Scharfe Unikate aus Bönnigheim für die Küchenschublade
In der dritten Generation schleift Michael Gabler Messer, Scheren und alles, was ihm sonst noch vor sein Schleifband kommt.

Auf dem blauen Pfeil neben der Klingel steht schlicht "Werkstatt". Es ist eine der ältesten Werkstätten hier in der Hauptstraße, im alten Ortskern von Bönnigheim. Sie gehört Michael Gabler. Der 55-Jährige kommt aus einer Dynastie von Messer- und Scherenschleifern. Er selbst führt diesen Handwerksberuf in der dritten Generation fort. Offiziell ist die Berufsbezeichnung Messerschmied, und das hört Gabler am liebsten. Großvater Gustav Gabler hat genau hier, wo der Enkel heute immer noch am Schleifband sitzt, im Jahr 1928 seine Werkstatt gegründet. Damals war noch eine Schmiede angegliedert.
Sein Vater Hans Gabler hat die Werkstatt Ende der 60er Jahre übernommen und weitergeführt. Michael Gabler ist als kleiner Junge schon zwischen den Maschinen herumgesprungen und erlebte, was ein Messerschmied alles tut. Und obwohl ihm sein Vater wohl geraten hat: "Bub, lern doch was Gscheites!" zog es den "Bub" ins gleiche Fahrwasser. Er sah die Chance, dieses Handwerk neu zu entdecken.
Besondere Kundenwünsche
Michael Gabler brennt bis heute für diesen Beruf, dem er immer wieder neue Seiten abgewinnt. Inzwischen gestaltet er eigene Messer, gerne nach Kundenwünschen aus Rohlingklingen, die er in Solingen kauft. Seine Kunden wollen oft Unikate in der Küchenschublade, am liebsten mit Birnbaumgriff vom eigenen Birnbaum.
Ein gutes Küchenmesser begleitet einen Menschen täglich, weiß Gabler. Da darf es auch etwas besonderes sein. "Ein Kunde von mir ist Zimmermann. Er brachte mir 800 Jahre altes Eichenholz aus der Dorfkirche von Haberschlacht. Das sind zwei schöne Messer geworden. Ich bekomme die Rohmesser geliefert von einer Schmiede, mache die scharf, verputze sie und mache auch die Griffe selbst und zwar so, dass das Messer später gut und griffig in der Hand liegt", erklärt der 55-Jährige und erzählt: "Ich verwende so viel wie möglich heimische Hölzer wie Zwetschge, Walnuss, Eiche und Apfel." Ein Kunde hat ihm Grenadill mitgebracht, das wächst schwarz-weiß. Der Messerschmied steht zwar auf die Fortführung einer Familientradition, ist aber kein Ewig-Gestriger. "Ich verkaufe meine Messer über Facebook und das Internet. Das ist die günstigste Werbung", sagt er lachend.
Alte Werkzeuge
Noch heute hängen Werkzeuge von anno dazumal an der Wand. "Der Großvater fertigte Werkzeuge für Gerbereien, Rebscheren und machte damals schon viele Schneidewerkzeuge für Kunden wieder scharf." Letzteres gehört heute noch zu den Aufgaben des Enkels. Die Werkstücke, die Gabler aus der Industrie zum Schleifen bekommt, sind natürlich moderner Natur - zum Beispiel Aluminiumgussteile. Zu seinen Kunden gehören Druckereien und die Verpackungsindustrie, aber auch ein Profikoch.
Der große Schleifstein thront wie ein König in der Werkstatt, der längst abgesetzt wurde. Moderne Schleifbänder haben ihn ersetzt. Früher hat man auf einer Filzscheibe poliert. Heute poliert Michael Gabler auf einem Band. "Das ist der einzige Unterschied. Die Maschinen sind schon immer da gewesen", erzählt er und gibt einem Messer an einem speziellen Band den letzten Wellenschliff.
Ein gefragter Mann
In Brackenheim in der "Atempause" hat Michael Gabler eine Annahmestelle für Schleifarbeiten. Hier stellt er auch seine Messer-Unikate aus. Bei Eberhard Winter in Ludwigsburg hat er seine Ausbildung gemacht. Mit dessen Sohn, auch Messerschmied, verbindet ihn eine Freundschaft. "Es werden immer weniger Kollegen", sagt er über den selten gewordenen Beruf. Heute wird in der Industrie maschinell geschliffen. Doch das Schleifen von Hand kann in vielen Bereichen den mechanischen Vorgang nicht ersetzen. Deshalb ist der Messerschmied immer noch ein gefragter Mann.