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Neue Regeln für Altkleider zeigen in der Region Heilbronn kaum Wirkung

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Seit Januar dürfen saubere Textilien dürfen nicht mehr im Hausmüll entsorgt werden – kontrolliert wird das jedoch nicht. Für Verbraucher ändert sich prinzipiell nichts, doch die Verwirrung um die neue Richtlinie ist groß.  

Altkleider
Altkleider  Foto: Fotoschlick

Das ausgediente Top, die zu kleine Jeans oder die aus der Mode gekommenen Stiefel: Viele Altkleider und -textilien scheinen wertlos, sind in der Abfallverwertung jedoch ein wertvoller Rohstoff. Dennoch landen sie oft im Restmüll – obwohl sie recycelt werden könnten.

Seit Januar 2025 gilt daher die sogenannte Getrenntsammlungspflicht für Alttextilien. Nur verschmutzte oder nasse Textilien, Schuhe sowie Stoff- und Wollreste dürfen weiterhin im Restmüll entsorgt werden. Saubere und trockene Altkleider dürfen nicht mehr über den Hausmüll oder Recyclinghöfe entsorgt werden, sondern sollen in Altkleidercontainern gesammelt werden. Dadurch soll nach und nach mehr Müll vermieden, und es sollen mehr Textilien recycelt werden. Zudem soll die Alttextilsammlung nicht mit verschmutzten oder zerschlissenen Textilien belastet werden, die hohe Kosten für kommunale und gemeinnützige Sammlungen verursachen, so die Hoffnung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).

Vorgabe galt schon vorher

Für Verbraucher ändert sich durch die neue EU-Richtlinie prinzipiell nichts, informiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen stellvertretend für ihr baden-württembergisches Pendant. Die Vorgabe legt lediglich fest, was bisher schon galt.

Eine Verbesserung hat die Regelung offenbar auch noch nicht bewirkt, im Gegenteil: Die Entsorgungsbetriebe der Stadt Heilbronn stellen in Rücksprache mit dem Entsorgungsunternehmen Torun-Tex, das die bedarfsgerechte Entsorgung und Verwertung im Stadtkreis übernimmt, fest, dass der Anteil an beschädigten, unbrauchbaren Textilien, die über die Container entsorgt werden, erheblich zugenommen hat. Insbesondere kaputte Schuhe landen in den Sammelcontainern, berichtet Markus Hohmann, Abteilungsleiter für Abfallwirtschaft bei den Entsorgungsbetrieben Heilbronn.

Die Marktlage bei der Textilverwertung hat sich geändert, der Markt ist übersättigt. Firmen haben Probleme, Kleider in die Verwertung zu geben.
Die Marktlage bei der Textilverwertung hat sich geändert, der Markt ist übersättigt. Firmen haben Probleme, Kleider in die Verwertung zu geben.  Foto: Fotoschlick/stock.adobe.com

„Durch die medialen Berichte wurden seit Inkrafttreten der EU-Richtlinie mehr beschädigte und nicht mehr nutzbare Altkleider über die Altkleidercontainer entsorgt“, bestätigt auch Harry Keppele, Fachbereichsleiter Sammlung und Verwertung bei der Abfallwirtschaft des Landkreises Heilbronn.

Entsorgungsbetriebe leisten noch keine Kontrollen der Restmüllbehälter

Allerdings kontrollieren die Entsorgungsbetriebe noch keine Restmüllbehälter auf deren Inhalt oder darauf, ob brauchbare Kleidung darin landet. „Die Sortierung und die Einschätzung, inwieweit das Kleidungsstück noch weiter verwendbar ist, bleibt dem Sortierenden überlassen“, sagt Markus Hohmann. Auch der Landkreis führt keine systematischen Kontrollen der Restabfallbehälter durch. „Aber offenkundig falsch befüllte Behälter werden im Rahmen der Sammlungen beanstandet“, ergänzt Keppele. Generelle Bußgelder bei falsch entsorgten Altkleidern errechnen sich im Einzelfall anhand der jeweils entsorgten Mengen. Bei einzelnen Kleidungsstücken betragen sie etwa 25 bis 75 Euro, bei Mengen über zwei Kilogramm können es zwischen 75 und 500 Euro sein.

Was mit Altkleidern aus Containern passiert

Alttextilien aus Containern werden dagegen in Sortieranlagen getrennt. Was wiederverwendet werden kann, verkaufen Entsorgungsunternehmen wie beispielsweise Torun-Tex nach eigenen Angaben in über 20 Länder weltweit weiter. Am Tag, schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite, kommen an 2000 Sammelstellen etwa 100 Tonnen Alttextilien zusammen. Dabei liegt der Anteil der noch tragbaren Kleidung bei gerade einmal 30 bis 40 Prozent. Was an gebrauchten Textilien aus Altkleidercontainern jedoch nicht mehr verwendet oder weitergegeben werden kann, wird industriell zu Putzlappen oder Dämmstoffen verwertet.

Bisher galt das Geschäft mit der Altkleiderverwertung als lukrativ, doch die Marktlage hat sich mittlerweile geändert: Gerade für minderwertige Textilien – „Ultra Fast Fashion“, meist aus China – die oft kaum recycelbar sind, finden sich immer weniger Abnehmer. Die bestehenden Recyclingkapazitäten sind ausgelastet, die Nachfrage nach Dämmstoffen ist gesättigt. „Die verschiedenen Firmen haben allgemein massiv Probleme, Kleider in die Verwertung zu geben“, schreibt das Landratsamt.

Container sollen ausreichen

Braucht es wegen der Getrenntsammlungspflicht nun mehr Altkleidercontainer-Standorte, um einem erhöhten Bedarf nachzukommen? Nein, sagt Markus Hohmann. Die derzeit rund 190 Sammelcontainer an 102 Standorten (ohne Recyclinghöfe) reichten aus, um weiterhin eine „flächendeckende, haushaltsnahe Sammlung von Alttextilien“ zu gewährleisten. Jedoch seien an einigen Containerstandorten immer wieder verbotene Abfallablagerungen zu beobachten. Deshalb werden alle Containerstandorte mindestens einmal wöchentlich, bei Bedarf auch öfter, gereinigt.

Der Landkreis Heilbronn hat derweil 260 eigene Kleidercontainer auf den Recyclinghöfen und auf offenen Containerstandplätzen aufgestellt. Insgesamt stehen mehr als 320 Kleidercontainer kreisweit zur Verfügung.

Altkleider-Container wie dieser in der Heilbronner Olgastraße quellen oft über. Mit der neuen EU-Verordnung könnte sich das Problem verstärken.
Altkleider-Container wie dieser in der Heilbronner Olgastraße quellen oft über. Mit der neuen EU-Verordnung könnte sich das Problem verstärken.  Foto: Markus Merz
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