Nachts Tempo 30 statt Tempo 60 in Neckarsulm: Das ist dran an den B27-Plänen
Tempo 30 auf der B27, um Anwohner zu schützen: Das ist Teil eines Lärmaktionsplans, den Neckarsulm vorgestellt hat. Doch werden die Maßnahmen auch umgesetzt? Es bestehen Zweifel.
Der Lärmaktionsplan für Neckarsulm fordert Tempo 30 auf der B27 in den Nachtstunden. Ab 22Uhr bis 6 Uhr morgens soll zwischen der Neuenstädter Straße/Spitalstraße und dem Amorbachknoten langsamer gefahren werden – aktuell gilt dort Tempo 60. Damit sollen die unmittelbaren Anwohner auf der Viktorshöhe und im Neuberg besser geschützt werden.
Tempo30 auf B27 in Neckarsulm? Anwohner müssen besser geschützt werden
Der Verkehr macht nämlich krank: Vor allem nachts werden die Grenzwerte überschritten. Auf mehr als 17 Prozent der Fläche treten gesundheitskritische Lärmbelastungen auf. „Erhöhten Lärmbelastungen“ sind an den Hauptverkehrsstraßen im Untersuchungsgebiet tagsüber 2200 und nachts 3306 Personen ausgesetzt.
Davon erfahren insgesamt 699 beziehungsweise 1057 Menschen nachts sogar Belastungen, die zu Bluthochdruck, Herzinfarkten, Schlafstörungen, Hörschäden und psychischen Problemen wie Depressionen führen können.

Planer Uwe Zimmermann aus Haßmersheim hat aber erhebliche Zweifel, ob die im Lärmaktionsplan vorgestellten Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden. Lärmschutzwände an der Autobahn am Südwestrand von Neckarsulm sowie die Erhöhung und Verlängerung der Lärmschutzwände zwischen der Autobahn-Anschlussstelle Heilbronn/Neckarsulm sowie der Sulmbrücke müssten vom Bund gebaut werden.
Lärmschutz nur freiwillig? Stadt Neckarsulm will das einklagen
„Es gibt die Pflicht, eine Lärmschutzstrategie umzusetzen“, stellte Zimmermann fest. Er habe aber bei den Stellungnahmen der Autobahn GmbH eine „fachliche Inkompetenz“ festgestellt. Zum Beispiel wird behauptet, dass ein Tempolimit auf der A6 gefordert wird – was aber gar nicht als Maßnahme aufgeführt wird. „Dies würde aufgrund des sehr hohen Schwerlastverkehrsanteils auf der Autobahn – insbesondere bei Nacht – lediglich geringe Auswirkungen haben.“
Manche Hinweise der Autobahn GmbH seien „schlichtweg falsch und fachlich überholt“, stellte Zimmermann fest. Gravierender sei allerdings, dass die geforderten Lärmschutzmaßnahmen wie die Erhöhung der Gabionen und Wälle abgelehnt werden, weil „kein Rechtsanspruch“ bestehe. „Es handelt sich um eine freiwillige Leistung des Straßenbaulastträgers“, so die Begründung.
Im Gemeinderat bezweifelte Robert Lehleiter (CDU) „die Notwendigkeit des Lärmaktionsplans, wenn andere die Umsetzung nicht sehen. Wenn wir den Lärmaktionsplan ernst nehmen, können wir das nicht hinnehmen.“ Dass auch Lärmschutz an der B27 mit Hinweis auf den alsbaldigen Ausbau vom Regierungspräsidium abgelehnt wird, sei kontraproduktiv. „Ich bin mir sicher, dass eine Tunnellösung noch Jahrzehnte dauern wird.“
Tempo 30 auf der B27 in Neckarsulm lässt sich schnell umsetzen
Sinnvoll sei es jedoch, dass nächtens die Geschwindigkeit reduziert wird. Tempo 30 würde den lärmgeplagten Anwohnern im nördlichen Teil der B27 eine Erleichterung bringen. Diese Maßnahme lasse sich auch im Gegensatz zu den anderen Vorschlägen schnell umsetzen. „Da müssen nur ein paar Schilder aufgebaut werden“, betonte der Fachplaner Zimmermann.
Da sowohl die Autobahn GmbH als auch das Regierungspräsidium die Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen nicht als ihre Aufgabe anerkennen, hat der Gemeinderat beschlossen, dass die Stadtverwaltung rechtliche Schritte einleiten soll. Die Aufstellung eine Lärmaktionsplans sei nicht nur eine „Fingerübung“. Vielmehr müssen Maßnahmen umgesetzt werden, wenn die Belastung im gesundheitskritischen Bereich ist.
Nicht nur „Fingerübung“: Lärmschutz ist gesetzlich vorgeschrieben
Daher wolle man nach angemessener Frist zur Kenntnisnahme der übergeordneten Behörden die aufgeführten Maßnahmen wie Lärmschutzwände und lärmmindernde Fahrbahnbeläge sowohl an und auf der Autobahn als auch der B27 gegebenenfalls juristisch einklagen.
Auch das nächtliche Tempolimit auf der B27 soll schnellstmöglich umgesetzt werden. Um den Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen, hat der Gemeinderat mit knapper Mehrheit beschlossen, innerstädtische Maßnahmen wie den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder der Radwege aus dem Lärmaktionsplan zu streichen. Dies habe man zum Beispiel mit dem elektrisch betriebenen City-Hopper schon getan, daher müsse man die Maßnahme nicht noch einmal extra aufführen.