Eine Einladung vom Bundespräsidenten
Der Fleiner Frauenarzt Dr. Dominic Keller gehört zu den Gästen des Bürgerempfangs im Schloss Bellevue. Warum er geladen ist, kann er nur vermuten.

"Der Bundespräsident und Frau Elke Büdenbender bitten Herrn Dominic Pascal Keller mit Begleitung zum Bürgerfest in den Park von Schloss Bellevue…" Keine alltägliche Einladung. Deshalb sagt der Adressat auch: "Völlig verrückt." Wie es dazu kommt, dass er auf der Gästeliste in Berlin für den Nachmittag des 8. September steht, das weiß der Mediziner, der im Juli die Frauenarztpraxis von Dr. Bettina Wollweber in Flein übernommen hat, nicht. Dass ihm diese Ehre zuteil wird, hat wohl mit seinem Einsatz beim Impfen während der Corona-Pandemie zu tun.
"Ich bin sprachlos. Sie sehen mich jetzt noch grinsen", kann der 35-Jährige es immer noch nicht fassen, dass er zu den einigen tausend geladenen Gästen des Bürgerempfangs gehören wird, den Frank-Walter Steinmeiers Vorgänger, Joachim Gauck, ins Leben gerufen hatte. Zweck der Veranstaltung ist, das ehrenamtliche Engagement zu würdigen.
Gesellschaftliches Engagement wird gewürdigt
Das Staatsoberhaupt will, so heißt es auf der Homepage des Bundespräsidenten, das breite gesellschaftliche Engagement in all seinen Facetten kennenzulernen. Die Teilnehmer haben Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen.
"Ich freue mich riesig", sagt Dr. Keller, der nicht nur seine Frau Kerstin als Begleitung mitnimmt, sondern auch seinen sieben Monate alten Sohn Ferdinand. "Für den Kleinen haben wir schon einen Anzug ausgesucht", sagt der stolze Vater. Er und seine Frau greifen auf Garderobe im Schrank zurück. Der Dresscode für Männer lautet Anzug, Tracht oder Uniform. Keller wählt die erste Variante, und seine Frau wird dem Anlass angemessen ein schickes Kleid tragen. "Ich denke nicht, dass wir mit dem Bundespräsidenten reden können", meint der Frauenarzt.
Aber wenn er in die Nähe des Staatsoberhaupts kommen könnte, würde das ihn allein schon freuen. "Natürlich ist das eine Ehre", sagt er zu der Überraschung, für die er dankbar ist.
Während der Pandemie schnell gehandelt
Dominic Keller arbeitete während der Pandemie im Heilbronner Impfzentrum in Heilbronn-Horkheim. Als dieses im Oktober 2021 geschlossen wurde, war ihm klar, die Hausärzte allein können die Aufgabe nicht übernehmen. Kurzentschlossen stellte er ein Team mit einem Anästhesisten und medizinischen Fachangestellten vom Impfzentrum zusammen, organisierte sich das Busle seines Schwagers und funktionierte es zum Impfbus um. Dabei blieb es nicht.
Keller und seine Frau arbeiteten mit den Landratsämtern Heilbronn und Ludwigsburg zusammen, wurden mit ihren auf 30 Köpfe angewachsenen Teams für Impftermine in den Kommunen eingeteilt. Schwerstkranke, die nicht in Hallen oder Schulen kommen konnten, setzte Keller abends beim Hausbesuch noch die Spritze.
Als Hoffnungsträger bezeichnet
"Ich kann in meinem Beruf was machen", war für ihn der Grund, diese Belastung neben seiner Tätigkeit in einer Leingartener Praxis auf sich zu nehmen, morgens um 5 Uhr aufzustehen und nach Mitternacht erst ins Bett zu kommen. Dass die "Stuttgarter Zeitung" über ihn als Hoffnungsträger titelte, macht den Heilbronner stolz.
Dominic Keller erzählt, wie viel Unterstützung ihm und seinen Teams zuteil wurde. Leute boten sich an, Flyer zu verteilen, Lehrer stellen Stühle für die Wartenden in Schulen auf, ein Bürgermeister brachte Mittagessen vorbei. "Das war wirklich Wahnsinn."
Praxis von Bettina Wollweber übernommen
Sein Vater Klaus war jahrzehntelang Frauenarzt in Flein. Dominic Keller eifert ihm nun nach und hat die Praxis von Dr. Bettina Wollweber im Juli übernommen. Der 35-Jährige arbeitete zuvor bei einem Frauenarzt in Leingarten und im SLK-Klinikum. Damit hat die Gemeinde wieder zwei Frauenärzte. Als niedergelassener Arzt könne man sich mehr um die Patienten kümmern, begründet Keller seinen Schritt in die Selbstständigkeit. Diese fühle sich gut an. Es sei viel zu tun. Ohne seine Frau, die die Praxis manage, hätte er die Übernahme nicht machen können. Die Schwiegermutter hilft bei der Abrechnung. "Die Praxis ist unser zweites Kind", sagt Keller.

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