Förch will in Neuenstadt doch niedriger bauen
Die Anwohner am Förch-Innocenter in der Neuenstadter Kernstadt hatten massiv gegen die Pläne zu dessen Erweiterung protestiert. Jetzt rudert das Unternehmen zurück. Statt sieben Stockwerke will es fünf bauen.

Lärm, Naturschäden, verbaute Aussicht: Neuenstadter Bürger hatten die Pläne des Unternehmens Förch, das einen Teil seines Innocenters in der Kernstadt auf sieben Geschosse aufstocken wollte, scharf kritisiert (wir berichteten). Jetzt rudert das Unternehmen zurück.
"Im Bewusstsein der Verantwortung in der Region und aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage hat sich die Unternehmensleitung entschieden, die Planung des neuen Verwaltungsgebäudes zu reduzieren", schreibt Pressesprecher Florian Dietz in einer Mitteilung. Vorausgegangen seien intensive Diskussionen und interne Prüfungen. Statt 27 Meter solle der Neubau nun maximal 20,5 Meter hoch werden. Bisher sind es nur zehn Meter.
Extrem viele Stellungnahmen
Damit das Unternehmen seine Pläne verwirklichen kann, muss der bestehende Bebauungsplan geändert werden. Ein Entwurf lag bereits Anfang des Jahres öffentlich im Rathaus aus. Doch es gingen so viele Stellungnahmen der Bürger bei der Verwaltung ein, und es wurden so viele Gutachten erbeten, dass selbst Jürgen Glaser von IfK-Ingenieure überrascht war. "Es ist das umfangreichste Planverfahren, das unser Büro je bearbeitet hat", erklärte er am Montagabend im Gemeinderat.
Durch Fachbüros untersucht wurden etwa Beeinträchtigungen des Klimas, die Verschattung, der Verkehr oder der zu erwartende Lärm. Das Gremium hat die Kritik nun abgewogen, teils wurde sie in einen neuen Entwurf eingearbeitet. Dieser liegt erneut öffentlich aus - vom 9. Juli bis 20. August. Bürger, Behörden und Institutionen können noch einmal Stellung nehmen.
Es entstehen weniger Arbeitsplätze
Glaser erinnerte auch daran, welche Folgen eine Verkleinerung des Verwaltungsgebäudes nach sich zieht: "Die Anzahl neuer Arbeitsplätze in Neuenstadt reduziert sich." 350 neue Mitarbeiter, teils aus der Niederlassung in Kochertürn, sollen nun einziehen. Das sei eine mittlere zweistellige Zahl weniger als mit den zunächst geplanten sieben Stockwerken.
Was hat sich im Entwurf geändert? Größter Kritikpunkt der Bürger war die Größe des Gebäudes. In den Stellungnahmen ist von einem "Klotz, der wie eine Wand vor Neuenstadt steht", die Rede. Diese Bedenken seien mit dem Entgegenkommen der Firma ausgeräumt, hofft der Architekt. Außerdem werde der Bau zum Beispiel durch Vorsprünge gegliedert, die Fassade unaufdringlich und vogelfreundlich gestaltet. Im Norden sei das Baufeld bis knapp hinter das Gebäude verkleinert worden. Angrenzende Biotope werden nicht tangiert.
Ingenieur: Standortverlagerung ist nicht zumutbar
Dass sich die Aussicht einiger Anwohner verschlechtere, sei zwar richtig, aber die städtebauliche Entwicklung ein dynamischer Prozess. "Ein Anrecht auf eine unverbaute Aussicht bis auf alle Zeit gibt es nicht", sagt Glaser. Hinweise zum Überschwemmungsrisiko seien ebenfalls geprüft worden. Ein kleines, zehn Quadratmeter großes Stück sei von der Bebauung ausgenommen worden, weil es im Fall einer Jahrhundertflut Überschwemmungsgebiet sei. Raum für Parkplätze sei genug vorhanden.
Einige Bürger hatten auch eine Standortverlagerung der Firma angeregt. "Das ist Förch nicht zuzumuten", erklärte Glaser. Es gehe schließlich auch darum, dem Unternehmen Möglichkeiten einzuräumen, sich für die Zukunft aufzustellen - damit es in Neuenstadt bleibt. "Eine Gebietsausweisung an anderer Stelle ist außerdem nicht so einfach möglich."

Eine Untersuchung habe in Punkto Luftschadstoffe ergeben, dass mit keiner Beeinträchtigung zu rechnen sei. Auch das Klima und hier insbesondere der Kaltluftabfluss werden sich nicht verschlechtern. Damit die Anwohner nicht von Lärm geplagt werden, wurden sogenannte Emissionskontingente ermittelt. Sie liegen beim größten Teil des Areals tagsüber bei 57 Dezibel pro Quadratmeter, nachts bei 42 Dezibel. "Im Vergleich zu einen normalen Gewerbegebiet ist das wenig", sagte Glaser.
Einigen der Anwohner, die bei der Ratssitzung dabei waren, reichen die Zugeständnisse von Förch nicht, erklärten sie im Anschluss. Glaser dagegen verwies auf die vielen Untersuchungen, die gemacht wurden. Vieles sei eingearbeitet worden. Andere Auswirkungen seien so gering, "dass wir das öffentliche Interesse an der Schaffung neuer Arbeitsplätze höher gewichten".
Verkehr und Nutzung
Die Erweiterung der Firma Förch im Gewerbegebiet Dahbachwiesen hätte eigentlich schon Mitte 2018 starten sollen. Jetzt geht es los, sobald alle Formalien erledigt sind. Das bestehende Innocenter soll nicht einfach aufgestockt werden. Ein Teil wird abgerissen, ein anderer bleibt in bisheriger Höhe vorhanden. Im vorderen Bereich an der Einfahrt ziehen die Arbeiter die fünf Geschosse in die Höhe. Geplant ist, das Gebäude vollständig in einem Bauabschnitt zu errichten.
Alle fünf Etagen werden sofort genutzt. Einige Flächen werden als zusätzliche Besprechungsräume ausgebaut, weil hier unternehmensintern aktuell ein Engpass besteht, erklärte Florian Dietz aus der Förch-Unternehmenskommunikation. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten diese Flächen je nach Bedarf zu Büroflächen umgestaltet werden. Eine Verkehrsuntersuchung hat zudem ergeben, dass eine Linksabbiegespur an der Neckarsulmer Straße gebraucht wird. "Die Abstimmungen mit dem Landratsamt laufen bereits", sagte Bürgermeister Norbert Heuser.
Das sagen die Gemeinderäte
Ein Entgegenkommen sei der Plan der Firma Förch, das neue Verwaltungsgebäude nur fünf statt sieben Stockwerke hoch zu bauen. Da waren sich die Neuenstadter Gemeinderäte am Montagabend weitgehend einig. Mit einer Enthaltung wurde dann auch der Entwurf des Bebauungsplans "Dahbachwiesen - 3. Änderung" festgestellt. Ganz glücklich waren einige der Gremiumsmitglieder trotzdem nicht. Ulrike Moormann (BG) hatte gleich mehrere Fragen an Ingenieur und Bürgermeister. Etwa, ob die 20,5 Meter tatsächlich die maximale Höhe seien. Oder ob noch Aufbauten wie Photovoltaik-Anlagen dazukämen. "Wenn kleinere Schornsteine da wären", müsse man diese dazuschlagen, sagte Norbert Heuser.
Moormann verdeutlichte außerdem, dass über 300 Autos von Mitarbeitern schon eine große Beeinträchtigung des Verkehrs darstellten. "Lidl hat weit über 1000 Kunden", verglich der Rathauschef. "Mit der neuen Abbiegespur haben wir die richtige Stellschraube gedreht."
Klaus Gussmann (CDU) erklärte: "Die vielen Untersuchungen lassen mich davon ausgehen, dass der Bau verträglich ist. Dass er nicht schön ist, ist was anderes." Und Udo Wengenroth (BG) attestierte: "Das Gebäude ist immer noch groß und hässlich. Es ist den Anwohnern zu verdanken, dass es jetzt niedriger werden soll. Und das ist ein Kompromiss, dem ich zustimmen kann."