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"Ich habe Probleme nie beiseite geschoben"

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Bürgermeister Harry Brunnet spricht zum Abschied über Hardthausen, Raumfahrt und seine Pläne für den Ruhestand.

Von Julia Neuert
Im Kreistag ist Harry Brunnet noch bis 2019 aktiv. Aber im Ruhestand dauerbeschäftigt sein, das wolle er nicht, sagt Hardthausens Bürgermeister im Interview. Am Freitag wird er nach 40 Jahren offiziell verabschiedet.
Foto: Dennis Mugler
Im Kreistag ist Harry Brunnet noch bis 2019 aktiv. Aber im Ruhestand dauerbeschäftigt sein, das wolle er nicht, sagt Hardthausens Bürgermeister im Interview. Am Freitag wird er nach 40 Jahren offiziell verabschiedet. Foto: Dennis Mugler  Foto: Mugler, Dennis

Harry Brunnet (67) wurde am 23. Juli 1978 zum Bürgermeister der Gemeinde Hardthausen gewählt. Die offizielle Einsetzung fand am 18. August 1978 statt. Im Juni 1979 zog Brunnet mit seiner Frau Marliese, mit der er seit 1972 verheiratet ist, zunächst in das Bürgermeisterhaus in Gochsen. Später bauten die Eheleute in Kochersteinsfeld, wo sie seit 1987 leben. Zur Familie gehören ebenfalls die beiden erwachsenen Kinder sowie zwei Enkelkinder. Am Freitag, 17. August, wird Harry Brunnet nach 40 Jahren im Amt mit einem Festakt in der Buchsbachtalhalle verabschiedet.

Als er 1978 gewählt wurde, war Harry Brunnet mit 27 Jahren der jüngste Bürgermeister im Landkreis. Heute ist der Hardthausener Verwaltungschef der dienstälteste. Am Freitag wird der 67-Jährige in den Ruhestand verabschiedet. Im Interview spricht Harry Brunnet über die Entwicklung der Gemeinde in den vergangenen 40 Jahren und was danach kommt.

 

Herr Brunnet, Sie werden am Freitag verabschiedet. Ist jetzt in den letzten Tagen schon Wehmut dabei?

Harry Brunnet: Ein bisschen Wehmut ist schon dabei. Aber irgendwann muss Schluss sein. 40 Jahre sind eine lange Zeit. Ich freue mich jetzt auch auf den Ruhestand. Vor allem weil ich weiß, dass ich einen guten Nachfolger habe.

 

Haben Sie Ihren Schreibtisch schon ausgeräumt?

Brunnet: Ja. Ich bin dabei auf das Thema Hochwasserschutz gestoßen und wie lange wir daran schon arbeiten. Erst durch die Starkregenereignisse der vergangenen Jahre hat sich auch die Einstellung in der Bevölkerung verändert.

 

Sie wurden vor 40 Jahren Bürgermeister. Wie würden Sie Hardthausen damals beschreiben?

Brunnet: Ein typisches Bauerndorf. Meinen Wahlprospekt von damals hatte ich vor Kurzem in der Hand. Eine riesige Liste, die erledigt werden sollte. Der Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße, das Sportzentrum oder eine Versammlungsstätte für Kochersteinsfeld.

 

Vor 40 Jahren: Harry Brunnet (3.v.l.) bei seiner Einsetzung zum Bürgermeister der Gemeinde Hardthausen am 21. August 1978. Foto: Archiv/Schäffler
Vor 40 Jahren: Harry Brunnet (3.v.l.) bei seiner Einsetzung zum Bürgermeister der Gemeinde Hardthausen am 21. August 1978. Foto: Archiv/Schäffler  Foto: O. Schäffler

Was ist Hardthausen heute?

Brunnet: Wir sind eine ländliche Wohngemeinde mit einem sehr guten Miteinander.

 

Gibt es rückblickend ein Projekt, auf das Sie besonders stolz sind?

Brunnet: Eines herauszugreifen wäre falsch. Die größten Projekte am Anfang waren der Ausbau der Straße zwischen Gochsen und Kochersteinsfeld und der Bau des Sportzentrums, der mit dem Kunstrasenplatz und der Buchsbachtalhalle jetzt einen Schlusspunkt erreicht hat. Um dieses Sportzentrum werden wir heute noch beneidet.

 

Gibt es etwas, das Ihnen in Ihrer Amtszeit nicht gelungen ist?

Brunnet: Ja, das ist die Integration in der Gesamtgemeinde. Bis Anfang der 1990er hatten wir eine starke Integration erreicht. 1997 haben wir das 1000-jährige Bestehen der Teilorte gefeiert, da war eine große Gemeinschaft da. Für mich ein Höhepunkt meiner Amtszeit. Es hat sich aber wieder auseinanderentwickelt, so wie das in der Gesellschaft zum Teil auch ist. Ich denke, dass wird die Aufgabe für die Zukunft sein.

 

Der Windpark Harthäuser Wald war sehr umstritten. Würden Sie aus heutiger Sicht etwas anders machen?

Brunnet: Eindeutig nein. Wir sind von den aufkommenden Widerständen überrascht worden, obwohl wir die Bürger so früh und viel wie möglich beteiligt haben. Für mich war klar, wenn es hier Potenzial gibt, dann sollte man es auch nutzen. Beim Wie war die Bereitschaft leider nicht da, einen Konsens zu finden. Das war schade. Ich bin heute noch überzeugt, es gebe mit Sicherheit keine 18 Windenergieanlagen im Harthäuser Wald, sondern vielleicht zehn, wenn man das in einem Konsens hätte umsetzen können. Ich bin stolz darauf, dass wir den langen Atem hatten, das Projekt H2orizon mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Zeag umzusetzen. Hier wird ab Oktober Wasserstoff aus Windenergie erzeugt. Daraus wird mehr werden.

 

Haben Sie sich schon immer für Raumfahrt interessiert?

Brunnet: Es gab diese frühen Serien, ein bisschen später dann Star Trek. Es war immer mein Faible.

 

Heute können Sie erklären, wie eine Rakete funktioniert...

Brunnet: Und warum sie so oder so abgeschossen werden muss. Es war eine große Aufgabe, das Raumfahrtzentrum und die dort tätigen Wissenschaftler zu überzeugen, sich für die Öffentlichkeit zu öffnen. Ein langer Weg. Heute können wir jede Erweiterung umsetzen, ohne dass es spezieller Erörterung bedarf. Es ist gelungen, viele Ängste auszuräumen. Die letzte Erweiterung auf 51 Hektar war vollkommen unstrittig.

 

Ist die Akzeptanz so groß?

Brunnet: Ich habe immer gesagt, wenn die Gläser im Schrank klirren und die Garagentore klappern, dann sind die Arbeitsplätze gesichert.

 

Es gab auch Kritik, Sie seien mehr in der Welt als in Hardthausen unterwegs. Was haben Sie entgegnet?

Brunnet: Für mich war immer klar: Wo ich bin, da ist auch Hardthausen, und es werden immer Interessen unserer Gemeinde vertreten.

 

Ist der Job des Bürgermeisters heute schwieriger geworden?

Brunnet: Er ist anders geworden. Die Erwartungshaltung der Bürger, dass Probleme und Aufgaben gelöst werden, ist größer, und der Zeitdruck dahinter. Das hängt mit unserem digitalen Zeitalter zusammen.

 

Gab es einen Moment, in dem Sie aufhören wollten?

Brunnet: Den gab es nie. Ich habe Probleme nie beiseite geschoben, weil das nur Stress gibt, sondern sie immer angepackt.

 

Sie hatten auch nie Ambitionen, woanders hin zu wechseln?

Brunnet: Doch, das schon. Aber es gab immer wieder Gründe, es dann nicht zu tun. Einmal wurde ich angesprochen als Oberbürgermeister einer großen Kreisstadt, aber meine Familie wollte nicht dorthin. Das war Anfang der 1990er Jahre. Dreimal hat sich diese Frage gestellt.

 

Sie wollten eigentlich früher aufhören, dann kam noch ein Jahr Präsidentschaft im Ariane-Städtebund...

Brunnet: Ich hatte 66 Jahre mal ins Auge gefasst, wie im Lied von Udo Jürgens. Aber dann kam die Präsidentschaft, und meine Verwaltung musste sich umstrukturieren. 2017 aufzuhören, kurz vor Schluss, war dann auch keine Option.

 

Wie geht es im Ruhestand weiter?

Brunnet: Zunächst ankommen im Ruhestand. Ich bin noch bis 2019 im Kreistag, vielleicht werde ich beim Gemeindetag ehrenamtliche Aufgaben übernehmen, aber ich möchte auch nicht dauerbeschäftigt sein. Schließlich haben wir zwei Enkelkinder und ich will endlich mein Handicap im Golf verbessern.

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