Wolfram Linnebach sieht viel Potenzial für Tourismus im Weinsberger Tal
Seit zehn Jahren gibt es den Verein Tourismus im Weinsberger Tal. Warum Geschäftsführer Wolfram Linnebach nun doch bleibt, verrät er im Interview.

Er ist der Kopf und der Arm", sagt Uwe Mosthaf über Wolfram Linnebach. Damit drückt der Vorsitzende des Vereins Tourismus im Weinsberger Tal aus, wie sehr er die Arbeit des Geschäftsführers schätzt. Deshalb wollte der Erlenbacher Bürgermeister Linnebach nicht ziehen lassen. Der Vorstand des Vereins, der von allen Kommunen im Weinsberger Tal im Mai 2023 gegründet wurde, hat Linnebach Perspektiven aufgezeigt, wie eine "schlagkräftige Einheit" gebildet, die Geschäftsstelle gestärkt werden kann. Linnebach zieht seine Kündigung zurück und bleibt. "Das Weinsberger Tal hängt mir am Herzen", sagt der 36-Jährige.
Herr Linnebach, Sie wollten weg. Warum denn?
Wolfram Linnebach: Ich habe gedacht, nach zehn Jahren ist man so eingefahren oder manches ist festgefahren, dass ein Tapeten- und Kopfwechsel gut tun würde.
Womit hat Sie Uwe Mosthaf überzeugen können?
Linnebach: Wir haben Dinge angesprochen, die festgefahren waren: die Zusammenarbeit untereinander, die dünne Personaldecke, mit der die Arbeit nicht weitergeführt werden kann. Wir sollen mehr Stellen kriegen, und es gibt die Zusage, dass der Verein bei touristischen Themen in den Kommunen mit eingebunden wird. Beim Breitenauer See soll die Zusammenarbeit mit dem Zweckverband enger werden.
Welche Perspektiven sehen Sie für den Tourismus im Weinsberger Tal?
Linnebach: Es gibt noch sehr viel Potenzial. Bei der Kombination Weinbau und Wandern können wir noch sehr viel bewegen. Oder bei der Kooperation mit Nord-BW, dem geplanten Zusammenschluss von allen Tourismusgemeinschaften nördlich von Stuttgart. Vieles liegt noch brach beim Weintourismus. Die Landschaft als Aushängeschild des Weinsberger Tals kann noch besser in Szene gesetzt werden.
Mit 151 000 Übernachtungen im Jahr 2022 ist der Vor-Corona-Stand von 227 000 Übernachtungen 2019 noch längst nicht wieder erreicht.
Linnebach: Wir sind aber auf einem guten Weg. Der Breitenauer See hat nach drei Jahren wieder Wasser. Das war die wichtigste ,Maßnahme". Auch die Tourismusmesse CMT in Stuttgart ist drei Mal ausgefallen. Viele unserer Gäste kommen aus der Region Stuttgart. Wir müssen Naherholung und den Kurzurlauber mehr in den Mittelpunkt stellen.
Welche Projekte gilt es anzupacken?
Linnebach: 2024 steht mehr unter dem Motto der internen Umstrukturierung im Marketing: Wie kriegen wir mehr Personal für den Tourismus? Wie sieht die zukünftige Aufgabenverteilung mit den Kommunen und der Tourismusgemeinschaft Heilbronner Land aus? Wer kümmert sich um die Pflege der 550 Kilometer Wanderwege? Das tun bislang fünf Akteure: der Naturpark, die Kommunen, das Heilbronner Land, die Albvereine und wir.
Wo steht der Tourismus im Weinsberger Tal heute?
Linnebach: Wir haben uns recht gut am Markt positioniert. Wir haben etwas Wahrnehmbares aufgebaut und haben einen zentralen Ansprechpartner geschaffen mit dem Verein und der Tourist-Info in Weinsberg. Wir haben ein Stück weit Identität geschaffen.
Wie sehr wird die wirtschaftliche Lage Tagestouristen und Kurzurlauber beeinflussen?
Linnebach: Das ist eine spannende Frage. Wir sind seit Corona in einem sehr schnelllebigen Geschäft. Im vergangenen Jahr war der heimische Tourismus schon kein Thema mehr, Fernreisen lagen wieder im Trend. Wenn das Geld knapp wird, hoffen wir schon, dass der heimische Tourismus profitiert. Wir wandeln uns vom Destinationsmarketing zum Destinationsmanagement.
Was heißt das?
Linnebach: Wir machen weniger breitflächig Werbung für das Weinsberger Tal, sondern wir kümmern uns schwerpunktmäßig um die Produktqualität und die Entwicklung von Angeboten, so dass wir Pakete schnüren können. Die Vermarktung überlassen wir dem Heilbronner Land und Nord-BW. Damit diese uns vermarkten, müssen wir aber deren Ansprüche erfüllen.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Weinwirtschaft, Gastronomie und Kommunen?
Linnebach: Recht gut, aber es gibt noch Entwicklungspotenzial.
Ein Drittel der 25 Weingüter im Verein bietet bereits Übernachtungen an. Wo sehen Sie noch Potenzial?
Linnebach: Übernachtungen auf dem Weingut sind genau das, was wir brauchen. Das erwarte ich, wenn ich in eine Weinregion gehe. Es könnte noch mehr Angebote wie die Hexenhäuschen der Koppenhöfers in Löwenstein geben. Das würde den Tourismus voranbringen. Schlafen im Weinfass gibt es ja schon im Campingpark, im Weinberg lässt sich das hierzulande aber nur schwer umsetzen.
Wie wichtig sind denn Labels und Siegel wie der Wein-Süden?
Linnebach: Extrem wichtig. Nur darüber kommen wir ins Marketing rein. Wir haben vier Betriebe, die das Label Wein-Süden Winzer haben. Es wäre wünschenswert, dass das mehr werden.
Das Gasthaussterben setzt sich fort. Steht und fällt der Tourismus nicht mit dem gastronomischen Angebot?
Linnebach: Definitiv, das ist das Basisangebot. Es gibt Orte, in denen man noch gut einkehren kann. Wir gucken, was der Tourismus beisteuern kann. Das Weinsberger Tal, das Heilbronner Land und Nord BW sind da dran, Ideen und Konzepte zur Mitarbeitergewinnung und -bindung zu entwickeln.
Wein am See ist für Sie ein Leuchtturmprojekt. Braucht es mehr solcher überregional ausstrahlender Events?
Linnebach: Wir wünschen uns viel mehr. Nur so schaffen wir Aufmerksamkeit und kriegen Leute hierher. Der Weinsommer in Weinsberg hat sich auch bewährt. Es gibt noch viele Ideen. Zum Beispiel, den Breitenauer See noch mehr in Szene zu setzen. Man könnte die Weinberge drumherum bespielen.
Welche Pakete gibt's 2024?
Linnebach: Hauptsächlich welche für Busgruppen zu Wein am See oder Tagesprogramme. Mit mehr Personal kann man hier auch mehr machen.
Was müssen Sie dem Tagestouristen und dem Kurzurlauber anbieten?
Linnebach: Wir müssen es ihnen sehr einfach machen. Alle Angebote müssen digital auffindbar und buchbar sein. Es ist nichts ärgerlicher, als irgendwo hinfahren zu wollen und keine Informationen zu kriegen.
Was sind die häufigsten Anmerkungen bei der Gästebefragung?
Linnebach: ,Wir wussten gar nicht, wie schön es hier ist. Wir kommen wieder. "
Zum Verein und Statistisches
Eberstadt, Ellhofen, Erlenbach, Lehrensteinsfeld, Löwenstein, Obersulm, Weinsberg und Wüstenrot haben im Mai 2013 den Verein Tourismus im Weinsberger Tal gegründet. Von Anfang an ist Wolfram Linnebach der Geschäftsführer. Der 36-Jährige wohnt in Erdmannhausen. Er ist gelernter Kaufmann für Tourismus und Freizeit.
Die Mitgliederzahl mit 101 ist stabil, genauso die Zahl der Betten im Einzugsgebiet mit 2350, wobei nur Betriebe mit mehr als zehn Betten gezählt werden. Für das Gros der Übernachtungen sorgt der Campingpark am Breitenauer See. 2022 kamen rund 2000 Leute in der Tourist-Info in Weinsberg vorbei.