Markus Kleemann: hunderte Glückwünsche nach einem wahren Wahlkrimi
Denkbar knapp siegte Markus Kleemann am Sonntagabend bei der OB-Wahl in Sindelfingen. Die Oberstenfelder müssen sich nun einen anderen Bürgermeister suchen. Demnächst wird der Zeitplan für die Neuwahl festgelegt.

Montag, 10.45 Uhr. Zwischen 250 und 300 WhatsApp-Nachrichten sind seit der Nacht auf dem Handy von Markus Kleemann eingegangen. „E-Mails habe ich noch gar nicht angeschaut.“ Er kommt nicht dazu. Seit zwei Stunden tut der Oberstenfelder Noch-Bürgermeister nichts anderes als Presseanfragen zu beantworten. Am Abend zuvor wurde der 40-Jährige in einer denkbar knappen Stichwahl zum neuen Oberbürgermeister von Sindelfingen gewählt. Die Oberstenfelder müssen sich einen anderen Rathauschef suchen.
OB-Wahl in Sindelfingen: Nur 84 Stimmen trennen Sieger und Verlierer
Nur 84 Stimmen, gerade mal einen halben Prozentpunkt, trennen am Ende den Sieger Markus Kleemann (CDU) vom Verlierer Max Reinhardt, einem 25-jährigen Sindelfinger FDP-Stadtrat. Eine ganze Weile liegt Markus Kleemann knapp hinten. Erst beim 49. von 53 Wahlbezirken dreht es sich. Ein Krimi, ein Thriller. „Man ist wie im Tunnel“, sagt der Politik- und Verwaltungswissenschaftler rückblickend. „Meine Leute und ich, wir standen vor dieser Wand mit den einlaufenden Ergebnissen, und wir starrten auf diese Wand.“ Seine Leute, das sind Partnerin Dr. Ilona Benz, Verwandte, Freunde, viele Oberstenfelder, darunter Gemeinde- und Ortschaftsräte sowie Rathausmitarbeiter, außerdem Unterstützer aus Sindelfingen.
Wechsel von Oberstenfeld nach Sindelfingen: „Eine große Aufgabe“
Von der 8100-Einwohner-Gemeinde Oberstenfeld in eine Stadt mit 61.000 Einwohnern, mit zehntausenden Arbeitsplätzen, vor allem bei Mercedes Benz: „Klar, das ist eine Herausforderung und eine große Aufgabe“, sagt der gebürtige Heilbronner, der in Nordheim aufwuchs und in Lauffen Abitur machte. Bange sei ihm nicht. Er habe in Oberstenfeld viele Erfahrungen gesammelt. 2015 wurde er dort gewählt, 2023 wiedergewählt. „Es ist schade, dass er geht“, sagt Kleemanns Stellvertreter, Gemeinderat Michael Meder. „Die Zusammenarbeit hat hervorragend funktioniert. Es war harmonisch.“ Es sei aber klar gewesen, dass sich Kleemann irgendwann wegbewerben werde, um seine Karriere voranzutreiben. Eine Stadt wie Sindelfingen sei natürlich reizvoll. Aber es werde auch in Oberstenfeld weitergehen. „Es gibt immer einen Neuanfang.“
Voraussichtlich am 1. August tritt Kleemann, der – noch – im Ludwigsburger Kreistag sitzt, seinen Dienstag als OB von Sindelfingen an. Im Bottwartal muss nun ein Terminplan für die Neuwahl festgezurrt werden. Fristen sind einzuhalten, Abläufe zu wahren. Im September oder Oktober, schätzt der scheidende Rathauschef, werden die Einwohner zum Urnengang aufgerufen. Sie vor allem sind es, die er vermissen wird, sagt Kleemann. „Es ist so eine tolle Gemeinschaft.“ Außerdem: Das Großprojekt „Bottwarwiesen“ auf über zwölf Hektar, das er angestoßen hatte, hätte er gerne zu Ende gebracht. „Das ist schon einmalig in der Region Stuttgart.“ Nun wird es ein anderer oder eine andere vollenden.
Kleemann blickt zufrieden auf seine Jahre in Oberstenfeld zurück. Zu den großen Projekten während seiner Amtszeit zählt er die Sanierung der Lichtenbergschule und die Sanierung des Ortskerns.
OB-Wahl in Sindelfingen: Sehr schwache Wahlbeteiligung
Dass es am Sonntag sehr knapp ausgehen würde, damit hatte Kleemann angesichts des starken Mitbewerbers gerechnet. Dieser hatte im ersten Wahlgang bei neun Kandidaten noch die Nase vorn. Bei aller Freude über den Sieg – ein Wermutstropfen bleibt: Die Wahlbeteiligung lag bei nur 37 Prozent. „Das finde ich schade und bedenklich.“ Vor allem da die aussichtsreichsten Kandidaten einen sehr intensiven und anstrengenden Wahlkampf geführt und sich nichts geschenkt hätten.