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Anerkennenungsanträge steigen
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Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren: Löst Baden-Württemberg damit sein Kita-Problem?

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In den Kitas in Baden-Württemberg fehlen Erzieher. Dafür wollen immer mehr Fachkräfte aus dem Ausland bei uns arbeiten, die Zahl der Anträge auf Anerkennung der Qualifikationen steigt. In der Praxis scheitert es aber oft an der Bürokratie oder dem Gehalt.

Immer mehr ausländische Fachkräfte wollen in deutschen Kitas arbeiten. (Symbolfoto)
Immer mehr ausländische Fachkräfte wollen in deutschen Kitas arbeiten. (Symbolfoto)  Foto: Uwe Anspach (dpa)

Immer mehr ausländische Erzieherinnen wollen in baden-württembergischen Kitas arbeiten. Das geht aus der Antwort von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) auf eine Landtagsanfrage der SPD-Fraktion hervor. Demnach stieg die Zahl der Personen, die beantragt haben, ihre im Ausland erworbenen Qualifikationen anzuerkennen, stark an.

Laut Schoppers Antwortschreiben, das dieser Redaktion vorliegt, wurden im Jahr 2024 landesweit 1593 solcher Anerkennungsanträge gestellt, mehr als doppelt so viele wie noch 2016 (711 Personen). Unmittelbar bewilligt wurden dabei nur sehr wenige Anträge. Zwischen 60 und 70 Prozent der Bewerber mussten Nachqualifizierungen abschließen, 20 bis 30 Prozent wurden laut Ministerium vom zuständigen Regierungspräsidium abgelehnt.

Mehr Anerkennungsanträge in Kitas in Baden-Württemberg – wie sieht es in der Region Heilbronn aus?

Worauf der verstärkte Zuzug zurückzuführen ist, geht aus dem Papier nicht hervor. Fest steht, dass mehrere baden-württembergische Kommunen, die als Träger viele Einrichtungen betreiben, seit Jahren im Ausland Kita-Personal rekrutieren, vor allem in Südeuropa. Stuttgart etwa sucht in Spanien, Italien und Griechenland. In den vergangenen zehn Jahren hat die Landeshauptstadt rund 140 Fachkräfte rekrutiert, berichtet ein Sprecher.

Die Stadt Heilbronn habe „vor längerer Zeit einen Versuch mit zwei griechischen Erzieherinnen gestartet“, sagt Sprecherin Claudia Küpper. Die Qualifikation der Frauen sei jedoch nicht anerkannt worden. Beide hätten eine Ausbildung angefangen, diese aber wegen des geringen Gehalts beendet. „Wir prüfen derzeit erneut, ob es hier sinnvolle Möglichkeiten gibt“, so Küpper. Anfragen aus Brasilien und Kamerun seien an hohen Lebenshaltungskosten und unzureichenden Nachweisen gescheitert. Das seien aber Einzelfälle gewesen. Unabhängig von der Nationalität biete die Stadt Beschäftigten ohne gültigen Berufsabschluss die Möglichkeit, befristet als ergänzende Fachkraft eingestellt zu werden. In dieser Phase könnten bestehende Abschlüsse nachgereicht werden, sodass das Arbeitsverhältnis zu einer Fachkraft hochgestuft werden könne. Alternativ unterstütze die Stadt beim Einstieg in die Ausbildung als Sozialassistent.

In kleineren Kommunen ist aktive Fachkräfte-Anwerbung aus dem Ausland kein Thema

In den kleineren Kommunen in der Region ist aktive Anwerbung ausländischer Fachkräfte kein großes Thema. In Weinsberg melde sich schlicht kein ausländischer Bewerber, berichtet Amtsleiter Klaus Seber. In den kommunalen Kitas herrsche aber auch keine Personalnot. Eppingen wirbt ebenfalls nicht gezielt Fachkräfte aus dem Ausland an, sagt Sprecherin Hannah Fürst. Dennoch gingen Bewerbungen aus dem Ausland oder von ausländischen Kräften in Deutschland ein. Diese bezögen sich etwa auf Stellen für ein FSJ, eine Ausbildung im erzieherischen Bereich oder direkt als Erzieher. „Die Zahl solcher Bewerbungen steigt. Unter den Herkunftsländern sind Indien, Bangladesch, die Türkei und Staaten in Nordafrika.“

In Öhringen gebe es pro Jahr etwa zehn Anträge auf Anerkennung der Qualifikationen, besonders aus Osteuropa und der Türkei, berichtet Sprecherin Monika Pfau. Aktiv angeworben werden diese aber nicht. Die ausländische Fachkraft müsse einen Antrag beim zuständigen Regierungspräsidium stellen. Von dort komme ein Bescheid, dass entweder eine Gleichwertigkeit festgestellt wurde oder es Möglichkeiten zur Nachqualifizierung gibt. 

Ausländische Erzieher in Kitas: Oftmals ist eine Nachqualifizierung nötig

Ein positiver Bescheid ohne Nachqualifizierung werde nur „in Einzelfällen“ erteilt, berichtet Ministerin Schopper. Bei ausreichender Erfahrung beschränke sich die Nachqualifizierung auf einen Fachbericht in deutscher Sprache. Das Regierungspräsidium Stuttgart listet eine Eignungsprüfung oder einen Anpassungslehrgang als Optionen auf.

In Eppingen haben in den vergangenen fünf Jahren zwei Personen in städtischen Kitas eine Nachqualifizierung durchlaufen, erklärt Hannah Fürst. Das Regierungspräsidium hatte in beiden Fällen die Fachausbildung anerkannt. Zur Gleichstellung mit der deutschen Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin musste jedoch noch ein Anerkennungsjahr absolviert werden.


Die Auslandsrekrutierung scheint nur zu einem kleinen Teil den jüngsten Anstieg ausgelöst zu haben. Zuletzt stieg vor allem die Zahl der Türken (328 Personen) und Ukrainer (326 Personen). Die beiden Staaten machten rund 40 Prozent aus. Mindestens bei den Ukrainern liegt nahe, dass es sich um Kriegsflüchtlinge handelt. Aus Spanien kamen nur 113 Anträge, aus Italien 47.
Jugendämter berichten, dass ausländische Erzieher, meist junge Frauen, oft wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ob die Integration gelingt, hänge stark von der Begleitung beim Start in Deutschland ab.

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