Christbaumpflücken: Ohne Glühwein fehlt etwas
Etliche Spätentschlossene konnten in Untergruppenbach noch einmal zur Säge greifen und sich ein Exemplar besorgen. Eine Bewirtung, deren Erlös traditionell an Entwicklungshilfeprojekte geht, war wegen der Hygieneauflagen aber auch in diesem Jahr nicht möglich.

Am letzten Wochenende vor Heiligabend gab es noch einmal einen kleinen Run: "Vor allem am Sonntagnachmittag nutzen viele die letzte Gelegenheit, um sich einen Weihnachtsbaum zu holen", sagt Susanne Langer. Mit ihrem Mann Robert bietet sie auf dem Harthof in Untergruppenbach traditionell an jedem dritten und vierten Adventwochenende Christbäume zum Selbstsägen an.
Stattliche Bäume besonders gefragt
Auf rund drei Hektar Land stehen dort Nordmanntannen und Blaufichten in Reih und Glied. Im unteren Bereich wachsen die jüngeren Bäumchen heran, im oberen die stattlichen Exemplare, die bereits ein Wuchsalter von rund zehn Jahren und mehr auf dem Buckel haben. Und die liegen bei den meisten Kunden hoch im Kurs.
"Wir haben gestern im Wohnzimmer schon mal Platz gemacht", sagt Carsten Holtzmann, der mit Unterstützung seines Sohns Sven gerade eine frisch eingenetzte, rund zweieinhalb Meter hohe Nordmanntanne im Kofferraum seines Kombis verstaut. Ausgewählt hat den Baum der Nachwuchs, das Sägen hat der Vater übernommen. "Es ist zwar ein wenig anstrengender, selbst zum Werkzeug zu greifen, als sich einen Baum sägen zu lassen", findet Holtzmann, "aber irgendwie bekommt man dadurch auch einen ganz anderen Bezug dazu." Einen solchen Service haben die Langers auch eine zeitlang angeboten, "aber das haben wir dann wieder eingestellt, weil sich bei einigen Kunden die Meinungsbildung doch recht lange hingezogen hat", erinnert sich Susanne Langer schmunzelnd.
Naturnah statt anonym
Holtzmann schätzt vor allem, dass die Weihnachtsbäume aus der Region sind und naturnah angebaut werden: "Das ist uns lieber, als einfach irgendwas Anonymes zu nehmen, von dem man letztlich nicht weiß, wo es herkommt", betont der 41-Jährige. Auch für die Stammkundschaft sei dies ein wichtiger Aspekt, sagt Susanne Langer. Eine Familie komme Jahr für Jahr eigens aus Stuttgart, um sich hier am Ortsrand von Untergruppenbach einen Christbaum zu "pflücken".
In Corona-Zeiten wird jede Säge nach der Benutzung desinfiziert, ehe sie wieder an den Haken am Verkaufshäuschen wandert und der nächste Kunde zugreifen kann. Der ebenfalls schon traditionellen Bewirtung an der Holzhütte hat die Pandemie dagegen einen Riegel vorgeschoben. Statt weihnachtlicher Leckereien steht hier dieses Mal nur eine Spendenbox. "Da geht schon ein großer Teil der Atmosphäre verloren, die das Christbaumpflücken eigentlich ausmacht", räumt Langer ein. Die Kunden seien zum Teil recht enttäuscht, wenn sie vor dem verwaisten Häuschen stehen. "Für die beiden Wochenenden, an denen wir die Aktion anbieten, wäre es ein zu großer Aufwand gewesen, die geltenden Hygienebestimmungen umzusetzen. Für eine Bewirtung hätten nämlich die gleichen Regeln gegolten, wie für einen Restaurantbesuch", erläutert sie.
Fehlende Spenden schmerzen besonders
Wegen des Lockdowns, der schon im Vorjahr keine Bewirtung zuließ, fehlen zusätzliche Einnahmen - und die schmerzen besonders. Denn der Erlös aus dem Verkauf von Glühwein, Kinderpunsch und Bratwürsten geht traditionell an den Untergruppenbacher Freundeskreis Bareka, dessen Vorsitzende Susanne Langer ist.
Der Verein unterstützt die Entwicklungshilfe in Burkina Faso, baut dort Brunnen, sanitäre Anlagen und berät Bauern. "Die Situation im Land ist aufgrund der politischen Lage gerade sehr prekär", schildert Langer. Man halte aber trotzdem den Kontakt aufrecht und unterstütze die Projekte weiterhin. Zwischen 2000 und 3000 Euro Erlös bringe die Bewirtung der Baumkäufer üblicherweise ein, die nun eben fehlten.
Hilfe für Afrika
Der Freundeskreis Bareka hat rund 30 aktive Mitglieder. Er unterstützt seit mehr als 30 Jahren Hilfsprojekte im westafrikanischen Burkina Faso, einem der ärmsten Länder der Welt. In den abgelegenen Dörfern am Rande der Sahelzone gibt es für die Menschen nach wie vor nicht genügend Trinkwasser in erreichbarer Nähe. Diese Situation soll durch den Bau von Bohrbrunnen nachhaltig verbessert werden. Durch den direkten Kontakt zu den Menschen und Reisen in die Region will der Freundeskreis sicherstellen, dass die Hilfe auch ankommt.