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Fröhliche Durchsagen im Zug: Silvan Schillo ist Lokführer aus Leidenschaft

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Mit dem fast schon historischen TRI fährt Silvan Schillo die Strecke zwischen Würzburg und Stuttgart. Mit seinen markanten Ansagen will er im Zug gute Laune verbreiten.


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Der Zug in Bietigheim kommt mit leichter Verspätung an. Kollege Sebastian Preschl fährt, damit Silvan Schillo Zeit fürs Interview hat. 

Silvan Schillo (schaut zum Fenster raus und ruft): „Abfahrt in Ordnung“

Also, das Abfahren funktioniert auf Sichtkontakt bei Ihnen?

Schillo: Das funktioniert auf verschiedenste Art und Weisen. Eine Möglichkeit ist der mündliche Zuruf, so wie wir es jetzt gerade hatten von unserem Zugführer. Er erteilt mir den mündlichen Zuruf „Abfahren“, den ich an den diensthabenden Lokführer weitergebe. Die zweite Möglichkeit ist ganz klassisch, wie man es aus dem Kinderbilderbuch kennt: die grüne gehobene Kelle. Die gibt es noch. Und die dritte Möglichkeit, das ist die komplizierteste, ist ein spezielles Lichtsignal über eine Säule am Bahnsteig. 

Und den Fahrer darf man Lokführer nennen?

Schillo: Ja, man führt die Lok. Die Lok hängt in dem Fall jetzt ganz hinten am Zug und wird von diesem Tisch aus hier im Steuerwagen über ein Kabel, das durch den Zug verläuft, gesteuert. Das heißt, alles, was die Lok da hinten treibt, läuft über eine riesige Fernbedienung.

Bleiben wir doch gleich mal beim Thema Türen. In den angeblich modernen Zügen gibt es oft eine Türstörung. Bei Ihnen gehen die Türen nur schwer auf und zu.

Schillo: Türstörungen im klassischen Sinne kennen wir bei den sogenannten Drehfalttüren nicht. Diese Tür kennt eigentlich nur zwei Zustände: Ich bin zu oder ich bin offen. Wenn unser Zugführer pfeift, kann er über ein Schloss an einer Tür alle Türen des Zuges bis auf seine eigene schließen. In einem modernen Zug ginge das dann über ein Signal zum Lokführer. Nur wenn alle Türen geschlossen sind, kann der Lokführer auch abfahren.

Lokführer Silvan Schillo und sein historischer TRI hier am Bahnhof Neckarsulm.
Lokführer Silvan Schillo und sein historischer TRI hier am Bahnhof Neckarsulm.  Foto: Seidel, Ralf

Man hört in diesem Zug schöne Ansagen mitten aus dem Leben, die man auch versteht und nicht dieses verklausulierte Bahndeutsch. Haben Sie kein Handbuch für Ihre Durchsagen?

Schillo: Überhaupt nicht. Also als ich zur TRI gekommen bin, hieß es: Ja, mach mal. Wir haben das Gute-Laune-Konzept, indem wir den Leuten einfach sagen, was Sache ist, in verständlichem Deutsch, mit der guten Laune, die wir zum Dienst mitbringen, verklickern, was mit unserem Zug, was mit der Strecke, was mit unserer Reise eben gerade passiert. Und es geht überhaupt gar nicht darum, irgendwelche Klauseln zu verwenden. Wir kennen ja alle die berühmten Verzögerungen im Betriebsablauf. Da könnte man auch genauso gut gar nichts sagen. Wenn es geht und vertretbar ist, teilen wir gerne den Leuten den konkreten Grund mit. Und das eben mit dem entsprechenden Humor. Wir haben damit die Erfahrung gemacht, dass die Bahnreisenden das im Allgemeinen besser aufnehmen.

Es gibt ja Menschen, die regen sich über fünf Minuten Bahnverspätung mehr auf als über eine halbe Stunde Stau im Auto.

Schillo: Total, total. Wichtig ist einfach, den Leuten das mit einer gewissen Freude mitzuteilen, auch schlechte Nachrichten schön verpacken zu können und mit einem gewissen Humor und vor allem einer gewissen Leidenschaft. Und da denke ich, können wir bei TRI sehr stark punkten.

Mit rund 100 Stundenkilometern geht es in 17 Minuten nach Heilbronn. Schillo punktet mit seiner Durchsage: „Geschätzte Reisende, in wenigen Augenblicken erreichen wir den Heilbronner Hauptbahnhof. Ja, ob wir es wollen oder nicht, wir dürfen bis zum Bahnsteig fahren, es hilft nichts.“

Was macht Ihnen eigentlich am meisten Spaß? Lokführer oder Zugbegleiter?

Schillo: Definitiv Lokführer.

Also selber am Hebel sitzen ist schon am schönsten?

Schillo: Für mich ist es eindeutig das Lokfahren. Ganz besonders gerne mit älteren Maschinen. Wir haben Maschinen bis Baujahr in die 50er zurück. Damals brauchten diese Loks noch wirkliche Lokführer. Da muss man sein Fahrzeug beherrschen und das ist reines, pures Fahren. Das fasziniert mich total.

Silvan Schillo (23) ist gelernter Lokführer. Seit fast drei Jahren fährt er für die TRI Train Rental GmbH, kurz TRI, die sich dem Erhalt historischer hochwertiger Schienenfahrzeuge im regulären Zugverkehr widmet. Verschiedene Wagen aus den 1960er und 1970er Jahren werden modernisiert zu einem „sehr komfortablen Zug“ zusammengestellt, findet Schillo. 

Man holt sich auch unter Umständen mal schwarze Hände, oder?

Schillo: Also ich sag immer, man erkennt es immer an den Hemdkragen. Die sind dann nämlich immer schwarz, wenn man Altbaulok gefahren ist. Man ist danach immer ein bisschen schmutzig. Aber das ist es, was mich fasziniert. Das ist halt noch keine sterile Technik, sondern echte Mechanik, echte Elektrotechnik. Da sind Kohlebürsten in den Elektromotoren, da fliegt was durch die Gegend. Das ist was Faszinierendes.

Die Klimaanlage ist das Fenster und die Heizung funktioniert immer?

Schillo: So sieht’s aus. An Heizausfälle kann ich mich in meiner ganzen Zeit bei TRI an wirklich wenige erinnern. Bei den alten Loks ist das wirklich ein Segen und die fahren auch immer. Damit kommt man immer nach Hause.

Wir erreichen das Ende der Fahrt in Neckarsulm. Silvan Schillo verabschiedet sich mit den Worten: „Die schönste Fahrt geht einmal zu Ende. Es war mir ein innerliches Blumenpflücken, mit Ihnen Eisenbahn zu fahren.“

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