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Idyll neben Gleisen: Frau renoviert altes Bahnwärterhaus in Lauffen

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Die Wahl-Lauffenerin Natascha Wörner renovierte mehrere Jahre ein marodes Bahnwärterhaus. Heute ist es ein Leuchtturmprojekt, das autark mit Strom und Wasser versorgt wird – und so manche Besonderheit aufweist. 

Natascha Wörner hat ein altes Bahnwärterhäusle in Lauffen renoviert. Im Hintergrund rechts sind die Gleise zu sehen, die unmittelbar daneben verlaufen.
Natascha Wörner hat ein altes Bahnwärterhäusle in Lauffen renoviert. Im Hintergrund rechts sind die Gleise zu sehen, die unmittelbar daneben verlaufen.  Foto: Heil, Theresa

Idyllisch ist wohl das richtige Wort, um das Grundstück von Natascha Wörner zu beschreiben. Eingerahmt von Weinreben und dem Neckarufer bietet das historische Haus mit Garten einen direkten Blick auf die Stadt Lauffen, der Wahlheimat der 61-Jährigen, die hier abseits des Trubels mitten im Grünen lebt. Doch das traute Refugium hat einen Haken: Mehrmals die Stunde fährt ein Zug in schneller Geschwindigkeit vorbei. Denn das über 150 Jahre alte Bauwerk wurde früher als Bahnwärterhaus genutzt. Liebevoll hat Wörner es über mehrere Jahre renoviert und mit einer autarken Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung ausgestattet.

Bahnwärterhaus in Lauffen renoviert: „Es war komplett marode“

Dass es dazu kam, ist einem Zufall zu verdanken. „Es ist mir zugelaufen“, berichtet Natascha Wörner. Eine Bekannte war auf der Suche nach einer Immobilie in Lauffen. Zu der Zeit bot die Stadt das alte Bahnwärterhaus, das sie Jahre zuvor der Deutschen Bahn abgekauft hatte, zum Verkauf an. Wörner verliebte sich sofort. Zu dem Zeitpunkt vor mehr als vier Jahren stand es seit zwei Jahrzehnten leer. „Sie können nicht erahnen, in welchem Zustand das Haus war“, erzählt sie im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. „Es war komplett marode.“ Das Dach hatte Löcher, drohte stellenweise auf die Gleise zu stürzen.

Trotz vielfältiger Modernisierungen hat das Bahnwärterhaus seinen historischen Charme bewahrt, das war seiner Besitzerin wichtig. „Das sind größtenteils noch die Originalschindeln, die ich in monatelanger Fitzelarbeit renoviert habe“, sagt Wörner und deutet auf die Außenfassade, die in einem frischem Beigeton strahlt. Die Originale sind mit Repliken ergänzt worden, die ein Spezialist eigens hergestellt hat. Wo es möglich war, blieben ursprüngliche Backsteinwände und Holzböden erhalten.

In der Küche, wo früher der Stall war, gab es einen Abfluss für den Urin. Wörner hat das historische Detail erhalten.
In der Küche, wo früher der Stall war, gab es einen Abfluss für den Urin. Wörner hat das historische Detail erhalten.  Foto: Heil, Theresa

Ohne Fachwissen, aber mit Tatendrang: Wörner erhält alten Charme des Bahnhauses

Wörner, die kein Fachwissen mitbrachte, packte selbst an, hat recherchiert und „ganz viel einfach ausprobiert“. Die größte Verwandlung hat wohl die Küche durchlaufen, die früher als Stall für Hasen und Ziegen diente. Durch ein Loch im Boden floss der Urin der Tiere ab. „Als ich das gesehen habe, habe ich gesagt, das will ich erhalten“, sagt Wörner. Also verschloss sie es mit einer Glasplatte und machte es zum Hingucker.

Wörner hat ein Faible für antike Möbel, mit denen sie ihr rund 110 Quadratmeter großes Heim eingerichtet hat. In das obere Stockwerk führt eine alte Holztreppe, die sie aus einem Abrisshaus gerettet hat. Vorher „gab es hier keine Treppe, die existierte nicht mehr“, erzählt sie. Stattdessen erfolgte der Zugang über eine Leiter. Das Geländer aus geschwungenem Metall stammt aus dem Haus ihrer Großeltern. 

Historie

Wie alt das Bahnwärterhaus von Natascha Wörner genau ist, ist unklar. Ihre Recherche habe nichts ergeben, sagt sie. Sie schätzt, dass es um 1870 erbaut wurde. Die Bahnlinie nach Heilbronn wurde ab 1849 errichtet. Von Nachbarn erfuhr Wörner, dass in den 1960er Jahren ein Ehepaar mit sechs Kindern hier wohnte. „Dann war es eine zeitlang eine Partymeile“, sagt sie. Davon zeugen noch Schmierereien, unter anderem an der Außentür und den Kellerwänden. 

Eine Zeitlang hat sich wohl die Lauffener Jugend zum Party machen im Bahnhaus getroffen. An manchen Stellen weist Graffiti wie dieses noch darauf hin.
Eine Zeitlang hat sich wohl die Lauffener Jugend zum Party machen im Bahnhaus getroffen. An manchen Stellen weist Graffiti wie dieses noch darauf hin.  Foto: Heil, Theresa

Lauffener Bahnwärterhaus ist autark mit Strom, Wärme und Wasser versorgt

Aufgrund der abgelegenen Lage konnte das Haus nicht an die öffentlichen Netze angeschlossen werden. Eine PV-Anlage auf dem Dach produziert Strom. Neue Leitungen für Frisch- und Abwasser wurden verlegt und an den Kanal angeschlossen. Ein neuer Schuppen dient als Lager für die Pelletheizung. Im Haus ist zudem ein Ofen eingebaut. „Ich habe schon ganz viel Brennholz besorgt“, sagt Wörner, die in diesem Jahr ihren ersten Winter hier verbringt.

Im Jahr 2022 wurde das Haus als Leuchtturmprojekt des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet, woran eine Förderung geknüpft ist. Zur Finanzierung will sich Natascha Wörner nicht äußern. Aber sie betont, dass ein derartiges Projekt sich nur lohnt, wenn man selbst anpackt und tolle Freunde und Handwerker hat – und mit Leidenschaft dabei ist. „Das ist ein absolutes Liebhaberprojekt.“ Von Anfang an habe sie etwas in dem Haus gesehen, eine Vision gehabt. „Fast jeder hat gesagt, bist du verrückt?“ Aber, sagt sie und zeigt um sich, dafür habe es sich gelohnt. Auch an die vorbeifahrenden Züge habe sie sich gewöhnt. 

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