Grundstücksbesitzer in Obersulm ist enttäuscht, dass er nicht bauen kann
Der Bauherr wollte in Obersulm bezahlbaren Wohnraum zur Miete schaffen. Doch: Die geplanten vier Reihenhäuser mit vier Garagen und zwei Stellplätzen verstoßen gegen Festsetzungen des Bebauungsplans.

Martin Bürkle ist pragmatisch: Sein Grundstück ist fast 1200 Quadratmeter groß, und das möchte er ausschöpfen. In Zeiten, in denen die Wohnungsnot in aller Munde ist. Das nicht zu tun, wäre für den Ilsfelder Verschwendung.
"Mein Ziel ist es, bezahlbaren Wohnraum zur Miete zu schaffen", sagt er. Und zwar für vier Familien, reichten doch 300 Quadratmeter für ein Haus aus. Nur: Damit schießt er übers Ziel hinaus, was die Einhaltung des Bebauungsplans "Silbergrube" in Affaltrach, wo das von Bürkle 2017 gekaufte und letzte unbebaute Grundstück liegt, betrifft.
Deshalb haben sowohl das Landratsamt Heilbronn als Genehmigungsbehörde wie auch die Gemeinde Obersulm die Bauvoranfrage für vier Reihenhäusern mit vier Doppelgaragen und zwei Stellplätzen im Juni 2018 abgelehnt. Einstimmig war der Gemeinderat jetzt auch dagegen, den Bebauungsplan zu ändern. Das hatte der Bauherr beantragt, die Kosten dafür hätte er auch übernommen.
Der Grundstücksbesitzer verlangt ein Umdenken
"Ich finde es enttäuschend", äußert sich der Getriebe-Ingenieur, für den das Häuserbauen ein Hobby ist, zu der Entscheidung. Er macht sich für Nachverdichtung stark und spricht sich gegen weiteren "Landfraß" aus, verlangt ein Umdenken und sieht Bürgermeister und Kommunen in einer "ethischen und sozialen Verantwortung". Jahrzehnte alte Bebauungspläne hält Bürkle nicht mehr für zeitgemäß.
2017 wurde Möglichkeit geschaffen, Wohneinheiten zu erhöhen
Es habe diverse Anpassungen gegeben, gibt Obersulms Bauamtsleiterin Fennja Kromer zur Auskunft. Zuletzt wurde der Bebauungsplan 2017 geändert. Damals wurde dem Wunsch nach Nachverdichtung in bestimmten Abschnitten nachgekommen, die Zahl der Wohneinheiten erhöht. "Wir haben eine gewachsene Struktur und müssen den städtebaulichen Aspekt berücksichtigen", sagt Kromer. "Wir können nicht auf dem letzten Grundstück im Baugebiet einen Riesenbaukörper haben, wenn alles andere kleingliedrig bebaut ist."
Kritik an dem Vorhaben: Es ist zu massiv
Grundsätzlich sei eine innerörtliche Nachverdichtung auf einer Brache zu begrüßen, führte Bürgermeister Tilman Schmidt in der Sitzung aus. Allerdings sei das Vorhaben in der Silbergrubenstraße 29 zu massiv. Die Planung verstößt gleich mehrfach gegen Festsetzungen im Bebauungsplan: Die Baugrenze wird um 5,50 beziehungsweise 9,50 Meter überschritten, die Firsthöhe um 1,51 Meter, die Traufhöhe um 70 Zentimeter. Das Gebäude ist drei Meter höher als das auf dem Nachbargrundstück. Auch die zulässige Geschosszahl wird übertroffen.
"Die Nachfrage nach Wohnungen setzt das geltende Recht nicht außer Kraft", macht Manfred Körner, Sprecher des Landkreises Heilbronn, deutlich, dass sich die Genehmigungsbehörde an Recht und Gesetz halten müsse.
"Nachverdichtung wollen wir", sagte Grünen-Sprecher Armin Waldbüßer. "Aber nicht in dieser Form." Bei nur drei Reihenhäuser könnte man über Befreiungen vom Bebauungsplan nachdenken. Auch SPD-Sprecher Michael Schepperle empfahl dem Bauherren, eine modifizierte Planung vorzulegen.
Auch der Ortschaftsrat Affaltrach war dagegen
In alle Richtungen über den Bebauungsplan hinauszugehen, war Karl Ulrich Vollert (FVW) zu viel. "Der Baukörper hat das dreifache Volumen der Umgebungsbebauung", monierte Fraktionskollege Jochen Distel. Selbst bei drei Reihenhäusern würde die gesamte Sicht von Osten zugebaut. Hermann Hohl für die CDU schloss sich der Haltung des Ortschaftsrats Affaltrach an, der mit 5:1 Stimmen gegen die Bebauungsplanänderung war.
Und der Bauherr? Der will sein Grundstück neben dem Michelbachpark mit dem "sehr ungünstigem Baufenster" keineswegs anders bebauen, die Planung nicht ändern. "Ich verhunze ein schönes Grundstück nicht", sagt Bürkle. "Bevor ich etwas Schlechtes mache, mache ich gar nichts."
Zufrieden konnte sich ein Anwohner der Silbergrubenstraße, der unter den Zuhörern war, auf den Heimweg machen. "Das ist absoluter Quatsch. Das Grundstück ist nicht groß genug für vier Reihenhäuser", tat er seine Meinung gegenüber der Heilbronner Stimme kund.
Nachverdichtung & Schließung von Baulücken

"Wir werden im Moment überschwemmt von Anträgen zur Änderung von Bebauungsplänen", sagt Obersulms Bauamtsleiterin Fennja Kromer. Zum einen macht sich der Zeitgeist bemerkbar, wenn etwa modernere Dachformen gewünscht werden, zum anderen die große Nachfrage nach Wohnraum.
Man müsse die öffentlichen und privaten Belange abwägen, wenn man eine Baugenehmigung in einer gewachsenen Struktur erteile, erklärt Kromer die Aufgabe von Verwaltung und Gemeinderat. "Manchmal führt das zu einem Aufschrei der Anlieger." Mit Sorgfalt agieren, lautet ihr Credo. Man müsse immer beachten, was ein Gebiet vertrage.
"In jüngster Zeit werden bei uns verstärkt jahrelang leerstehende Baugrundstücke mit Mehrfamilienhäusern bebaut", berichtet Kromer. Nachverdichtung und Baulücken schließen sind in Kommunen ein wichtiges Thema, nicht nur wegen der großen Nachfrage nach Wohnraum, sondern auch wegen der Eindämmung des Flächenverbrauchs. Innerörtliche Entwicklung vor Erschließung neuer Baugebiete ist die Zielrichtung. So wurde am Kreuzweg in Willsbach eine Baulücke geschlossen. Private Bauvorhaben gab es in der Bahnhofstraße in Eschenau oder im Stangenbrunnengässle in Affaltrach. Jetzt soll sich auch auf dem Areal "Spatzenhof" in Willsbach etwas tun.