen Einberufung per Los zum Wehrdienst nicht ganz wohl. „Ich werde nach dem Abitur ein duales Studium bei Lidl machen und hoffe, dass ich anschließend übernommen werde“, berichtet Sandro Esslinger.
Er finde es interessant, dass das Gesetz so überraschend gekommen sei, und habe es zuerst in den sozialen Medien gesehen, erklärt der Weinsberger. In Hinblick auf seine berufliche Ausbildung werde er sich aber nicht freiwillig zum Wehrdienst melden. „Ich fühle mich unwohl bei dem Gedanken an Gewalt und Waffen“, erklärt der angehende Abiturient. Ein paar seiner Freunde würden das neue Wehrdienstgesetz „ganz cool“ finden.
Bundeswehr zwar interessant und notwendig, töten ist aber „nicht gut“
Max Kehnel aus Affaltrach hat vier ältere Geschwister. „Ich bin der Einzige in meiner Familie den das neue Wehrdienstgesetz betrifft“, erzählt Kehnel. Er finde die Bundeswehr zwar interessant und notwendig. Es sei grundsätzlich gut, dass der Wehrdienst wieder ins Gespräch komme. „Aber ich finde das Ziel, andere Menschen zu töten nicht gut“, so der Schüler. Er befürchte, wenn es zum Krieg komme, und er war bei der Bundeswehr, werde er gleich eingezogen. „Ich würde lieber Zivildienst machen“, lautet Kehnels persönliche Alternative. ibo, hag, ben, dö
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