Stimme+
Neues Feuerwehrhaus in Weinsberg
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Nach zwei Jahren Bauzeit ist das Mammutprojekt Feuerwehrhaus in Weinsberg fertig

   | 
Lesezeit  4 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Freude über die Fertigstellung des neuen Domizils in Weinsberg ist groß. Es macht sich aber auch Erleichterung breit. Es war keine einfache Baustelle: Vom Baustopp bis zum Nachspiel vor Gericht.

Der rote Übungsturm sticht als Farbtupfer aus dem 5300 Quadratmeter großen Areal hervor und bildet einen Kontrast zur anthrazitfarbenen Fassade des Feuerwehrhauses. Die Rampe führt in die Tiefgarage.
Der rote Übungsturm sticht als Farbtupfer aus dem 5300 Quadratmeter großen Areal hervor und bildet einen Kontrast zur anthrazitfarbenen Fassade des Feuerwehrhauses. Die Rampe führt in die Tiefgarage.  Foto: Ralf Seidel

Es ist vollbracht: Nach rund zwei Jahren Bauzeit ist das neue Domizil der Feuerwehr-Abteilung Weinsberg fertig. Am 7. Februar wird das bisher größte Einzelprojekt der Stadt mit einem Volumen von 22,3 Millionen Euro inklusive Grundstück eingeweiht. In den kommenden Wochen erfolgt der Umzug. Das wird ein festlicher Akt, wollen doch die Frauen und Männer der knapp 70 Köpfe starken Truppe von der Leiblingstraße durch die ganze Stadt in das Gebiet „Spitzäcker II“ am Ortsrand nahe der Haller Straße marschieren. Der Standort liegt verkehrsgünstig nahe der B39 und der Autobahn – beides auch Einsatzgebiete der Weinsberger Feuerwehr.

So groß die Freude bei den Aktiven und der Jugendfeuerwehr über ein modernes und funktionales Domizil ist, so groß dürfte die Erleichterung bei der Stadtverwaltung sein. Denn beim Großprojekt lief nicht alles reibungslos – und es wird noch ein Nachspiel vor Gericht geben.

14 Stellplätze bietet die Fahrzeughalle für die Einsatzwagen und Abrollbehälter. Die Dimension ist riesig mit 82 Metern länge, 23 Metern tiefe und acht Metern Höhe.
14 Stellplätze bietet die Fahrzeughalle für die Einsatzwagen und Abrollbehälter. Die Dimension ist riesig mit 82 Metern länge, 23 Metern tiefe und acht Metern Höhe.  Foto: Christiana Kunz

Die Ausgangslage

Mehr als 20 Jahre lang war die Unterbringung der Feuerwehr-Einsatzabteilung 1 ein Thema. In dieser Zeit wuchs das Aufgabenspektrum ebenso wie der Fuhrpark. Es ist schon lange kein Zustand mehr am Standort in der Leiblingstraße, Tür an Tür mit dem Baubetriebshof – und bis 2015 auch mit dem DRK. Vorschriften und Arbeitschutz können angesichts der räumlichen Enge in den „Vereinigten Hüttenwerken“ nicht eingehalten werden. Diese Platznot birgt Unfall- und Gesundheitsgefahren. Neben den Einsatzfahrzeugen stehen die Spinde, Einsatz- und Privatkleidung hängen zusammen. Fehlanzeige bei Umkleideräumen – die Einsatzkräfte ziehen sich hinter und neben den Fahrzeugen um – und nutzbaren Duschen, bei der Trennung nach Männern und Frauen. Drehleiter und Löschfahrzeuge stehen hinter- und nah beieinander, was die Übersicht schier unmöglich macht. Bescheiden sind auch die Lagerkapazitäten in einer Garage im alten Backsteinbau, in die nicht einmal ein Handgabelstapler passt. Auf acht verschiedene Stellen ist die Ausrüstung verteilt. Zwar wurde der Funktisch 2017 mit einem computergesteuerten System ausgestattet, jedoch fehlt der dritte Arbeitsplatz, der einsatztaktisch notwendig ist.

Jeder der 80 Spinde in der Männerumkleide - 20 sind es bei den Frauen - bietet ein Fach für die Privat- und ein Fach für die Einsatzkleidung. Damit ist die Schwarz-Weiß-Trennung gegeben.
Jeder der 80 Spinde in der Männerumkleide - 20 sind es bei den Frauen - bietet ein Fach für die Privat- und ein Fach für die Einsatzkleidung. Damit ist die Schwarz-Weiß-Trennung gegeben.  Foto: Christiana Kunz

Die planerischen Schritte

Schon im November 2014 sprach sich der Weinsberger Gemeinderat einstimmig für einen Neubau aus mit der Perspektive einer mittel- bis langfristigen Umsetzung. Eine Architektin hatte die Situation in der Leiblingstraße analysiert und empfahl dringend, neu zu bauen. Eine Sanierung und Erweiterung bot sich nicht an. 2017 fiel die Entscheidung für einen Standort in „Spitzäcker“, ein Jahr später startete das Bebauungsplanverfahren. Die zähen Grundstücksverhandlungen zogen sich über drei Jahre. 2018 wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das Neubaugebiet „Heilbronner Fußweg“, Grundschul-Mensabau sowie Sanierung und Erweiterung der Verbundschule – andere millionenschwere Investitionen – erhielten den Vorzug. 2019 wurde ein erstes Raumkonzept für das Feuerwehrhaus präsentiert. Der 30. Juni 2019 war ein Meilenstein, ein großer Tag, als der Gemeinderat das Architektur- und Ingenieurbüro, die kplan AG aus Abensberg, spezialisiert auf Feuerwehr-Neubauten, mit der Objektplanung für 934 000 Euro beauftragte. Im Januar 2021 gab der Gemeinderat grünes Licht für die Vorplanung. Im Mai wurde der Baubeschluss gefasst. Wegen Corona erfolgte der symbolische Spatenstich im Februar 2022 nur in kleinstem Rahmen. Der war nach der Pandemie beim Richtfest im November 2023 dafür groß.

Die Tiefgarage bietet doppelt so viele Stellplätze - insgesamt 56 - wie am bisherigen Standort in der Leiblingstraße vorhanden sind. Die Rampe ist beheizbar.
Die Tiefgarage bietet doppelt so viele Stellplätze - insgesamt 56 - wie am bisherigen Standort in der Leiblingstraße vorhanden sind. Die Rampe ist beheizbar.  Foto: Mario Berger

Die Kostenentwicklung

Es war bei der Feuerwehr-Hauptversammlung 2015, als der damalige Bürgermeister Stefan Thoma den geplanten Neubau als „großen Brocken“ bezeichnete. Dabei standen damals nur acht Millionen Euro im Raum. Im Laufe der Jahre hinterfragte der Gemeinderat die Kosten regelmäßig kritisch. Dabei ging es längst um deutlich höhere Summen. Schon 2019 kursierten Schätzungen von 15 und 20 Millionen Euro. Angesichts dieser Dimensionen blieb das Projekt umstritten. Drohte es gar noch zu kippen?  Man könne zwar noch aussteigen, gab Bürgermeister Thoma zu, machte aber deutlich: Die Feuerwehr sei eine Pflichtaufgabe, Alternativen zum Neubau gebe es nicht. Der Baubeschluss 2021 bedeutet das Ja zu Kosten von knapp 18,7 Millionen Euro. Der Zuschuss vom Land fällt mit 655 000 Euro spärlich aus, werden doch nur die 14 Stellplätze für die Einsatzfahrzeuge gefördert. Zähneknirschend billigte der Gemeinderat im Februar 2024, das Budget für den Neubau auf 21 Millionen Euro aufzustocken. Die werden, so die aktuelle Aussage von Stadtbaumeister Nicolas Rautenberg, wohl nicht ganz ausgeschöpft. Übrigens: Das Feuerwehrhaus muss die seit Jahren schuldenfreie Kommune nicht über Kredite stemmen.

Monatelanger Baustopp kurz nach dem Start

So hatte sich das natürlich niemand vorgestellt. Die Grube war gerade mal ausgehoben – und dann stand die Baustelle still, und zwar monatelang. Die Topographie des Baugeländes in der Hanglage erforderte eine Gründung auf Betonpfählen. Denn es galt, den horizontalen Erddruck durch die Höhendifferenz von mehreren Metern auszugleichen. Statiker und Prüfstatiker waren sich uneins über die Anzahl der Pfähle und deren Stahlgehalt. 401 Pfähle waren vorgesehen, letztendlich wurden 431 der 13 Meter langen und 40 mal 40 Zentimeter starken Exemplare in die Erde gerammt -– zwischen 15 und 29 Meter tief. Die Folge: Das Bauprojekt geriet ein dreiviertel bis ein Jahr in Verzug. Das war jedoch nicht die einzige Konsequenz.

Bürgermeisterin Birgit Hannemann und Stadtbaumeister Nicolas Rautenberg im neuen Schulungsraum mit modernster Kommunikationstechnik. Der Raum ist dreiteilbar.
Bürgermeisterin Birgit Hannemann und Stadtbaumeister Nicolas Rautenberg im neuen Schulungsraum mit modernster Kommunikationstechnik. Der Raum ist dreiteilbar.  Foto: Christiana Kunz

Nachforderungen und Klage

Viel gravierender sind die finanziellen Auswirkungen. Mehr Pfähle und mehr Stahl schlugen sich schon mal in rund 300 000 Euro Mehrkosten nieder. Während des langen Baustopps zogen die Preise an. Bereits beauftragte Firmen konnten nicht wie geplant loslegen. Sie stellten Nachtragsforderungen nicht nur wegen der gestiegenen Material- und Entsorgungskosten, sondern auch wegen höherer Löhne und längerer Vorhaltezeiten. Die Stadt zog flankierend zum Projektsteuerer einen Anwalt hinzu. Notgedrungen stockte der Gemeinderat im Februar 2024 das Budget um 2,3 Millionen Euro auf. Das Bauvorhaben wird ein gerichtliches Nachspiel haben. Denn die Rohbaufirma hat Nachforderungen an die Stadt in Höhe von 2,8 Millionen Euro gestellt. Die hält die Kommune, laut Bürgermeisterin Birgit Hannemann, jedoch nicht für gerechtfertigt.

Auch an den Außenanlagen wurde fleißig gearbeitet, wie hier im hinteren Bereich des Geländes. Die Bepflanzung ist bereits erfolgt.
Auch an den Außenanlagen wurde fleißig gearbeitet, wie hier im hinteren Bereich des Geländes. Die Bepflanzung ist bereits erfolgt.  Foto: Ralf Seidel

Das Raumprogramm

„In den Spitzäckern 2“ lautet die Adresse des neuen Feuerwehrhauses. Es ist auf 100 Einsatzkräfte ausgerichtet, derzeit hat die Abteilung rund 70 Aktive. Die Fahrzeughalle bietet Platz für 14 Einsatzfahrzeuge und die Waschhalle. Vor den Toren ist der Alarm- und Übungshof. Funkzentrale und Lageraum, Werkstatt und Büro für die Gerätewarte, Umkleiden und Sanitäranlagen befinden sich im Erdgeschoss. Schwarz-Weiß-Trennung der Kleidung sind Vorschrift, eine Stiefelwaschanlage ebenso Standard wie die Industriewaschmaschine und der Trocken-Schrank. Im Zwischengeschoss ist die Haustechnik angesiedelt, im Untergeschoss die Tiefgarage. Im Obergeschoss befinden sich Schulungs-, Aufenthalts- und Jugendräume sowie Büros für die Funktionsträger. Als „angemessen, so wie es die Feuerwehr braucht“, bezeichnet Gesamtkommandant Heiko Frank den Neubau.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben