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Marathon mit 72 Jahren: Wie Brackenheims Ex-Bürgermeister Kieser sich fit hält

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Mit 72 Jahren läuft Brackenheims Ex-Bürgermeister Rolf Kieser jedes Jahr mindestens einen Marathon. Wie trainiert einer, der sich im fortgeschrittenen Alter befindet? Ein Besuch auf Kiesers Laufstrecke am Zweifelberg.


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Schon nach wenigen Kilometern taucht das erste steile Stück am Hang auf. „Und da jetzt hoch, die kurze Strecke, aber schneller als auf der Ebene“, weist Rolf Kieser an. Der 72-Jährige stellt seine Laufstrecke am Zweifelberg vor, dort ist er regelmäßig unterwegs, seit er mit dem Laufen angefangen hat. Das war vor über 30 Jahren. Bis dahin hatte Kieser Leichtathletik gemacht und Fußball gespielt. Über seinen Nachbarn und heutigen Laufkameraden kam er zum Joggen – seitdem bleibt er dran.

Seit 1995 läuft Brackenheimer Rolf Kieser jährlich mindestens einen Marathon

Die Beständigkeit zahlt sich aus. Seit 1995 läuft Kieser jährlich mindestens einen Marathon, seine Lieblingsdistanz. „Das ist schon ein besonderes Erlebnis“ sagt er über die 42,195 Kilometer. Persönliche Bestzeit: drei Stunden und eine Minute, das war 1999 beim Marathon in London. „Da habe ich aber zwischendrin angehalten und mich mit den Leuten unterhalten“, sagt er.

Für 2025 hat sich Kieser die 18 Kilometer Dinosaurier-Challenge beim Zabergäulauf in Pfaffenhofen vorgenommen, auch Marathons in Valencia und Porto sind im Gespräch. Seine Leistungsfähigkeit hält der Brackenheimer selbst im fortgeschrittenen Alter hoch, auch wenn er inzwischen Tempo rausnimmt. Welche Reize setzt er beim Training?

Rolf Kieser auf seiner Strecke am Zweifelberg im Trikot der „Heuss-Stadt Brackenheim“.
Rolf Kieser auf seiner Strecke am Zweifelberg im Trikot der „Heuss-Stadt Brackenheim“.  Foto: Seidel, Ralf

Brackenheims Ex-Bürgermeister läuft am liebsten in der Gruppe, aber ohne Pulsmesser

Die knapp zehn Kilometer lange Strecke am Zweifelberg ist Kiesers Heimstrecke und fester Bestandteil seines eigens zusammengestellten Trainingsprogramms, weniger läuft er selten. Die Strecke hat es in sich, Anstieg und ebene Flächen wechseln sich ab. Auf der Steigung zieht Kieser das Tempo an, in schnellen Bewegungen setzt er einen Fuß vor den anderen. Intervalltraining wie dieses hält er für wesentlich, um sich zu steigern.

Seine Devise: Für ambitionierte Ziele müsse man kurzzeitig an Grenzen gehen: „Dann wird man seine Ziele langfristig erreichen.“ Für Rolf Kieser bleibt die Strecke trotz regelmäßigen Laufens eine Herausforderung. Der 72-Jährige joggt grundsätzlich nach Gefühl und ohne Pulsmesser, dafür am liebsten in der Gruppe. Bis auf ein jährliches Belastungs-EKG führt er kaum Buch über seine Vitalwerte. Seit kurzem verspürt er zwar einseitige Knieschmerzen, wesentliche Verletzungen oder Beschwerden hat Kieser nicht erlebt, auch nach über 30 Jahren Laufhistorie nicht.

Beim Marathon traut Rolf Kieser zwei Läufer

Zahlreiche Ziellinien hat Kieser in dieser Zeit überschritten. Seinen ersten Marathon lief er in Karlsruhe, seitdem nahm er an Läufen in über 20 Ländern teil, oft unterstützt von seiner Frau Karin. Kieser startete bei Volksläufen, Halbmarathons, Ultraläufen oder Großkalibern wie dem New York Marathon. „Das ist gewaltig“, sagt er über die Stimmung entlang der Strecke, die er zu seinem 70. Geburtstag gleich ein zweites Mal lief.

Auf seinem Weg trifft Kieser Menschen, erlebt Kultur und Orte im Kontext historischer Ereignisse – etwa die Stimmung in New York sieben Wochen nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001. Und er macht kuriose Erfahrungen: Während des ersten Heilbronner Trolli-Marathons 2001 traute Rolf Kieser als Bürgermeister und Standesbeamter zwei Läufer. „Unterwegs habe ich ihnen schon mal was über die Ehe erzählt.“ Der Trolli taucht am häufigsten in seiner Liste auf, acht Mal ist Kieser schon mitgelaufen, schließlich zählt er zu den Mitbegründern.

Die Intensität nimmt der Brackenheimer aus den Läufen inzwischen raus

32 Jahre war Rolf Kieser Bürgermeister von Brackenheim, das Laufen integrierte er schon damals in seinen Arbeitsalltag. Meist lief er am Nachmittag, um anschließend in längere Besprechungen oder in Gemeinderatssitzungen zu gehen – mit einem klaren Kopf und neuen Einfällen. Die Brackenheimer haben sich an ihren joggenden Bürgermeister gewöhnt, obwohl manche auch glaubten, er habe deshalb zu viel Freizeit. „Da muss man drüberstehen“, sagt Kieser. Zum Glück findet die anregende Wirkung von sportlichen Pausen heutzutage mehr Anerkennung, weils sie Produktivität und Aufmerksamkeit fördern.

Doch auch vor Rolf Kieser macht das Alter keinen Halt. Der Brackenheimer passt sich den Gegebenheiten an, nimmt die Intensität aus seinen Läufen heraus. „Ich gehe nicht mehr so stark ans Limit“, sagt er. Seinen wöchentlichen Laufumfang hat er von fünf auf drei Mal die Woche für jeweils eineinhalb Stunden reduziert.

Leistungsvermögen nimmt im Alter ab – Was der Brackenheimer Rolf Kieser bedauert

Dabei gehören die intensiven Wettkampfvorbereitungen vor den Läufen weiter dazu, unter zehn Kilometer läuft Kieser nicht. Ihm ist aber bewusst, dass das Leistungsvermögen mit fortschreitendem Alter abnimmt: „Ich bin sehr dankbar, dass ich mit über 70 noch auf die Strecke gehen und jedes Jahr einen Marathon laufen kann“, sagt der Brackenheimer.

Wenn er eines bedauert in 30 Jahren Laufgeschichte, dann nur eine Sache: dass er seine Marathon-Zeit nicht unter zwei Stunden geknackt hat. Das Ende der Laufstrecke am Zweifelberg ist erreicht, auf den letzten Metern kommt eine Steigung. Kieser nimmt sie gern für einen abschließenden Sprint – vielleicht weniger intensiv als früher.

Rolf Kieser schätzt das Laufen als Sport, der sich bei Wind und Wetter machen lässt. Wichtig sei die Regeneration. Bei der Ernährung macht der 72-Jährige keine Abstriche, nimmt alles „in Maßen zu sich“, auch das obligatorische Bier nach einem Lauf. „Ich müsste mehr Gymnastik machen“, räumt er ein. Ein Ausgleich zum Laufen ist die Radwoche auf Mallorca, dann schwingt sich Kieser eine Woche für sieben Stunden am Tag in den Sattel, legt 1000 Kilometer in einer Woche zurück. „Eine gute Vorbereitung für längere Laufstrecken.“  

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