Kommen Windkraftanlagen auf den Heuchelberg?
Regionalverbandsdirektor Andreas Schumm erklärt dem Leingartener Gemeinderat, wie Vorranggebiete aus Potenzialflächen ermittelt werden. Der Bau der Windräder auf dem Heuchelberg ist noch nicht sicher. Aber theoretisch könnten auch mehr kommen, als geplant.

Grundlegend Neues zum Thema Windkraft auf dem Heuchelberg gibt’s gerade nicht. Dennoch hat sich Andreas Schumm in den Leingartener Gemeinderat bemüht, um den Sachstand darzulegen und die Stellungnahme der Stadt im Zuge des Beteiligungsverfahren zu erläutern. Im September folgte Schumm Klaus Mandel als Direktor des Regionalverbands Heilbronn-Franken, vorher war er Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken.
Der Tagesordnungspunkt „Teilfortschreibung Windenergie des Regionalplans 2020“ interessiert in der jüngsten Sitzung auch viele Zuhörer. Mehr als zehn füllen die Besucherplätze. Schon die anfängliche Einwohnerfragestunde nutzen manche, um Fragen à la „Wer sorgt für die Windkrafträder, wenn der Staat pleite ist?“ zu stellen. „Das ist unternehmerisches Risiko“, kontert Bürgermeister Ralf Steinbrenner beispielsweise darauf, keins für die Stadt.
Von oben nach unten alles geregelt
Um pauschal über Windkraft zu diskutieren, ist Andreas Schumm auch nicht gekommen. Der Verbandsdirektor wiederholt, was schon oft öffentlich erklärt wurde: Mindestens 1,8 Prozent der Regionsfläche als Vorranggebiete für Windkraftanlagen auszuweisen, ist gemäß Windenergiebedarfsgesetz des Bundes sowie Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz des Landes Baden-Württemberg Pflicht. Bis 30. September 2025. „Alles in Deutschland ist von oben nach unten geregelt“, verweist Schumm auf die Gesetzeslage: „vom Raumordnungsgesetz des Bundes bis zur Regionalplanung“. Das Datum im nächsten Jahr habe das Land fixiert: „Baden-Württemberg hat sich ehrgeizigere Ziele gesetzt als der Bund.“
Das Steuer in der Hand behalten
Schumm zeigt auf eine BW-Karte, auf der zwölf Planungsregionen verzeichnet sind. Der Planungsverband Heilbronn-Franken besteht wiederum aus mehreren Landkreisen, insgesamt 4765 Quadratkilometern, die zu 111 Städten und Gemeinden gehören. Mit 941000 Menschen sei die Region „relativ dünn besiedelt, deutlich dünner als Baden-Württemberg insgesamt“, so Schumm. Und das habe Auswirkungen auf das Thema Windenergie. Rhetorisch fragt er: „Was passiert, wenn wir das Flächenziel pünktlich erreichen?“ Die Antwort: „Dann haben wir eine räumliche Steuerung.“ Und diese biete „die Möglichkeit, Windenergieanlagen auf die am besten geeigneten Gebiete zu bauen.“
Planung muss rechtssicher sein
Doch was ist, „wenn wir es nicht schaffen?“ Dann passiert, was Ralf Steinbrenner zuletzt bei der Stimme-Lokaltour vergangene Woche „Wildwuchs“ nannte. Schumm stellt klar: „Dann entscheiden Investoren und Eigentümer über ihre Flächen und können Windenergieanlagen bauen, wo sie es möchten.“ Schumm ist bewusst: „Wir werden keinen Standort finden, wo wir keinen Konflikt haben.“ Man wolle Konflikte aber möglichst reduzieren. Einen „Beitrag leisten zu realem Klimaschutz“ und so die wirtschaftliche Grundlage der Region, nämlich die Energieversorgung, sichern und sie möglichst fair verteilen. Aber „auch möglichst rechtssicher planen“.
Region der Ungleichgewichte
Wie der Regionalverband vorgeht, um die Vorranggebiete zu ermitteln, zeigt er auf fünf Landkarten auf: Natürlich muss die Windstärke stimmen, ausgenommen sind Wohngebiete, aber auch "hochrangige Konfliktgebiete", etwa im unter Naturschutz stehenden Flora-Fauna-Habitat-Bereich. Militär und Luftfahrt schränken die Raumwahl stark ein, Strom- und Gastrassen sind zu berücksichtigen. "Wir sind eine Region der Ungleichgewichte", stellt Schumm als Schwierigkeit heraus. Der Wind weht nicht gerade dort am stärksten, wo die meiste Energie benötigt wird.
Die Kunst sei nun, mit der Gemengelage klarzukommen. Über die Ausschlusskriterien (über 80 Prozent der Region) habe man einen Suchraum, die sogenannte Potenzialkulisse generiert. Als geeignet für Windkraft blieben da in der Region nur noch 6,7 Prozent der Fläche. Als Vorranggebiete im Beteiligungsverfahren sind jetzt 2,63 Prozent, "um letztlich das Flächenziel von 1,8 Prozent zu erreichen." Zwei geplante Vorranggebiete liegen in Leingarten: "Wir wollen größere, zusammenhängende Flächen planen, da jede Windkraftanlage auch Nebenanlagen braucht." Hier will man platzsparend eine Nebenanlage für mehrere Windräder bauen. Ob sie tatsächlich kommen, ist noch lange nicht sicher.
Wer weiß, was nach der Wahl passiert
"Was bedeutet das für die Bundestagswahl?" interessiert Daniel Kiesow (FWV) nach Schumms Präsentation. "Die Übertragung des Bundesgesetzes auf Landesebene hat schon stattgefunden", antwortet der Verbandsdirektor. Die Rechtsgrundlage sei jetzt ein Landesgesetz. "Was nach einer möglichen Landtagswahl 2026 passiert, das wissen wir nicht", gibt er zu. Jörg Kühlwein (ULLe) empfindet die „Drohkulisse“ des Verlusts der Steuerungsmöglichkeit als „vollkommenen Unsinn“ und will die Diskussion auf Grundsätzliches, etwa den Einfluss der Windkraft aufs Trinkwasser, lenken. Bis sich Bernd Stahl (CDU) energisch eine Grundsatzdiskussion zu Windkraft und das Schlechtmachen von Politik und Leistungsträgern verbittet.